Hinter den Kulissen
Diese Produktgruppen werden am häufigsten zu Garantiefällen
von Alex Hämmerli
Zwei von hundert Schweizer Bestellungen kommen bei Galaxus und Digitec als Retouren zurück. In Deutschland sind es sechs von hundert. Grosse Unterschiede gibt es je nach Produktgattung: Besonders hoch sind die Rückgabequoten bei Kleidern, Schuhen, Schmuck und Sportartikeln. «Gefällt mir nicht» und «falsche Grösse» sind die häufigsten Gründe für eine Retoure.
Retouren-Europameister. Es ist ein wenig rühmlicher Titel, den sich Deutschland und die Schweiz teilen: Gemäss dem Paketdienstleister DPD und der Universität Bamberg schickten die Onlineshopperinnen und Onlineshopper der beiden Länder letztes Jahr jede vierte Bestellung zurück. Zur Verlässlichkeit der zwei Studien gibt es allerdings Fragezeichen. So kam etwa ein Forschungsteam der Hochschule Luzern ebenfalls 2022 zum Schluss, dass die durchschnittliche Rückgabequote der in der Schweiz tätigen Onlineshops lediglich sieben Prozent beträgt.
Das Online-Warenhaus Galaxus und der Elektronikspezialist Digitec legen ihre Zahlen nun erstmals im Detail offen. Die beiden Shops weisen seit Januar 2023 bereits die Garantie- und Retourenquoten aus – für Marken in der jeweiligen Produktkategorie. So erfährt man beispielsweise, dass Tastaturen der Marke Logitech bei Galaxus im Schnitt bei 2,5 Prozent aller Bestellungen retourniert werden (Stand: Mai 2023).
Die jetzige Auswertung zeigt, dass die Kundinnen und Kunden von Galaxus und Digitec in der Schweiz 1,75 Prozent aller Bestellungen zurückschicken. In Deutschland beträgt die Quote 5,9 Prozent, also das Dreifache. 0,4 bzw. 0,45 Prozent kommen zusätzlich als Garantiefälle zurück.
Einer der Gründe für die Unterschiede zwischen den beiden Ländern dürfte in den grosszügigeren Rückgabefristen liegen, an die sich die Einwohnerinnen und Einwohner Deutschlands gewöhnt haben: In Deutschland gewähren Händler im Schnitt mehr Zeit, um einen Artikel zurückzuschicken, als im Rest Europas. Bei Galaxus beträgt die Rückgabefrist in Deutschland denn auch 100 Tage, in der Schweiz dagegen nur 30 Tage. «Zudem bestellen die Deutschen häufiger auf Rechnung, und da fällt es ihnen leichter, Produkte zurückzuschicken», ergänzt Lauritz Fricke. Lauritz ist bei Digitec Galaxus Head of After Sales & Retail – und als solcher für die Retouren und Garantiefälle verantwortlich.
Ein weiterer Grund dürfte sein, dass Retouren bei Galaxus in Deutschland grundsätzlich kostenlos sind. In der Schweiz übernimmt Digitec Galaxus das Porto dagegen nur für den Rückversand von Kleidern und Schuhen – und wenn z.B. das falsche Produkt verschickt wurde. «Im deutschen Onlinehandel sind Gratis-Retouren die Regel, in der Schweiz ist das nur bei Kleidern üblich», erklärt Lauritz.
Kleider und Schuhe sind auch diejenigen Produkte, die bei Galaxus für die mit Abstand meisten Retouren sorgen: In der Schweiz schickt die Kundschaft knapp jedes zehnte Kleidungsstück zurück, in Deutschland wandert sogar jedes siebte T-Shirt oder Paar Leggings wieder zurück in den Karton. Hoch sind die Rückgabequoten auch bei Sportartikeln sowie Uhren und Schmuck – also alles Produkte, die man für den Kaufentscheid in der Regel an- und ausprobieren möchte.
Das dürfte auch die Unterschiede in den Zahlen von DPD, der Uni Bamberg und der Hochschule Luzern erklären: Je mehr Kleider(-händler) in die Rechnung einfliessen, desto höher ist die Retourenquote. Bei Zalando, dem grössten Online-Modehändler Europas, schickt die Kundschaft schliesslich die Hälfte aller Bestellungen zurück.
Verhältnismässig selten retournieren Verbraucherinnen und Verbraucher Beauty- und Gesundheitsprodukte wie Haarföhne, Shampoo oder Mascara (siehe Grafiken oben). Dasselbe gilt für Bürobedarf wie Druckertinte, Kugelschreiber oder Briefumschläge. Und auch Nahrungsmittel schickt die Galaxus-Kundschaft kaum zurück. «Häufig handelt es sich hier um standardisierte Produkte, die man oft auch nicht das erste Mal kauft», sagt Lauritz. «Man weiss also, worauf man sich einlässt.» Hygiene- und Sicherheitsprodukte nimmt Galaxus zudem grundsätzlich nicht zurück, sofern die Verpackung geöffnet wurde. Beispiele dafür sind Zahnbürsten, Sextoys, Auto-Kindersitze oder Fahrradhelme.
Dass die Kundschaft Elektronik-Artikel oft behält, liegt laut Lauritz daran, dass diese überdurchschnittlich gut beschrieben sind – etwa die Ausstattung von PCs. Ausserdem gibt es bei elektronischen Produkten viele Test- und Erfahrungsberichte von Journalisten und Bloggerinnen sowie aus der Shopping-Community.
Auch wenn die Galaxus- bzw. Digitec-Community fehlende oder fehlerhafte Produktdaten häufig kritisiert: Die beiden Onlineshops stellen im Marktvergleich besonders viele solcher Daten bereit, beispielsweise den Geräuschpegel von Kühlschränken in Dezibel, die geeignete Zielgruppe ferngesteuerter Spielzeugautos, Bilder von Gartenstühlen aus verschiedenen Blickwinkeln und in verschiedenen Umgebungen, oder welche Gesichtscremes vegan sind. «Diese Fülle an Daten ist einer der wichtigsten Gründe für unsere tiefen Retourenquoten», sagt Lauritz. «Wenn sich die Kundinnen und Kunden vor der Bestellung umfassend informieren können, schicken sie auch weniger zurück.»
Hilfreich sei hier auch die unabhängige Redaktion, die für Digitec und Galaxus Produkte testet und ehrliche Reviews schreibt bzw. filmt – und eben keine schmeichelhaften Werbetexte serviert. «Und auch unsere Shopping-Community hilft uns dabei, die Quote tief zu halten», so Lauritz. «Nämlich indem sie Produkte bewertet und kommentiert, indem sie Fragen stellt, und indem sie drei von vier dieser Fragen innerhalb von drei Stunden beantwortet.» All das unterstütze bei der Wahl des passenden Produkts.
Wenn die Kundinnen und Kunden von Galaxus und Digitec nun doch ein Produkt zurückgeben, dann müssen sie hierfür einen Grund angeben. Am häufigsten nennen sie dann die Antwort «Gefällt mir nicht», gefolgt von «Falsche Grösse» und «Falsches Produkt». «Diese Daten fliessen in unsere Prozesse ein», sagt Lauritz. Passt etwa ein Pulli nur wenigen Menschen, dann stimmt vielleicht etwas mit der Grössenangabe nicht. Und wird ein Sonnenschirm überdurchschnittlich oft retourniert, dann liegt das vielleicht daran, dass er grün ist, und nicht wie im Produktbild rot.
Zuständig für die Retouren sind die Teams in den beiden After-Sales-Standorten Dintikon im Schweizer Kanton Aargau sowie in Krefeld im deutschen Nordrhein-Westfalen. Dort wird die Ware auf Beschädigungen geprüft und entweder als neuwertig oder mit Rabatt als «gebraucht und geprüft» wieder in den Verkauf gebracht. «Die Schnäppchen sind bei der Kundschaft sehr beliebt», weiss Lauritz.
Recycelt wird bei Galaxus und Digitec nur, was niemand mehr gebrauchen kann. Retouren, die noch brauchbar sind, die der Onlinehändler aber wegen kleinerer Mängel nicht mehr verkaufen kann, gehen als Spenden an gemeinnützige Organisationen. Das Recycling wiederum übernehmen ISO-14001-zertifizierte Entsorgungspartner, die ein fachgerechtes Recycling der Materialien garantieren.
Wann hast du das letzte Mal eine Bestellung zurückgeschickt, und wieso? Kaufst du dir Kleider und Schuhe prinzipiell in mehreren Grössen – und schickst zurück, was nicht passt? Welche Produktdaten sollen Galaxus und Digitec dringend ergänzen? Lass es uns in der Kommentarspalte wissen!
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Ich bin bei Galaxus und Digitec zuständig für den Austausch mit Journalistinnen und Bloggern. Gute Geschichten sind meine Leidenschaft, deshalb bin ich immer auf dem neusten Stand.