Hinter den Kulissen

Die Inflation ist im Onlinehandel noch nicht angekommen

Das Sortiment von Galaxus und Digitec war in der Schweiz im Oktober 2022 durchschnittlich 2 Prozent günstiger als im Oktober 2021. Hauptgrund dafür ist die ausgeprägte Konkurrenz im Onlinehandel. Es gibt aber Produktgruppen, die in den letzten zwölf Monaten deutlich teurer geworden sind – zum Beispiel Möbel, Schuhe, Reisegepäck oder Lego-Sets.

Die Schweiz ist eine Insel der Preisstabilität: Während wir in der Eurozone eine Jahres-Inflationsrate von über zehn Prozent sehen, lag sie hierzulande im Oktober bei gerade mal 3 Prozent. Fachleute führen diesen Umstand vor allem auf den starken Franken zurück – dank diesem können wir Waren aus dem Ausland günstig importieren. Für die sanfte Teuerung mitverantwortlich sind die verhältnismässig eigenständige Stromproduktion und der abgeschottete Lebensmittelmarkt – dadurch haben die globalen Umwälzungen weniger Einfluss auf die Schweizer Preise.

Einen dämpfenden Effekt auf die Inflation hat aber auch der Onlinehandel: Eine Auswertung der Verkaufspreise von Galaxus und Digitec zeigt nämlich, dass das Sortiment im Oktober 2022 sogar günstiger war als im Oktober 2021 – und zwar um 2 Prozent. Digitec Galaxus hat die Waren im selben Zeitraum indes zu leicht höheren Preisen eingekauft.

«Die Schweizer Onlinehändler haben die höheren Preise im Einkauf bisher kaum an die Kundschaft weitergereicht», sagt Hendrik Blijdenstein, der als Chief Commercial Officer für den Ein- und Verkauf bei Galaxus verantwortlich ist. Grund dafür sei die starke Konkurrenz zwischen den Anbietern: «Wer die Preise zu hoch ansetzt, bleibt gnadenlos auf der Ware sitzen», sagt Hendrik.

Preistransparenz übers gesamte Sortiment

In die Analyse eingeflossen sind die Verkaufspreise sämtlicher Produkttypen mit über 100 Produkten im Sortiment, z.B. Plüschtiere, Katzenfutter oder Videokameras. Verglichen wurde der Monats-Median der Verkaufspreise derselben Produkte im Abstand von zwölf Monaten. Zwei Datenpunkte sind also z.B. die Preise des Experimentierkastens «Cyborg-Hand» am 31. Oktober 2021 und 2022 – an beiden Tagen wurde das Technik-Lernspielzeug nämlich mindestens einmal gekauft. Die historischen Daten finden Kundinnen und Kunden unter dem Reiter «Preisentwicklung», der bei Digitec und Galaxus seit Herbst 2021 für Transparenz sorgt.

Augeklammert wurden mit diesem Studien-Setup Produkte, die im Oktober 2022 nicht mehr verfügbar waren sowie Produkte, die neu ins Sortiment gekommen sind. Der Grund dafür wird durch ein Beispiel klar: Galaxus hat neuerdings hochpreisige Kosmetik der Marken La Roche Posay, Vichy und Bioderma im Sortiment. Würden diese Produkte in den Preisvergleich einfliessen, dann sähen wir bei den Gesichtscremes oder Bodylotions einen Inflations-Ausreisser.

Die Studie blendet zudem aus, dass vor allem in der Elektronik regelmässig Nachfolgeprodukte auf den Markt kommen. Verglichen wurde also nicht der Preis eines iPhone 14 mit dem eines iPhone 13, sondern der Preis desselben iPhone 13 – und dieser ist seit Ende Januar unter Druck. Der Bärenanteil der Produkte, die Digitec und Galaxus verkaufen, sind aber ohnehin solche, die über längere Zeit identisch im Sortiment bleiben, z.B. Druckertinte, USB-Kabel oder Windeln. Die effektive Teuerung im Sortiment von Digitec Galaxus dürfte also nur marginal höher sein als die minus 2 Prozent.

Flip-Flops sind Inflationstreiber

Freilich gibt es Produkte und Produktgruppen, bei denen die Verkaufspreise innert Jahresfrist stark gestiegen sind. Besonders ausgeprägt ist das bei den Bausets von Lego der Fall: Die Marken-Klemmbausteine waren bei Galaxus im Oktober 2022 im Schnitt fast 12 Prozent teurer als im Jahr zuvor (siehe Grafik). Ebenfalls stark spürbar ist die Inflation bei Wintersport-Artikeln wie Skihelmen oder Skibrillen, bei Schuhen und bei der Bademode, insbesondere bei den Flip-Flops. Ausserdem schlägt die Teuerung beim Reisegepäck zu Buche, sowie bei verschiedenen Möbelarten. «Bei diesen Produkten sind auch unsere Einkaufspreise überdurchschnittlich stark gestiegen», sagt Hendrik.

Preistreibend wirken fast überall die steigenden Energie- und Rohstoffpreise, der teure Transport per Schiffscontainer und die hohe Nachfrage bzw. Knappheit. Lego hat dieses Jahr beispielsweise das erste Mal überhaupt die Preise bestehender Sets erhöht – mit Verweis auf gestiegene Kosten in der Herstellung. Kunststoffe sind gemäss der Branchenplattform «Kunststoff Information» im Jahr 2021 um 59 Prozent und im laufenden Jahr um 12 Prozent teurer geworden. Dadurch lässt sich die Preisexplosion bei den Flip-Flops und Radzierblenden ebenfalls erklären.

Auch die Hersteller von Möbeln und Heimtextilien wie Bettwäsche begründen die höheren Verkaufspreise unter anderem mit den Rohstoffkosten: «Die Preise für Baumwolle, Holz oder Messing sind stark gestiegen», sagt Category Business Managerin Jennifer Häring. «Dazu kommen behördliche Auflagen und Neuverordnungen wie das Brennstoffemissionshandelsgesetz, die besonders in Deutschland produzierende Unternehmen belasten.»

Verdoppelung der Transportkosten für Gartenlounges

Jennifers Kollege David Widmer, der mitunter fürs Gartenmöbel-Sortiment verantwortlich ist, ergänzt: «Nebst den Rohstoffpreisen sind auch die Frachtpreise von Asien nach Europa in die Höhe geschnellt.» Seit Anfang 2020 sei der Preis pro Container von rund 4500 auf durchschnittlich 10'000 Franken gestiegen. David rechnet vor: «Wenn wir 75 Gartenlounges in einen Container bekommen, dann kostet uns der Transport heute statt 60 Franken mehr als 130 Franken pro Stück.» Bei kleineren und hochpreisigen Produkten wie Notebooks oder Handys fallen die Transportkosten im Verhältnis viel weniger ins Gewicht.

Bei der Bademode und dem Reisegepäck dürfte der starke Anstieg an Ferienbuchungen einen zusätzlichen grossen Einfluss auf die Preise gehabt haben: «Marken wie Samsonite oder American Tourister haben ihre Preise dieses Jahr stark erhöht», sagt Davide Merz, der bei Galaxus unter anderem für den Ein- und Verkauf von Koffern zuständig ist. «Wegen der hohen Nachfrage hat der Markt einen grossen Teil des Aufschlags an die Kundschaft weitergereicht.»

Wer nicht das neuste Handy braucht, kommt günstiger davon

Es gibt aber auch dutzende von Produkten und Produktgruppen, die in den letzten zwölf Monaten günstiger geworden sind. Auf Ebene Produktgruppen sind dies besonders Notebooks und Handys, wobei hier wie oben erklärt die neu lancierten Geräte nicht berücksichtigt wurden. Ähnliches gilt auf Produkttyp-Ebene für die Klimaanlagen, Grafikkarten und Webcams. Mit ein Grund für die Deflation bei Elektronik-Produkten sind aber auch die sinkende Nachfrage aufgrund der globalen Wirtschaftslage und der abgeklungenen Corona-Pandemie: Grafikkarten sind wegen Überkapazitäten beispielsweise wieder deutlich günstiger zu haben. In der Wirtschaftswissenschaft spricht man hierbei von einem Schweinezyklus.

Auf Ebene Produktkategorie zeigt sich, dass die Angebote bei Galaxus und Digitec beinahe durchs Band günstiger geworden sind. Leicht teurer waren die Produkte im Oktober in den Bereichen «Home & Living» (z.B. Couches, Decken oder Lampen) sowie «Haushalt & Küche» (z.B. Trinkflaschen, Vorratsdosen, Staubsauger oder Kaffeemaschinen).

Abschliessend stellt sich die Frage, ob bzw. wie lange sich der Schweizer Onlinehandel der um sich greifenden Inflation noch entziehen kann. «Inflation findet in Runden statt», sagt Hendrik. «Zuerst erhöhen die Rohstoff-Firmen die Preise, mit Verzögerung die Hersteller und deren Lieferanten – und am Schluss zwingt der Margendruck auch die Detailhändler zum Nachziehen.» Wegen der ausgeprägten Konkurrenz und dem mühelosen Preisvergleich geschehe dies im Onlinehandel später als im stationären Handel, «aber je länger die Inflation anhält, desto häufiger werden wohl auch wir unsere Preise erhöhen müssen.»

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Alex Hämmerli
Senior Public Relations Manager
Alex.Haemmerli@digitecgalaxus.ch

Ich bin bei Galaxus und Digitec zuständig für den Austausch mit Journalistinnen und Bloggern. Gute Geschichten sind meine Leidenschaft, deshalb bin ich immer auf dem neusten Stand.

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