Produkttest

Das QD-OLED-Wunder? Samsungs bisher bester TV im Test

Luca Fontana
22.8.2023

Vergangenes Jahr gab Samsung sein OLED-Comeback mit einer Revolution – und überflügelte OLED-Primus LG glatt. Dieses Jahr soll die Revolution, QD-OLED, sogar noch besser geworden sein. Wer gewinnt nun das Duell?

«Schuld» daran war Samsungs konsequente Weiterentwicklung der OLED-Technologie, die LG zuvor zu einer bewährten Grösse im TV-Markt gemacht hat. Wir erinnern uns: QD-OLED ist eine Displaytechnologie, die die Vorteile von OLED und QLED kombiniert. Sprich:

  1. Perfekte Schwarzwerte und Kontraste dank OLED-Technologie
  2. Ein deutlich helleres Bild als bei herkömmlichen OLEDs
  3. Geringere Burn-In-Gefahr
  4. Noch reinere Farben dank Nanopartikeln aka Quantum Dots

Wenn du dir den ganzen Deep Dive geben willst, dann habe ich dir genau das Richtige für dich:

Das Duell ist lanciert.

Full Disclosure: Der Fernseher, die 65-Zoll-Version des S95C, wurde mir von Samsung zum Testen zur Verfügung gestellt.

Design: jetzt endlich auch mit One-Connect-Box!

Ansonsten bleibt sich Samsung beim Design treu: modern, schlank und schmale Ränder ohne Schnickschnack. Zusammengehalten wird der Fernseher von einem eleganten Alurahmen vorne und einer schwarzen Plastik-Abdeckplatten hinten. Dazu der geschwungene, hauchdünne Standfuss. Auffallen tut dieser kaum, aber in der Tiefe misst er satte 27 Zentimeter. Je nach TV-Möbel könnte der Platz für eine Soundbar vor dem Fernseher also knapp werden.

Etwas mehr Platz als LG lässt Samsung dafür zwischen der unteren Kante des Panels und dem TV-Möbel: 6,5 Zentimeter. Das sollte für die meisten Soundbars genügen. Ist nämlich der Infrarot-Sensor für die Fernbedienung bedeckt, wird das Ein- und Ausschalten des Fernsehers zum Krampf.

Zu den Anschlüssen. Da sind:

  • 4× HDMI-2.1-Anschlüsse (4K144Hz, ALLM und VRR)
  • Einer davon mit eARC (HDMI 3)
  • 3× USB-2.0-Ports
  • 1× Ausgang für Toslink
  • 1× LAN-Port
  • 1× CI+ 1.4
  • Antennen- und Satellitenanschlüsse
  • Bluetooth (BT 5.2)

Dafür beherrscht der S95C Dolby Atmos, inklusive Passthrough, falls du den Sound zu einem externen Soundsystem weiterleitest. DTS-Audioformate werden hingegen weder von den eingebauten Lautsprechern unterstützt noch vom TV durchgeschleust. Stattdessen werden sie als weniger hochwertiges Multichannel-PCM-5.1-Audio wieder- und weitergegeben.

Messungen: Samsung brilliert mit ungeheurer Farbtreue aus der Box

Was jetzt kommt, geht tief in die Materie. Falls dich Tabellen und Diagramme nicht interessieren, kannst du das alles überspringen und direkt zum Kapitel «Das Bild: OLED-würdiges Referenzmaterial – auch im Duell mit LG» scrollen. Ab dort kommen meine subjektiven Eindrücke mit viel Videomaterial.

Die besten Werte bei allen Arten von Inhalten erzielte der «HDR Filmmaker»-Modus – ausser beim Gamen, dafür solltest du immer den «Spielen»-Modus nehmen. Die unten aufgeführten Messungen beziehen sich darum stets darauf.

Die maximale Helligkeit

Ein weiterer Vorteil der Quantum Dots ist, dass sie somit bei weniger Energiezufuhr ein mindestens gleich helles Bild mit noch intensiveren Farben als bei LGs herkömmlichen OLED-Technologie erzeugen. In der Theorie zumindest. Das verringert das Burn-In-Risiko zusätzlich.

So. Schauen wir, was die Praxis im Helligkeitstest sagt. In der Grafik vergleiche ich direkt mit Sonys A95K aus dem Jahr 2022, das ebenfalls ein QD-OLED-Panel aus Samsungs Fabriken bezieht, und LGs diesjährigen Flaggschiff, dem G3.

Nit ist die englische Masseinheit für Candela pro Quadratmeter (cd/m²), also der Leuchtdichte beziehungsweise Helligkeit. 100 Nit entsprechen etwa der Helligkeit des Vollmondes am Nachthimmel. Grafik: Luca Fontana / Flourish.

Noch vor einem Jahr hätten mich solche Werte aus den Latschen gehauen. Jetzt nicht mehr, weil LGs G3 trotz «veralteter» Technologie einen noch helleren Fernseher gebaut hat – zumindest punktuell und in kleinen Bildbereichen. Der Lebhaft-Modus von LG brachte es sogar auf über 1800 Nit. Wahnsinn! Bei der Gesamthelligkeit hingegen kommen beide Fernseher auf etwa 230-250 Nit.

Der Weissabgleich

Um die Genauigkeit des Weissabgleichs zu messen, benötige ich zwei Tabellen:

  1. Graustufen Delta E (dE)
  2. RGB-Balance

Das Graustufen dE zeigt, wie stark die vom Fernseher erzeugten Graustufen vom Referenzwert abweichen. Die RGB-Balance zeigt an, in welche Richtung die vom Fernseher erzeugten Graustufen vom Referenzwert abweichen. Warum ist das wichtig? Schauen wir uns das am konkreten S95C-Beispiel an:

Würdest du den Fernseher direkt neben einen Referenzmonitor stellen, bedeutete das:

  • Wert ist 5 oder höher: Die meisten Menschen erkennen den Unterschied zum Referenzmonitor.
  • Wert zwischen 3 und 5: Nur Expertinnen und Enthusiasten erkennen den Unterschied.
  • Wert zwischen 1 und 3: Nur Expertinnen erkennen den Unterschied, die Enthusiasten nicht.
  • Wert unterhalb von 1: Selbst Expertinnen erkennen keinen Unterschied.

Der Color Gamut

Weiter geht’s mit der Messung des Color Gamuts, der Abdeckung der gängigsten Farbräume. Diese sind:

  • Rec. 709: 16,7 Millionen Farben, Standard-Farbraum für SDR-Inhalte wie Live-TV und Blu-Rays
  • DCI-P3 uv: 1,07 Milliarden Farben, Standard-Farbraum für HDR-Inhalte, von HDR10 bis Dolby Vision
  • Rec. 2020 / BT.2020 uv: 69 Milliarden Farben, wird in der Film- und Serien-Industrie noch kaum genutzt

Der grosse «Farbklecks», inklusive der abgedunkelten Bereiche, zeigt die ganze vom menschlichen Auge erfassbare Farbpalette. Der aufgehellte Bereich links zeigt den Farbraum BT.2020. Rechts dasselbe, einfach der kleinere DCI-P3-Farbraum. Die weissen Kästchen zeigen die eigentlichen Grenzen der jeweiligen Farbräume. Die schwarzen Kreise hingegen die beim Messen tatsächlich gemessenen Grenzen.

Folgende Farbraumabdeckungen hat die Messung ergeben:

  • Rec. 709: 100% (gut = 100%)
  • DCI-P3 uv: 99,49% (gut = >90%)
  • Rec. 2020 / BT.2020 uv: 90,89% (gut = >90%)

Der S95C kommt beim wichtigen Farbraum DCI-P3 auf ausgezeichnete 99,49 Prozent Abdeckung. In der Sparte schlagen sich aber alle OLED-Fernseher gut: LGs G3 erreichte 98,67 Prozent.

Der Color Error

Spiegelungen

Und hier das Ergebnis:

Sowohl Samsungs S95C als auch LGs G3 haben beim Handhaben von Reflexionen grosse Fortschritte gemacht. Im Vergleich mit ihren jeweiligen Vorgängern – dem S95B und dem G2 – ist die Lampe bei beiden viel weniger zu sehen. Im Direktduell hingegen sehe ich LG ein klein wenig vorn. Für beide TVs gilt: Mit der deutlich verbesserten Gesamthelligkeit würde ich sie als erste von mir getesteten OLED-Fernseher bezeichnen, der auch in hellen Räumen gut zur Geltung kommen.

Zwischenfazit nach der Messung

Die neue QD-OLED-Generation macht mir Freude. Sie hat sich nicht nur in der Gesamthelligkeit verbessert, sondern bringt gleichzeitig ein unglaublich referenzwürdiges Bild hin – direkt aus der Box, ohne Kalibrierung. Zumindest, wenn du den Filmmaker-Mode benutzt. Die anderen Modi sind deutlich weniger gut kalibriert. In der Theorie ist Samsung also ein Fernseher gelungen, der die Messlatte verdammt hoch legt. Schauen wir uns die Praxis an.

Das Bild: OLED-würdiges Referenzmaterial – auch im Duell mit LG

Ein helles Bild. Exzellente Farbtreue aus der Verpackung und ohne Kalibrierung. Theoretisch. Wie sieht’s in der Praxis aus?

Farbwiedergabe

Als zweiten Vergleich (ab Minute 00:45) habe ich darum eine Szene aus «Avatar: The Way of Water» eingefügt, wo Grün- und Blautöne dominieren. Hier wirkt Samsungs Farbwiedergabe tatsächlich wärmer, dafür etwas weniger dynamisch – also weniger kräftig – als bei LG.

Quelle 1: Disney+, «Guardians of the Galaxy, Vol. 2». Timestamp: 00:56:47.Quelle 2: Disney+, «Avatar: The Way of Water». Timestamp: 00:48:23.
Quelle: Apple TV+, «James Bond – Skyfall». Timestamp: 00:39:02.

Black Crush und Shadow Details

Quelle: UHD-Blu-Ray, «Blade Runner 2049». Timestamp: 00:04:50.

Helligkeitsabstufungen

Quelle: UHD-Blu-Ray, «Jurassic World». Timestamp: 00:21:18.

Prozessor: auf gewohnt starkem Niveau

Aber hallo.

Hinter all dem sensationellen Marketing-Geschwurbel steckt, dass der Prozessor Rauschen entfernen, Farben verstärken, Kanten glätten, Bewegungen flüssiger machen und allfällige fehlende Pixel-Informationen dazurechnen soll.

Motion Processing und Judder

Quelle: UHD-Blu-Ray, «1917». Timestamp: 00:42:25.

Sicher, die Balken-Szene bringt jeden TV-Prozessor an seine Schmerzgrenzen. Dafür ist sie ja da. Aber hier ist mir das Judder einfach zu frappant, um die Schuld eindeutig dem Hersteller in die Schuhe zu schieben. Etwas scheint beim Testen schiefgelaufen zu sein. Falls ihr eine Idee habt, was, dann schreibt’s mir ruhig in die Kommentarspalte.

Ich probiere indes noch eine Szene aus «1917» aus. Kann ja nicht sein, dass der Prozessor wirklich so schlecht ist. Die Szene ist gut gewählt: Auch hier sorgt Mendes’ Kameraarbeit für eine immense Herausforderung für die meisten Prozessoren. Gerade bei harten Kanten vor verschwommenem Hintergrund, etwa um die Helme der beiden Soldaten herum. Dort müssen sowohl der Prozessor als auch die Pixel unheimlich schnell reagieren.

Quelle: UHD-Blu-Ray, «1917». Timestamp: 00:35:36.

Na, also! Judder ist jetzt auch im Vergleich mit LGs und Sonys Prozessor kaum zu sehen. Da hinkt nur Sony etwas hinterher. Beim japanischen Hersteller ist das aber eine bewusste Entscheidung: Ein Film, so der Gedanke Sonys, muss ruckeln. Wie im Kino früher, vor dem digitalen Zeitalter. Schön altmodisch.

Reaktionszeit der Pixel

Als Nächstes das Apple Original «For All Mankind». Ich will sehen, wie lange ein einzelnes Pixel braucht, um seine Farbe zu wechseln. Passiert das nicht schnell genug, sieht’s für dich so aus, als ob das Bild Schlieren ziehen würde – der Effekt wird «Ghosting» genannt. Achte beim Kameraschwenk über die Mondoberfläche auf den unten links eingeblendeten Text.

Quelle: Apple TV+, «For All Mankind», Staffel 1, Episode 5. Timestamp: 00:00:10.

Upscaling

Jetzt zu einem der schwierigsten Tests: das Upscaling. Ich will sehen, wie gut der Prozessor qualitativ weniger hochwertige Quellen hochskaliert. Blu-rays oder Live-Fernsehen zum Beispiel. Oder «The Walking Dead». Die Serie ist bewusst auf 16mm-Film aufgenommen worden, um mit einer altmodischen Körnung samt Bildrauschen das Gefühl einer kaputten, postapokalyptischen Welt zu erzeugen.

Quelle: Netflix, «The Walking Dead», Staffel 7, Episode 1. Timestamp: 00:02:30.

Gaming: Input-Lag und Game Mode

Bei Samsungs S95C passierte sowas nie. Vielleicht, weil Samsungs QD-OLED nicht gleich hell wie LGs G3 strahlt. Oder aber man hat bei Samsung einfach mehr Vertrauen in die QD-OLED-Panels als bei LG in die WOLED-Panels.

Und sonst so? Beim Messen der Farbkorrektheit im «Game Mode» komme ich auf ein durchschnittliches Delta E von nicht so prickelnden 9,86 (lies oben bei «Color Error» nach, falls dich das Thema im Detail interessiert). Tatsächlich wirkte das Bild auf mich oft etwas gar knallig. Da hatte LGs G3 mit einem Delta E von 4,44 eine viel natürlichere Farbwiedergabe.

Zum Input-Lag, also der Eingabeverzögerung: Mit dem Messgerät von «Leo Bodnar» messe ich einen durchschnittlichen Input-Lag von sehr guten 9,7 Millisekunden bei einem UHD-Bild mit 60 Bildern pro Sekunde. Darüber hinaus unterstützt der Fernseher alle für Gamer relevanten Features:

  • 4x HDMI-2.1-Anschlüsse (4K144Hz)
  • Auto Low Latency Mode (ALLM)
  • Variable Bildraten (AMD Freesync Premium Pro)
Quelle: PS5, «Spider-Man: Miles Morales», 120Hz-Modus, VRR und Ray Tracing aktiviert.

Schön: Wie schon vergangenes Jahr bietet Samsung erneut ein dediziertes Untermenü an, in dem du fürs Gamen selber noch Feinjustierungen vornehmen und die aktuelle Bildrate ablesen kannst. Sehr wichtig: Samsungs S95C unterstützt den VRR-120Hz-Modus der PS5 ohne Probleme.

Smart OS: Tizen

Samsung setzt auf Tizen, das 2021 komplett überarbeitet wurde und seitdem etwas mehr an Google TV erinnert. Sprich: Beim Druck auf die Hometaste öffnet sich ein ganzes Fenster voller Kacheln. Von dort kannst du auf deine TV-Apps oder verschiedenen HDMI-Eingängen zugreifen.

Quelle: Samsung Tizen.

Viel mehr gibt’s eigentlich nichts zu sagen. Wie bei Google TV sind da immer noch nervige Film- und Serien-Empfehlungen, die ich nie brauche – LG verzichtet dankenswerterweise seit diesem Jahr auf solche. Immerhin fühlt sich das Navigieren im Menü und zwischen den Apps sehr flüssig und reaktiv an – dank gutem Prozessor.

Kleines Schmankerl: Im «Ambient»-Mode, im Video bei Minute 00:37 kurz zu sehen, wechselt der TV in einen Kunst-Modus. Dort kann ich entweder eine Uhr, ein Gemälde oder ein Bewegtbild anzeigen lassen. Das soll bei niedriger Energie und Helligkeit das rechteckige, schwarze Loch im Wohnzimmer ersetzen, das ein ausgeschalteter Fernseher ansonsten ist.

Fazit: enges Kopf-an-Kopf-Rennen mit einem Sieger

Meine Entscheidung würde also wohl auf LGs G3 fallen. Knapp. Wirklich knapp. Wer weiss: Wenn die QD-OLED- und die META-Technologien in zwei bis drei Jahren erschwinglich werden, kaufe ich mir tatsächlich wieder einen Fernseher – zum ersten Mal seit sieben Jahren.

Titelfoto: Luca Fontana

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Ich schreibe über Technik, als wäre sie Kino, und über Filme, als wären sie Realität. Zwischen Bits und Blockbustern suche ich die Geschichten, die Emotionen wecken, nicht nur Klicks. Und ja – manchmal höre ich Filmmusik lauter, als mir guttut.


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