Hintergrund

Samsungs OLED-TV-Comeback: Das musst du darüber wissen

Luca Fontana
16.3.2022

Samsung wagt mit neuer QD-OLED-Technologie das grosse OLED-Comeback – nur, dass der Konzern seltsam wenig darüber redet. Darum liefere ich dir die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.

Dabei klingt Samsungs Version von OLED äusserst vielversprechend. LG Display könnte gar sein Monopol auf die Herstellung der überlegenen Bildschirmtechnologie verlieren. Denn anders als LG kombiniert Samsung OLEDs mit den als Quantum Dot bekannten Nanopartikeln, die bisher nur bei LCD-Fernsehern verbaut werden.

Klären wir die wichtigsten Fragen.

First things first: Warum reden alle ständig über OLED?

Das habe ich hier genauer erklärt:

Was macht LG zum OLED-TV-Monopolisten?

Seit Jahren kämpfen Samsung und LG um die Krone: Wer hat die bessere TV-Bildtechnologie? Herstellerin LG Display ist die Tochterfirma LGs – und sie hat ein regelrechtes Monopol auf OLED-Panels für Fernseher. Denn anders als die Konkurrenz hat LG Display vor Jahren einen Weg gefunden, die Helligkeit der Bildschirme zu verbessern, ohne das Burn-In-Risiko massgeblich zu erhöhen. Das geht so:

Jeder Fernseher besteht aus Millionen von Pixeln, angeordnet in einem Raster. Jedes einzelne Pixel enthält drei winzig kleine Subpixel.

  1. Ein rotes
  2. Ein blaues
  3. Ein grünes

LG Display hat diesem RGB-Raster ein weiteres, weisses Subpixel hinzugefügt. Dessen einzige Funktion liegt darin, durch sein Licht für mehr Helligkeit zu sorgen. So wird die Energiebelastung pro Subpixel deutlich verringert – und damit das Burn-In-Risiko. Die Bezeichnung dieser Technologie: WOLED.

Bis jetzt.

Wieso ist Samsungs Rückkehr zu OLED so bemerkenswert?

Nicht, dass es Samsung nie mit OLED-Panels versucht hätte. Nach einer Reihe misslungener Prototypen kündigte man im Jahr 2014 allerdings an, sich aus dem OLED-TV-Business zurückzuziehen.

Ausserhalb der Dunstkreise Samsungs – ausser bei QLED-Partner TCL – fand diese Einschätzung kaum Zustimmung. Nicht selten wurde in Fachkreisen spekuliert, dass Samsung seine Abkehr von OLED insgeheim sogar bereue, auch wenn Samsung nach wie vor der grösste TV-Hersteller der Welt ist.

TV-Marktanteil gemessen an Auslieferungen

Samsung Electronics ist der Ansicht, dass die bestehende OLED-Panel-Technologie technologischer Verbesserung bedarf, bevor sie in Fernsehern zur Anwendung kommt.
Offizielles Statement Samsungs im August 2019 auf Anfrage

Mittlerweile scheinen die besagten technologischen Verbesserungen vollzogen. Samsungs Auftritt an der vergangenen CES kann darum durchaus als historisch betrachtet werden. Denn Samsung präsentierte dort eine eigene, neue und marktfähige Version von OLED. Einen offiziellen Namen hat sie noch nicht. Die Fachwelt redet aber gemeinhin von Quantum-Dot-OLED, kurz: QD-OLED.

Was macht Samsungs QD-OLED anders als LGs OLED?

LG führte das weisse Subpixel ein, um ein noch helleres Bild zu erzeugen, ohne mehr Burn-In zu riskieren. Samsung hingegen setzt auf jene Nanopartikel, mit denen der Konzern bereits bei seinen LCD-Fernsehern für besonders reines Licht sorgt. Das macht Nanopartikel-Fernseher besser als normale LCD-Fernseher. Samsung will jetzt das gleiche Prinzip bei OLED-Fernsehern anwenden.

Es ist nur eine kleine Änderung in der Architektur eines OLED-Pixels. Eine aber mit potenziell riesengrosser Wirkung.

Ist Samsungs QD-OLED besser als LGs OLED?

In der Theorie: Ja. Samsung will in seinen QD-OLED-Bildschirmen das Beste aus zwei Welten vereinen. Konkret:

  1. Perfekte Schwarzwerte und Kontraste dank OLED-Technologie
  2. Ein helles Bild wie bei LCD-Fernsehern
  3. Kein Burn-In
  4. Noch reinere Farben dank Nanopartikeln aka Quantum Dots

Hier grafisch dargestellt:

Das Problem: Beim Filtern wird auch die Luminanz der Farben verringert – ihre Helligkeit. Darum LGs zusätzliches, weisses Subpixel. Das macht das Bild zwar wieder heller, aber bleicht gleichzeitig auch die anderen Farben aus. Nicht, dass OLED-Farben deswegen schlecht wären. Im Gegenteil, ganz entschieden sogar. Aber sie schöpfen nicht das volle Potenzial aus. Die Physik dahinter habe ich hier genauer beschrieben:

Samsungs Nanopartikel hingegen filtern nicht. Sie färben das bläuliche OLED-Licht stattdessen um. Das ist entscheidend. Es bedeutet nämlich, dass bei QD-OLED-Pixel die Farben nicht an Luminanz verlieren – oder eben: an Helligkeit. Damit schöpfen sie deutlich mehr Potenzial aus. Konkret:

  1. QD-OLED-Pixel leuchten heller als WOLED-Pixel, weil sie nicht an Luminanz verlieren.
  2. QD-OLED-Pixel können darum auf das ausbleichende, weisse Subpixel verzichten.
  3. QD-OLED-Pixel erzeugen also bei gleicher Energiezufuhr ein helleres Bild mit kräftigeren Farben.

Wir erinnern uns: mehr Energie gleich mehr Hitze gleich höheres Burn-In-Risiko. All das umgeht Samsung mit seiner neuen Architektur. Zumindest in der Theorie.

Gibt es schon erste Praxistests?

Ja. Unter anderem von Linus Tech Tips. Linus scheint die Theorie in der Praxis zu bestätigen, auch wenn seine Berichte vorerst noch mit Vorsicht zu geniessen sind. Linus wurde nämlich von Samsung zum Testen eingeladen. Er selber sagt sogar, Samsung habe sein Video gesponsert.

Linus geniesst allerdings einen ausgezeichneten Experten-Ruf. Seine Meinung hat Gewicht. Zudem habe Samsung noch nie einen externen Tester vorab neue Technologie ausprobieren lassen, schon gar nicht mit externem Quellmaterial und Geräten, die dem Tester gehören, nicht Samsung, sagt Linus. Sollte das stimmen, dann zeugt das wiederum von Samsungs grossem Vertrauen in die eigene Technologie.

Die Zahlen, die Linus in seinem Video präsentiert, sind jedenfalls beeindruckend. Fangen wir mit der Helligkeit an. Zum Vergleich nehmen wir LGs Evo-OLED-Panel und Samsungs Neo-QLED-Panel vom vergangenen Jahr dazu. Deren Zahlen habe ich von rtings.com. Die Spalten zeigen drei Fenstergrössen: 2%, 50% und 100% des Displays.

Nit ist die englische Masseinheit für Candela pro Quadratmeter (cd/m²) – also der Leuchtdichte beziehungsweise Helligkeit. Bitte den Zahlenvergleich nur als Richtwert sehen, da verschiedene Quellen hinter den Nit-Messungen stehen.Bitte den Zahlenvergleich nur als Richtwert sehen, da verschiedene Quellen hinter den Farbraum-Messungen stehen.

QD-OLED übertrifft die anderen Technologien bei weitem. Stampft sie regelrecht ein. Es wird wohl keiner Langzeittests bedürfen, um jetzt schon vorherzusagen, dass QD-OLED das beste Bild der nächsten Jahre erzeugen wird.

Droht LGs Vormachtstellung in Sachen OLED ein Ende?

Ja. Aber nicht in unmittelbarer Zukunft. Dafür ist die aktuelle Monopolstellung von LG Display zu stark. Schliesslich ist LG Display der einzige Produzent von OLED-Panels für Fernseher. Dazu wird es nicht Samsung sein, das den ersten QD-OLED-Fernseher auf den Markt bringt, sondern Sony.

Wait, what?

Samsung selber will seinen ersten QD-OLED-Fernseher ebenfalls noch dieses Jahr auf den Markt bringen. Wann genau, konnte Samsung Schweiz auf Anfrage nicht sagen.

Grund für die verzögerte Markteinführung, so wurde mir aus gut informierten Branchenquellen zugetragen, könnten interne Querelen zwischen Samsung und Samsung Display sein. Könnten. Bestätigt ist nichts.

Inwiefern Samsung Display seine Panel-Fabriken für QD-OLED warmlaufen lassen wird, hängt von der Marktnachfrage ab. Die wiederum vom Preis der Fernseher. Und den hat bislang noch keiner genannt. Auch nicht Sony. Dass QD-OLED kurzfristig für grosse Umschwünge auf dem Fernseher-Markt sorgen wird, darf darum bezweifelt werden.

Soll ich mit dem Kauf eines OLED-Fernsehers zugunsten QD-OLEDs warten?

LG Display hingegen hat die Marktposition von WOLED in den vergangenen Jahren gefestigt: Die Technologie ist ausgereifter, effizienter und günstiger in der Herstellung denn je. Immer mehr Menschen können sich die einst so teuren OLED-Fernseher leisten. Dazu gilt nach wie vor, dass OLEDs ein besseres Bild erzeugen als alles, was wir vor QD-OLED gekannt haben.

Dafür spricht auch folgende Aussage Sonys:

LG Display bleibt also noch Zeit, mit einer eigenen Version von QD-OLED zu antworten. Das wird auch nötig sein. LG wird genauso wenig beim Erzrivalen Panels einkaufen, wie Samsung es all die Jahre bei LG Display getan hat. Das kommt uns Konsumentinnen und Konsumenten zugute. Konkurrenz belebt nicht nur das Geschäft, sondern drückt auch die Preise.

LG Schweiz wollte auf Redaktions-Anfrage keinen Kommentar zu QD-OLED abgeben.


Update 18. März, 13:55 Uhr:

Heise Online will bei Samsungs QD-OLED eklatante Schwächen entdeckt haben. Was ist da dran?

Danke an die Kommentarspalte für den Hinweis!


Titelbild: Sony

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Ich schreibe über Technik, als wäre sie Kino, und über Filme, als wären sie Realität. Zwischen Bits und Blockbustern suche ich die Geschichten, die Emotionen wecken, nicht nur Klicks. Und ja – manchmal höre ich Filmmusik lauter, als mir guttut.


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