
Kritik
«Superman»: Der Start ins neue DCU bleibt zahm
von Luca Fontana
Superman hat über 400 Millionen eingespielt – und trotzdem: Er floppt. Zumindest im Vergleich zu dem, was dieser Film leisten sollte. Ein Blick hinter die schöngefärbten Boxoffice-Schlagzeilen.
James Gunns «Superman» soll ein Erfolg sein. Zumindest, wenn man den Schlagzeilen glaubt. «Superman lässt die Muskeln spielen: Über 400 Millionen Dollar in zwei Wochen!», jubelt der Hollywood Reporter. «Superman beherrscht weiterhin die Spitze der weltweiten Kinocharts!», schreibt Variety. Klingt beeindruckend. Fast so, als gäbe es gar keinen Zweifel: Mission geglückt, DC ist zurück.
Oder?
Nicht ganz. Denn hinter diesen Zahlen steckt eine Realität, die in vielen Berichten nur am Rand vorkommt: «Superman» performt unter den Erwartungen. Deutlich. Und das, obwohl der Film nicht nur den wohl bekanntesten Superhelden der Welt zeigt, sondern auch den Startschuss für ein komplett neues DC-Universum markieren sollte.
Wie passt das zusammen? Warum klingt die Berichterstattung so euphorisch – wenn der Film selbst gerade mal knapp die Kurve kratzt?
Kinoerfolg bedeutet nicht einfach, dass der Film viel Geld eingespielt hat. Entscheidend ist, wie viel im Verhältnis zu den Kosten – und wie viel davon beim Studio überhaupt ankommt.
Die gängigste Faustregel: Ein Film muss etwa das Zweieinhalbfache seiner Produktionskosten einspielen, um die Gewinnzone zu erreichen. Nicht einfach gleich viel – sondern deutlich mehr. Warum? Weil die Produktionskosten nicht die einzigen Kosten sind. Hinzu kommen:
Nehmen wir also «Superman»: Die Produktionskosten lagen laut den meisten Quellen bei etwas über 200 Millionen Dollar – der Hollywood Reporter spricht gar von über 350 Millionen, wurde von Regisseur James Gunn aber dementiert. Rechnen wir also mit den tieferen 200 Millionen. Das bedeutet: Der Film müsste rund 500 Millionen Dollar einspielen, um den Break-even zu erreichen. Mindestens. Wenn nicht sogar mehr. Erst ab dann beginnt der eigentliche Gewinn.
Aktuell sind es etwas mehr als 430 Millionen weltweit, die reingekommen sind – nach zweieinhalb Wochen. Klingt gut, ist es aber nicht. Denn heute bedeutet das: «Superman» hat mehr gekostet, als er eingebracht hat. Klar, noch läuft der Film ja. Aber das Problem ist, dass die goldenen Wochen vorbei sind. Jetzt beginnt das Rennen gegen die Zeit – und gegen die Konkurrenz.
Ein Grund dafür ist IMAX. Das ist längst mehr als nur ein Kinoformat. Es ist ein Umsatzhebel. Und zwar ein gewaltiger. Denn im Zeitalter von Streaming und Flatrates überlegen sich viele zweimal, ob sich der Kinobesuch überhaupt noch lohnt.
Ein Abend im Kino kostet schliesslich schnell mal 40 bis 50 Franken pro Person – je nach Ticket, Popcorn und Getränk. Und daheim? Gibt’s für den Bruchteil dieses Preises ganze Serienstaffeln in 4K, oftmals fast genauso hochwertig produziert und dank HDR auf modernen TVs sowieso oft knackiger als auf den teils veralteten Projektoren mancher Kinosäle.
Wer sich heute also trotzdem für einen Kinobesuch entscheidet, tut das oft mit einer klaren Haltung: «Wenn schon, denn schon.» Es soll sich lohnen. Es soll sich nach Event anfühlen. Und genau da kommt IMAX ins Spiel.
IMAX ist nicht einfach ein grösserer Saal. Es ist das Versprechen, dass dieser Film die grosse Leinwand verdient hat. Mit brachialem Sound, gigantischem Bild und Sesseln, die vibrieren, wenn der Held zur Landung ansetzt. Die Leute sind sogar bereit, dafür deutlich mehr zu zahlen als im normalen Kino – weil nur IMAX sich nach Erlebnis anfühlt.
Nach «heute gönne ich mir».
Für Studios bedeutet das: Wer in den ersten Wochen ein IMAX-Zeitfenster bekommt, hat die Chance, in kurzer Zeit besonders hohe Einnahmen zu generieren. Doch genau dieses Fenster ist klein und hart umkämpft. IMAX zeigt in der Regel nur einen Film gleichzeitig – und wechselt meist alle zwei Wochen auf den nächsten Blockbuster.
Wer kommt, muss liefern. Und zwar schnell.
Im Fall von «Superman» lief der Film zum Start auch im IMAX – allerdings nur kurz. Mittlerweile haben die Fantastic Four die grosse Leinwand übernommen und Superman aus den grossen Sälen verdrängt. Konkret bedeutet das: «Superman» verliert genau in der Phase, in der viele Filme dank Mund-zu-Mund-Propaganda noch einmal kräftig zulegen könnten, einen seiner lukrativsten Ausspielkanäle. Nicht etwa, weil der Film jetzt schon gefloppt wäre, sondern weil das IMAX-Fenster schlichtweg zugegangen ist. Abgelaufen.
Blockiert durch den nächsten Blockbuster.
Wenn Studios vom «weltweiten Einspielergebnis» sprechen, klingt das oft, als wäre es eine einzige grosse Zahl – eine Art globales Kassenbarometer. In Wahrheit aber setzt sich diese Zahl aus zwei Teilen zusammen: dem US-Markt (auch domestic genannt) und allen anderen Ländern (international).
Genau hier wird’s interessant. Denn für fast jeden Blockbuster ist das internationale Geschäft entscheidend. Die meisten grossen Hollywoodfilme erzielen rund 60 Prozent ihrer Einnahmen ausserhalb der USA – und nur 40 Prozent im Heimmarkt. Ganz einfach, weil der Rest der Welt nun mal grösser ist als Nordamerika.
Bestes Beispiel: «Jurassic World: Rebirth». Trotz vermeintlicher Franchise-Müdigkeit hat der Film weltweit bereits über 660 Millionen Dollar eingespielt. Knapp 60 Prozent davon kamen aus dem Ausland. Und «Superman»? Der macht es genau umgekehrt. Stand jetzt hat der Film rund 430 Millionen Dollar weltweit eingespielt:
Auch hier liegt das Verhältnis bei 60 zu 40 – nur eben in die falsche Richtung. «Superman» funktioniert in den USA, aber international bleibt er deutlich hinter den Erwartungen zurück. Also genau anders als bei «Jurassic World: Rebirth», wo der Löwenanteil aus dem Ausland kommt. Das ist mehr als nur ein Schönheitsfehler. Denn es sind gerade die internationalen Märkte – Europa, Lateinamerika, Asien –, die darüber entscheiden, ob ein Film nur ein solider Erfolg bleibt oder zum globalen Hit wird.
Warum «Superman» dort nicht zieht, ist schwer zu sagen. Vielleicht, weil der Film ausserhalb der USA weniger euphorisch aufgenommen wurde. Vielleicht, weil die Figur selbst – so ikonisch sie im amerikanischen Kulturraum ist – international nie denselben Status hatte wie etwa Batman oder Spider-Man. Oder vielleicht einfach, weil der Film nicht gut genug ist. In vielen internationalen Reviews, auch in meiner, fällt das Echo deutlich nüchterner aus als im amerikanischen Hype.
Was auch immer der Grund sein mag, die Folgen sind klar: Ohne starke internationale Performance wird «Superman» kaum jene Erfolgsgeschichte, die DC dringend bräuchte, um den Reboot eines ganzen Franchises zu rechtfertigen.
Wird «Superman» am Ende ein Verlustgeschäft für Warner Bros. sein? Wahrscheinlich nicht. Der Film läuft noch im Kino. Ein paar Dutzend Millionen werden sicher zum globalen Einspielergebnis dazukommen, die 500- oder gar 600-Millionen-Marke dürfte wohl geknackt werden. Mit ein bisschen Goodwill könnte man also sagen: Immerhin kein Minus.
Aber wenn ein Film mit dem Titel «Superman» am Ende gerade so an der Gewinnzone kratzt, dann ist das kein Grund zum Feiern. Denn hier ging es nicht nur um irgendeinen Film. Es ging um den Startschuss für ein neues DC-Universum. Für den Reboot eines ganzen Franchises, das alles besser machen sollte als die chaotischen Jahre davor.
James Gunn selbst gibt sich gelassen. In einem Interview mit GQ wies er die Erwartung, sein Film müsse gar 700 Millionen Dollar einspielen, um kein Verlustgeschäft zu sein, zurück: «Das ist kompletter Unsinn», sagte er. «Der Film muss nicht annähernd so erfolgreich sein, wie viele behaupten.»
Klingt entschlossen. Oder vielleicht doch eher nach Schadensbegrenzung. Denn ganz ehrlich: Ein «Superman»-Film, der nicht als grosser Wurf geplant ist? Das passt so gar nicht zu Gunns sonst so selbstbewusster Rhetorik.
Noch vor Kurzem hatte er öffentlich über das Marvel-Universum gespottet, dass er die ganze Mythologie rund um die Infinity-Steine in «zwei Sekunden runtergeschrieben» hätte – ein klarer Seitenhieb Richtung MCU, das sich zuletzt schwerer tat, an frühere Erfolge anzuknüpfen.
Genau das hätte «Superman» nun ausnutzen sollen. Ein Signal setzen. Den Ton angeben. Stattdessen kratzt der Film an der Gewinnzone, während andere, vermeintlich kleinere und «woke» Filme deutlich mehr einspielen, ohne dass auch nur annähernd ähnlich grosse Schlagzeilen entstehen.
Über eine Milliarde Dollar, um genau zu sein.
Ja, es wird Spin-offs geben. Serien zu den Green Lantern, Supergirl oder Jimmy Olsen sind bereits angedacht. Aber so richtig souverän wirkt dieser Auftakt nicht. Und es bleibt der Eindruck: Wenn selbst Superman nicht reicht, wird’s verdammt schwer, dieses neue DC-Universum wirklich in die Höhe zu ziehen.
Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.»