Hintergrund

Windows-Games auf Mac – klappt das jetzt?

Mit Apples neuem Game Porting Toolkit lassen sich PC-Games unter MacOS starten. Ich probiere aus, wie gut das funktioniert und ob ich meine Windows-Kiste einmotten kann.

Windows-Games auf Macs mit Apple Silicon Chips, das geht nur auf Umwegen. Mit dem Game Porting Toolkit bietet Apple nun selber eine Möglichkeit, sogar aktuelle DirectX-12-Spiele auf Mac zu starten. Eigentlich ist das Tool für Softwarestudios gedacht. Es soll helfen, Games für Mac zu portieren.

Mittlerweile habe ich für Games deshalb eine Windows-Kiste. Geht nicht anders. Ein einziger Mac für alles wäre mir aber lieber. Ist das mit einer Zweckentfremdung des neuen Game Porting Toolkit möglich? Ich probiere es aus.

Was macht das Game Porting Toolkit?

Apples neues Toolkit ist ein Übersetzungsprogramm. Es funktioniert ähnlich wie Proton auf dem Steam Deck, mit einer Version von Wine – ein Open Source Kompatibilitätslayer. Das brachte Apple einiges an Kritik ein, da die Kalifornier nicht gerade für Beiträge an die Open Source Community bekannt sind. Das Game Porting Toolkit kann auf drei Ebenen gleichzeitig übersetzen:

  • Von x86 auf Arm
  • Von Windows auf MacOS
  • Von DirectX 12 auf Apples Metal 3

Es geschieht also jede Menge Arbeit im Hintergrund, wenn du über das Toolkit ein aktuelles Windows-Spiel startest. Entsprechend musst du mit Einbussen bei der Performance rechnen. Da mein M1 Max Chip aber ziemlich viel Leistung hat, hoffe ich trotzdem auf vernünftige Framerates.

Installation: Nicht für Laien wie mich gedacht

Apples Software finde ich in der Regel leicht durchschaubar. Das gilt nicht für das Game Porting Toolkit, was daran liegt, dass es nicht für Programmier-Laien wie mich gedacht ist. Mit verschiedenen Anleitungen auf Reddit schaffe ich es trotzdem.

Folgende Schritte sind nötig, wenn du es selber probieren willst:

1. MacOS aktualisieren und Backup erstellen

2. MacOS Sonoma Beta installieren

3. Game Porting Toolkit und Xcode installieren

WINEPREFIX=~/my-game-prefix brew --prefix game-porting-toolkit/bin/wine64 reg add 'HKEY_LOCAL_MACHINE\Software\Microsoft\Windows NT\CurrentVersion' /v CurrentBuild /t REG_SZ /d 19042 /f

WINEPREFIX=~/my-game-prefix brew --prefix game-porting-toolkit/bin/wine64 reg add 'HKEY_LOCAL_MACHINE\Software\Microsoft\Windows NT\CurrentVersion' /v CurrentBuildNumber /t REG_SZ /d 19042 /f

WINEPREFIX=~/my-game-prefix brew --prefix game-porting-toolkit/bin/wineserver -k

4. Games installieren und öffnen

  • Jetzt kannst du Game-Installer für Windows herunterladen. Zum Beispiel Steam, BattleNet oder Ubisoft Connect. Wenn du bei Punkt 3 Apples Anleitung gefolgt bist, kannst du sie im «Download»-Ordner lassen.
  • Mit folgender Command-Zeile führst du die Installer aus. Dieses Beispiel funktioniert für den Steam-Installer, für andere musst du den Namen der exe-Datei im Code anpassen:

/Volumes/Game\ Porting\ Toolkit-1.0/gameportingtoolkit ~/my-game-prefix "C:\users\crossover\Downloads\SteamSetup.exe"

  • Um ein Game zu starten benutzt du folgenden Befehl. Den Pfad und die exe-Datei musst du für dein Game anpassen:

gameportingtoolkit-no-hud ~/my-game-prefix 'C:\Program Files\MyGame\MyGame.exe'

  • In Apples Read-Me-Datei unter «Launch your game» findest du weitere Terminal-Befehle. Damit kannst du dein Game zum Beispiel mit einer Performance-Anzeige starten.

Vielversprechender Start: «Diablo IV»

Zuerst probiere ich, ob das neue «Diablo IV» funktioniert. Das fände ich besonders toll. Tatsächlich: Es geht. Der BattleNet-Launcher und das Spiel lassen sich über den Terminal-Befehl problemlos starten.

Doch wie gut läuft das Spiel? Ich teste das Game Porting Toolkit mit einem letztjährigen MacBook Pro mit M1 Max Chip. Er hat 10 CPU Cores, 32 GPU Cores und 32 Gigabyte Unified Memory. Innerhalb des aktuellen Mac-Lineups ist das Gerät obere Mittelklasse.

Auf 1440p-Auflösung kommt «Diablo IV» mit mittleren Details auf etwa 50 Bilder pro Sekunde (FPS). Das sind keine grafischen Höhenflüge, aber das Game ist flüssig spielbar. Ich bemerke auch keine Einbrüche bei vielen Lichteffekten und keine Bugs im Gameplay. Einziger Wermutstropfen ist ein kleiner Input-Lag. Für ein aktuelles Spiel mitsamt den nötigen Übersetzungsebenen finde ich dieses Ergebnis erstaunlich gut.

Nichts zu machen: «Anno», «AoE», «RDR»

Überraschung: «Cyberpunk 2077»

Als ich Anfangs mit einem M1 Pro MacBook Pro teste, habe ich ausserdem grafische Artefakte in Form von fehlenden Texturen, die als schwarze Flächen angezeigt werden. Das Problem verschwindet nach kurzer Zeit, tritt aber zwischendurch immer wieder auf.

Laut diversen Berichten auf Reddit stemmt das Game Porting Toolkit noch weitere grosse Titel. Etwa «Hogwarts Legacy» oder «Elden Ring». Da ich diese Games nicht besitze, kann ich das nicht selber testen. Ich empfehle dir stattdessen die Videos von YouTuber Andrew Tsai, der seinen ganzen Kanal Gaming auf Mac widmet:

Fazit: Meine Gaming-Kiste bleibt

Die positiven Überraschungen sind schön, mein Fazit zum Game Porting Toolkit ist trotzdem durchzogen. Schon die Installation ist alles andere als einfach – woraus ich Apple auch keinen Strick drehen will. Schliesslich ist das Tool nicht für mich als Laie gedacht. Im Alltag hätte ich trotz meines Verständnisses keine Lust, Spiele jedes Mal mit Terminal-Kommandos zu installieren und zu starten.

Trotzdem finde ich es beachtlich, dass Apple quasi nebenbei ein Toolkit bereitstellt, mit dem mal eben «Cyberpunk 2077» auf Mac funktioniert. Es zeigt, was möglich wäre, wenn die Studios ihre Spiele tatsächlich portieren würden. Ob sie diesen Aufwand in Zukunft vermehrt betreiben, ist fraglich – die Schnittmenge von Mac-Usern und Gamern wie mir bleibt klein. Doch die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

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Mein Fingerabdruck verändert sich regelmässig so stark, dass mein MacBook ihn nicht mehr erkennt. Der Grund: Wenn ich nicht gerade vor einem Bildschirm oder hinter einer Kamera hänge, dann an meinen Fingerspitzen in einer Felswand.


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