Hintergrund

Der Apple M5 auf dem Prüfstand

Der neue Chip im günstigsten MacBook Pro ist gut. So gut, dass sich für viele Anwendungen immer mehr die Frage stellt, wozu es überhaupt noch teurere Versionen braucht.

Überraschend leise stellte Apple Mitte September den ersten Chip der M5-Generation vor. Ohne Keynote oder Werbevideos. Der Grund für die Bescheidenheit dürfte sein, dass der M5 zunächst in drei relativ nischigen Produkten zum Einsatz kommt: Vision Pro, iPad Pro und die Basisversion des 14 Zoll grossen MacBook Pro. Ich teste den Chip in letzterem.

An der Architektur hat sich gegenüber dem M4 fast nichts geändert, wobei der M5 in TSMCs neuestem 3-Nanometer-Verfahren (N3P) hergestellt wird. Allein dadurch schafft Apple innerhalb eines Jahres einmal mehr einen Leistungssprung, der früher eine Sensation gewesen wäre. Der Chip hat deshalb durchaus etwas Aufmerksamkeit verdient.

CPU: schnellste Performance-Cores aller Zeiten

Die CPU des M5 erreicht in meinen Benchmarks um 19 Prozent höhere Punktzahlen als der M4, wenn alle Kerne genutzt werden – ein bemerkenswerter Fortschritt innert Jahresfrist. Da die Anzahl Kerne gleich bleibt, kommt der Zuwachs von einer höheren Taktrate. Das zeigt sich auch in Single-Core-Benchmarks. Dort steigt die Leistung im Durchschnitt um 15 Prozent.

Um das auch in Relation zu anderen Herstellern zu setzen: Das sind die höchsten Single-Core-Punktzahlen aller Zeiten. In Cinebench R24 (vierte Folie in der Grafik oben) kommt der M5 auf einen Score von 199. Qualcomms Snapdragon X2 Elite Extreme schafft bloss 160 Punkte, Intels Core Ultra 9 285K erreicht 145 Punkte, AMDs Ryzen 9 9950X3D kommt auf 139 Punkte.

GPU: massive Fortschritte beim Raytracing

Noch grösser sind die Fortschritte bei der Grafikleistung. Hier lässt der M5 seinen Vorgänger in meinen Benchmarks im Mittel um 42 Prozent hinter sich. Besonders gross ist der Sprung in Cinebench R24 (dritte Folie in der Grafik unten). Vermutlich, weil dieser Benchmark Raytracing unterstützt und die dafür zuständige Engine im M5 ein Upgrade erhalten hat. Die Neural Engine kommt in Geekbench auf einen 19 Prozent höheren Score (letzte Folie).

In «Shadow of the Tomb Raider» (vierte Folie) liefert der neue Chip 47 Prozent mehr Bilder pro Sekunde (FPS) als der M4. Getestet habe ich auch das neu für Mac verfügbare «Cyberpunk 2077» – hier fehlen mir leider die Vergleichswerte vom M4 und ich habe zum Vergleich nur das M4 Max MacBook Pro zur Hand. Dieses erreicht bei 1600p-Auflösung, hohen Detaileinstellungen und ohne Raytracing 53 FPS. Der M5 kommt auf 20 FPS.

Das ist ein hervorragender Wert angesichts der Tatsache, dass der M4 Max viermal so viele GPU-Cores hat wie der Basis-Chip. Für spielbare FPS müsste ich mit dem M5 die Details reduzieren oder Upscaling aktivieren. Doch wenn der kommende M5 Max ähnliche Fortschritte macht, könnte er in Games näher zu Nvidia-GPUs aufschliessen.

Praxisanwendungen: nahe an früheren Pro-Chips

Bei KI-gestützten Tasks wie Lightrooms Rauschreduzierung (dritte Folie) kann der M5 gegenüber dem Vorgängerchip deutlich zulegen. Noch grösser ist der Fortschritt dank der besseren Unterstützung für Raytracing in Blender (vierte Folie). Und der Browser-Benchmark Speedometer 3.0 (fünfte Folie) profitiert von der rekordhohen Single-Core-Leistung.

Immer weniger Aufgaben brauchen teure Chips

Der M5 eröffnet keine neuen Möglichkeiten – schliesslich gibt es mit M4 Pro und M4 Max bereits Apple-Chips, die mehr Leistung bieten. Doch es wäre unfair, das neue SoC deshalb als unwichtig abzustempeln. Er treibt konsequent eine Entwicklung voran, die mit dem M1 begann: Die Leistung von Apples Chips steigt schneller als der Leistungshunger der Programme.

Mit anderen Worten: MacBooks werden günstiger. Denn du brauchst mit den gleichen Ansprüchen immer tiefere Chip-Versionen. Früher empfahl ich für Dinge wie Bildbearbeitung mindestens den Pro-Chip. Heute tut es in den meisten Fällen auch die Basisversion. Und wer Programme nutzt, bei denen das Motto «mehr ist mehr» gilt, bekommt mit jedem neuen Modell noch mehr Leistung zum gleichen Preis.

Ich bin gespannt auf M5 Pro und M5 Max. Bleibt Apple seiner Tradition treu, werden die teureren Chips die gleichen Kerne nutzen wie der Basis-M5 – bloss mehr davon. In Zeiten, in denen ein Grossteil der Rechenleistung auf Cloud-Server ausgelagert wird und das Portfolio an AAA-Games für Mac klein bleibt, stellt sich allerdings die Frage: Wie viele Leute brauchen überhaupt noch mehr als den M5?

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Mein Fingerabdruck verändert sich regelmässig so stark, dass mein MacBook ihn nicht mehr erkennt. Der Grund: Wenn ich nicht gerade vor einem Bildschirm oder hinter einer Kamera hänge, dann an meinen Fingerspitzen in einer Felswand.


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