Kritik

«The Marvels»: Gar nicht so übel, wie alle sagen

Luca Fontana
8.11.2023

Eigentlich habe ich den nächsten grossen Marvel-Flop befürchtet. Aber dann entpuppt sich «The Marvels» nicht nur als einer der besseren Marvel-Streifen der letzten Jahre – sondern auch als der kürzeste!

Eines vorweg: In diesem Review gibt’s keine Spoiler. Du liest nur Infos, die aus den bereits veröffentlichten Trailern bekannt sind.


Aber weisst du was? «The Marvels» ist gar nicht mal so übel. Und schon gar nicht die von Fans befürchtete Shitshow. Im Gegenteil.

Darum geht’s in «The Marvels»

Es passieren gerade seltsame Dinge im Universum. Da öffnen sich zum Beispiel Wurmlöcher für die intergalaktische Weltraum-Reise, ohne sich danach wieder zu verschliessen. Eines davon direkt neben der Erde. Und als Nick Fury (Samuel L. Jackson) zusammen mit der S.A.B.E.R.-Astronautin Monica Rambeau das Phänomen untersuchen will, wird’s noch verrückter: Rambeau verschwindet, und an ihrer Stelle tritt plötzlich ein junges Mädchen aus New Jersey: Kamala Khan.

Aber damit nicht genug: Als Carol Danvers aka Captain Marvel die andere Seite des Wurmlochs untersuchen soll, wird auch sie wegteleportiert – in Kamala Khans Schlafzimmer! Und dort, wo Danvers vorher noch war, erscheint jetzt plötzlich Rambeau. Rasch wird klar: Die drei haben ungewollt ihre Plätze getauscht.

Was es damit auf sich hat, weiss niemand. Klar ist nur, dass irgendeine Verbindung zwischen ihren Kräften entstanden ist. Und dass die Urheberin der unverschlossenen Wurmlöcher eine gewisse Dar-Benn (Zawe Ashton) ist, die neue Anführerin der Kree. Sie hat nämlich noch eine offene Rechnung mit Captain Marvel. Schliesslich vernichtete die Heldin die Supreme Intelligence der Kree – und fügte dem einst glorreichen Kree-Imperium damit grossen Schaden zu.

Frisch und putzmunter inszeniert – Kompliment, Marvel

Ich habe wirklich nichts erwartet. Das erwähnte ich ja bereits. Aber vielleicht wurde ich gerade deshalb umso positiver von «The Marvels» überrascht. Denn der Film ist einfach viel zu kurzweilig und knackig inszeniert, um ihn schlechtzureden. Gerade die Action-Szenen gehören zum Erfrischendsten, was Marvel in letzter Zeit produziert hat – und ich machte mir nach den ersten Trailern noch Sorgen.

Ich meine: Da sind die drei Heldinnen, die jedes Mal, wenn sie ihre Kräfte gleichzeitig nutzen, unkontrolliert die Plätze tauschen. Mir schwante schon das inszenatorische Chaos, in dem in wilder «Jason Bourne»-Manier zwischen Danvers, Khan und Rambeau hin- und hergeschnitten wird, bis mir als Zuschauer der Kopf raucht. Gedanklich war ich schon sowas von bereit, den Film dafür mit einem niederschmetternden «ermüdend» abzustrafen.

Aber Regisseurin Nia DaCosta belehrt mich eines Besseren. Schau dir diesen 1-Minuten-Clip an, der es irgendwie schafft, die geniale Bus-Szene aus «Shang-Chi» mit ihrem eigenen Touch zu rezitieren, ohne ihn bloss zu kopieren:

Charakterarbeit? Ja, ein bisschen

Bei all dieser inszenatorischen Abwechslung ist es schwierig, Langeweile zu haben. Das liegt auch an der Laufzeit. Nur 100 Minuten dauert der Film – so kurz war noch kein Superhelden-Streifen von Marvel. Das macht ihn fast schon zwangsweise kurzweilig. Manchmal auch auf Kosten der Charaktere. Aber nicht so schlimm, wie ich befürchtete.

Carol Danvers etwa ist viel sympathischer und nahbarer als noch in «Captain Marvel». Dort gab sie sich noch als selbstbewusste Powerfrau ohne jegliche charakterlichen Schwächen. Ein Übermensch, zu perfekt und unkorrumpiert, um wahr zu sein. In «The Marvels» wird dieser Beinahe-Legenden-Status etwas aufgebrochen. Kurz. Aber genug, damit ich mich besser mit ihr identifizieren kann.

Fazit: Ich bin mit «The Marvels» glücklicher als erwartet

Wer hätte es gedacht? «The Marvels» ist tatsächlich nicht der schlimmste Film der Marvel-Historie geworden. Da gibt’s ganz andere Kaliber, die diesen Titel mehr verdient hätten. Und sie alle stammen aus Phase 4 des Marvel Cinematic Universe.

Aber bis dahin vergeht die Zeit im Nu. Ganz ohne das Gefühl, besagte Zeit zu verschwenden, die ich niemals wieder zurückbekommen werde. Und es muss ja auch nicht jeder Marvel-Film so erschütternd sein wie eben «Guardians 3». Ein bisschen Spass für zwischendurch, der mich trotzdem nicht für dumm verkauft, tut auch mal gut.

Ich bin zufrieden.


«The Marvels» läuft ab dem 8. November 2023 im Kino. Laufzeit: 100 Minuten. Freigegeben ab 12 Jahren.

Titelfoto: Disney // Marvel Studios

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Ich schreibe über Technik, als wäre sie Kino, und über Filme, als wären sie Realität. Zwischen Bits und Blockbustern suche ich die Geschichten, die Emotionen wecken, nicht nur Klicks. Und ja – manchmal höre ich Filmmusik lauter, als mir guttut.


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