Meinung

Marvel-Bashing: Ist Phase Vier wirklich so schlecht?

Luca Fontana
18.4.2023

Das einst so gefeierte cineastische Marvel-Universum gerät seit «Endgame» mit fast jedem neuen Release in die Kritik – zu Recht. Aber war wirklich alles so schlecht? Lasst uns im Rückblick zu Phase Vier Advocatus Diaboli spielen.

Ich will es ihm gleichtun. Zur Abwechslung.

WandaVision: Ein vielversprechender Start

Wow.

Da war sie noch da, die Ernsthaftigkeit und Gravitas von Marvel-Geschichten und ihren Charakteren, die ich mit fortschreitender Phase Vier immer mehr vermisse. Nicht aber in «WandaVision». Hier gibt’s die bewegenden Momente noch, die mir beim Schauen die Kehle zuschnüren. «What is grief if not love persevering» etwa könnte eine der besten Zeilen sein, die je für ein Marvel-Drehbuch geschrieben worden sind.

Falcon and the Winter Soldier: Der Super-Patriot dreht durch

Ein Bild des Grauens.

Loki: Ein Trickster kommt selten allein

Wait, what?

Was die Serie «Loki» für mich am positivsten von Marvels Phase-Vier-Projekten abhebt, ist ihr Finale: Statt zum besagten Endkampf mit zu vielen Computereffekten kommt es zu einem überraschend antiklimaktischen Kammerspiel mit «He Who Remains». Der Clou: Dessen Ausgang entpuppt sich fürs MCU als viel einschneidender, als es jede seelenlose CGI-Schlacht hätte sein können. Vor allem, weil es die nächste grosse Avengers-Bedrohung einführt: Kang the Conqueror.

Shang-Chi: Jackie Chan meets Marvel

Serien-technisch machte Marvel anfangs wenig falsch. «WandaVision» und «Falcon and The Winter Soldier» gaben Figuren, die in den Kinofilmen nur wenig Raum zur Entfaltung genossen, Tiefe und Charakter. Sie setzten sich mit den Nachwirkungen von «Endgame» auseinander und beschworen neue Konflikte – in «Loki» gar multiversale Konflikte. Auch im Kino gab’s einen Film, der mich auf Anhieb begeisterte: «Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings».

Herrlich.

Moon Knight: Der Verteidiger der Nachtwandelnden

Zum Schluss mein heimlicher Favorit in Phase Vier: «Moon Knight». Wieso? Weil sich die Serie nur selten an die Marvel-Formel hält. Angetrieben wird sie von einem genialen erzählerischen Kniff: Stell dir vor, du bist ein ganz normaler Mensch, mit einem ganz normalen Leben, bis du eines Tages herausfindest, dass du noch eine zweite, dir selber gänzlich unbekannte Persönlichkeit hast – und die ist ein Superheld.

Im Mittelpunkt steht Steven Grant. Schlafstörungen plagen ihn jede Nacht. Am Arbeitsplatz in London wird er gemobbt. Niemand nimmt ihn ernst. Und ständig wird er auf Dinge angesprochen, von denen er keinen blassen Schimmer hat. Als ob sie jemand anderes erlebt hätte… Bis er eines Tages mit einem ausgerenkten Kiefer und blutigen Händen aufwacht – auf irgendeinem Feld in irgendeinem ihm wildfremden Land.

Marvel kann es ja – sie haben’s nur vergessen

Ich hoffe, dass sich Marvel dessen bald wieder bewusst wird.

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Ich schreibe über Technik, als wäre sie Kino, und über Filme, als wären sie Realität. Zwischen Bits und Blockbustern suche ich die Geschichten, die Emotionen wecken, nicht nur Klicks. Und ja – manchmal höre ich Filmmusik lauter, als mir guttut.


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