Hintergrund

Von «Pong» zu «Cyberpunk 2077»: die Evolution von Game-Grafik

Zwischen dem schwarzweissen Tennis-Spiel «Pong» und dem neonfarben Sci-Fi-Blockbuster «Cyberpunk 2077» liegt ein halbes Jahrhundert. Zahlreiche Meilensteine haben in dieser Zeit die Game-Grafik massgeblich geprägt.

«Pong» ist streng genommen nicht das erste Videospiel. Diese Ehre gebührt «Tennis for Two». US-Physiker William Higinbotham, der die Atombombe mitentwickelt hat, wandelte 1958 ein Oszilloskop in ein interaktives Spiel um. «Pong» erschien erst 14 Jahre später, legte jedoch den Grundstein für eine rasant wachsende Spieleindustrie.

Super Nintendo vs. Sega Mega Drive: Fette Beute dank Konsolenkrieg

Den nächsten grossen Grafik-Sprung ermöglichen die 16-Bit-Konsolen Super Nintendo und Sega Mega Drive. Die beiden japanischen Unternehmen liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Vorherrschaft im Konsolenmarkt. Das schlägt sich in vielen bemerkenswerten Spielen nieder.

«Doom» ballert sich in den Spieleolymp

In einer Zeit der Point-and-Click-Adventures und Jump’n’Run-Spiele erscheint ein Game, das alles andere in den Schatten stellt. «Doom» ist schnell, düster und blutig. Aus der Ich-Perspektive rennst du als Space Marine durch dunkle Korridore voll höllischer Kreaturen, die du mit deiner Schrotflinte zu Brei verwandelst. Untermalt wird das Ganze von einem wuchtigen Metal-Soundtrack.

Für die unheimliche Stimmung in «Doom» sorgt besonders die Beleuchtung. Das Spiel berechnet den Lichtlevel eines Bereichs mithilfe eines vordefinierten Helligkeitswerts. Daraus entsteht eine Farbpalette, die gewisse Abschnitte dunkler und heller wirken lässt. Auch nah und weit entfernte Oberflächen erhalten so unterschiedliche Helligkeiten.

«Doom» markiert einen Wendepunkt im Bereich der PC-Spiele. Egoshooter sind fortan das dominierende Genre. Und id software zementiert seinen Ruf als Studio, das Spiele mit herausragender Grafik produziert.

In diesem futuristischen Rennspiel rast du zu Tracks wie Prodigys «No God» über die Rennstrecke. Das Highlight ist jedoch «Firestarter», ebenfalls von The Prodigy. Zu hören ist er im Nachfolger «Wipeout 2097». Kein Track hat jemals besser zu einem Spiel gepasst.

Auch visuell hebt sich «Wipeout» aus der Masse empor. Es beginnt bei den ikonischen Raumschiffen mit verheissungsvollen Namen wie «Piranha». Inspiriert hat sich das Studio bei «Matrix Marauders», einem Titel für Amiga und Atari ST.

Die Bullet-Time-Effekte in «Max Payne» sind etwas, das die Spielwelt 2001 noch nie gesehen hat. Wie die Kamera Patronen folgt, während sie langsam aber tödlich auf ihr Ziel zusteuern, ist schlichtweg bahnbrechend.

Mit der Brechstange zum Legendenstatus: «Half-Life 2»

Weder der verpasste, gross angekündigte Release-Termin am 30. September 2003 noch der gestohlene Sourcecode durch einen deutschen Hacker können den Erfolg von «Half-Life 2» bremsen. Gordon Freemans Kampf gegen die unheimlichen Combine-Aliens glänzt durch packende Action, intelligentes Gegnerdesign und eine Engine mit sehr alten Wurzeln.

«But can it run Crysis?»

Der Hardwarehunger von Cryteks Egoshooter ist so legendär, dass er zum Meme verkommt. «Crysis» bietet eine Grafikpracht, wie man sie nur vom Sprung auf eine neue Konsole kennt. Als Supersoldat mit einem Spezialanzug, der dich unsichtbar macht oder dich auf Häuser springen lässt, landest du auf einer tropischen Insel. Dort untersuchst du merkwürdige Vorkommnisse, die sich als Alieninvasion herausstellen.

«Crysis» spielt sich wie ein packender Actionfilm. In der Hauptrolle: die Grafik. Das fängt bei den Kameraden an, deren Gesichter das allererste sind, das du zu sehen bekommst. Und zwar so richtig nah. Und meine Güte, sehen die fantastisch aus. Zu verdanken sind sie dem geschickten Einsatz von Shadern und einer Heatmap für das Gesicht, die bestimmt, wo das Licht hinfällt. Sogar Poren und feine Grübchen sind zu erkennen. «Crysis» ist der Konkurrenz Jahre voraus.

Das Staunen geht nach dem Absprung aus dem Flugzeug weiter. Du fliegst durch flauschige Wolken und landest anschliessend im Meer, auf welchem sich das Mondlicht spiegelt. Beim Erkunden des dichtbewaldeten Dschungels musst du aufpassen, dass du vor lauter Staunen über die plastischen Palmenblätter und das hohe Gras nicht in einen Gegner stolperst.

Die Cryengine liefert hochaufgelöste Texturen, die sogar Fahrzeugspuren im Boden detailliert darstellen kann. Es gibt steinige Böden, die plastisch sind und nicht einfach zweidimensionale Texturen. Und natürlich gibt es spektakuläre Explosionen, wenn Fässer in die Luft fliegen oder du mit dem Panzer in den Kampf ziehst.

Ein Grund, warum auch Jahre später PCs mit «Crysis» zu kämpfen haben: Crytek spekuliert bei der Entwicklung darauf, dass der CPU-Takt weiterhin riesige Sprünge macht. 8-GHz-Pentiums bleiben aber Wunschdenken. Stattdessen geht die Entwicklung in Richtung mehr Kerne und mehr Threads. Nur die nützen der zugrunde liegenden Cryengine wenig. Und so wird das Meme «But can it run Crysis?» lange nach Ablaufdatum noch die Runde machen.

Ein Spiel wie ein Film: «Uncharted 2»

Auch Konsolen wissen zu protzen und niemand macht das 2009 besser als «Uncharted 2». Kniehoher Schnee, der detaillierte Spuren hinterlässt, Höhlen, die von magischem blauen Fackellicht erleuchtet werden oder malerische Bergdörfer vor den Kulissen des Himalayas.

Die Zugszene ist nur der Auftakt zu einer visuell fantastischen Reise rund um den Globus, in einer Pracht und Detailvielfalt, wie du sie noch nicht erlebt hast.

Die Engine ermöglicht zudem ein dynamisches Kamerasystem, das herauszoomt, um epische Kämpfe in ihrer ganzen Pracht zu zeigen oder mit Nahaufnahmen Dialoge persönlicher macht.

Apropos Dialoge: Die Gesichts- und Körperanimationen sowie das Haardesign kosten alleine fast 30 Prozent Leistung. Dafür stehen sie ausser Konkurrenz zu anderen Openworld-Spielen. Die Schauspieler und Schauspielerinnen, die dafür Pate stehen, können sich richtig reinknien und das nicht nur bei akrobatischen Liebesszenen auf ausgestopften Einhörnern.

Das dialoglastige Spiel glänzt auch bei den Gesichtsanimationen. Dabei arbeiten verschiedene Techniken in perfekter Symbiose miteinander. Sub Surface Scattering simuliert Licht bei halbtransparenten Oberflächen wie Bärten. Realistische Hautbeleuchtung und Gesichtsmimik sorgen dafür, dass Emotionen klar lesbar sind. Und die detaillierte Kleidung setzt dem ganzen den Hut auf.

Genau wie bei «The Witcher 3» ist die Kamera in Unterhaltungen dynamisch und verleiht den Emotionen der Figuren zusätzlich Ausdruck. Der Detailreichtum der Welt von den staubigen Badlands mit rostigen Solarfeldern, über das schrille Japan Town bis hin zum Sperrgebiet Dogtown ist kaum zu überbieten. Damit stellt das futuristische Openworld-Spektakel die aktuelle Referenz, wie gut Spiele aussehen können.

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Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken. 


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