Florian Bodoky
Hintergrund

Social Media: So will der Bundesrat die Plattformen regulieren

Florian Bodoky
31.10.2025

Ein neues Gesetz soll Social-Media-Giganten wie TikTok und Co. stärker in die Pflicht nehmen und Schweizer Nutzer und Nutzerinnen besser schützen.

Wenn du auf Instagram beleidigt wirst, auf TikTok Hasskommentare liest oder auf YouTube in die nächste Schwurbel-Schleife gerätst, sollst du künftig einfacher dagegen vorgehen können. Der Bundesrat hat diese Woche ein neues Gesetz vorgestellt, das die Social-Media-Plattformen stärker in die Pflicht nimmt.

Das geplante «Bundesgesetz über Kommunikationsplattformen und Suchmaschinen» (KomPG) richtet sich an die Giganten der Branche – also an Meta mit Facebook und Instagram, an Google mit YouTube, an TikTok und an X . Ziel ist, dass diese Plattformen sich klarer an Schweizer Regeln halten und dir mehr Rechte geben, wenn du von problematischen Inhalten betroffen bist.

Was heisst das in der Praxis?

Das KomPG lässt sich für private Nutzerinnen und Nutzer in drei Punkte aufteilen:

  1. Meldemöglichkeit: Künftig sollst du auf jeder grossen Plattform ein einfaches Formular finden, mit dem du Hassrede, Diskriminierung oder Falschinformationen melden kannst. Du klickst auf «melden», beschreibst kurz den Fall – und das Unternehmen muss reagieren. Es darf deine Meldung nicht einfach ignorieren. Die Plattform muss prüfen, ob der Beitrag gegen Schweizer Recht verstösst und dir mitteilen, was sie unternimmt. Wenn du mit der Antwort unzufrieden bist, kannst du dich an eine Beschwerdestelle wenden, die den Fall nochmals anschaut.
  1. Werbetransparenz: Auch bei Werbung soll es mehr Durchblick geben. Wenn du auf Facebook plötzlich politische Anzeigen oder fragwürdige Produkte siehst, kannst du künftig im Werbearchiv nachschauen, wer dahintersteckt. Die Plattformen müssen offenlegen, wer bezahlt, an wen die Werbung gerichtet ist und welche Zielgruppen angesprochen werden. So kannst du besser nachvollziehen, warum du bestimmte Inhalte siehst – und wer versucht, dich zu beeinflussen.
  1. Transparenz beim Algorithmus: Der Entwurf verlangt, dass grosse Plattformen erklären, wie ihre Empfehlungsalgorithmen funktionieren. Forschende und Behörden sollen Zugriff auf anonymisierte Daten erhalten, um zu prüfen, ob diese Systeme bestimmte Gruppen benachteiligen oder politische Inhalte bevorzugen. Wenn du also das Gefühl hast, dein Feed zeigt dir immer mehr extremere Inhalte, soll das künftig überprüfbar sein.

Das Gesetz gilt nur für sehr grosse Plattformen – jene, die monatlich mindestens zehn Prozent der Schweizer Bevölkerung erreichen, also rund 900'000 Menschen. Damit trifft es vor allem internationale Konzerne, nicht kleinere Schweizer Anbieter. Dienste wie WhatsApp oder Telegram fallen nicht darunter, weil sie vor allem für private Chats genutzt werden.

Kritische Stimmen werfen dem Bundesrat und UVEK-Vorsteher Albert Rösti vor, das Thema auf die lange Bank geschoben zuhaben.
Kritische Stimmen werfen dem Bundesrat und UVEK-Vorsteher Albert Rösti vor, das Thema auf die lange Bank geschoben zuhaben.
Quelle: admin.ch

Damit die Regeln auch gegenüber ausländischen Firmen durchgesetzt werden können, müssen die betroffenen Anbieter eine rechtliche Vertretung in der Schweiz benennen. Wenn du also eine Beschwerde einreichst oder ein Verfahren läuft, soll es künftig eine konkrete Stelle im Land geben, die verantwortlich ist – nicht bloss ein Kontaktformular irgendwo im Ausland. Nebst einer Reihe von Massnahmen bei Nichteinhaltung behält sich das BAKOM gar vor, den Zugang zu einer Plattform einschränken lassen zu können. Ob dies nach der Vernehmlassung so beibehalten wird, steht allerdings noch in den Sternen.

Kritische Stimmen monieren: Spät und unvollständig

Generative KI berücksichtigt das Gesetz nicht. ChatGPT, Gemini und Co. fallen nicht unter die geplanten Vorschriften. Auch ein Instrument, um bei Falschinformation schnell einzugreifen, gibt es nicht. Der Bundesrat gibt an, er wolle sich zunächst auf Transparenz und den Schutz der Nutzer konzentrieren. Ebenfalls wird kritisiert, dass die Regierung die Angelegenheit mehrfach verschoben hat und etwa der EU um fast zwei Jahre hinterherhinkt.

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Wie geht es weiter?

Der Gesetzesentwurf liegt nun in der Vernehmlassung. Parteien, Verbände und Fachorganisationen können bis zum 16. Februar 2026 ihre Meinung dazu abgeben. Bis das Gesetz tatsächlich in Kraft tritt, wird es also noch dauern.

Titelbild: Florian Bodoky

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Seit ich herausgefunden habe, wie man bei der ISDN-Card beide Telefonkanäle für eine grössere Bandbreite aktivieren kann, bastle ich an digitalen Netzwerken herum. Seit ich sprechen kann, an analogen. Wahl-Winterthurer mit rotblauem Herzen.


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