«Skeleton Crew» / Disney / Lucasfilm
Kritik

«Skeleton Crew»: Eine Ode an die Kindheit

Luca Fontana
3.12.2024

Wer «Skeleton Crew» das Etikett von «Goonies im Weltall» aufdrückt, lügt nicht. Aber wer sagt, dass das was Schlechtes sein muss?

Eines vorweg: Die folgende Serienkritik basiert auf den ersten drei Folgen und enthält keine Spoiler. Ich verrate dir nicht mehr, als ohnehin schon bekannt und in den Trailern zu sehen ist.

Nun, was auch immer «Skeleton Crew» sein mag: «Lieblos» könnte nicht weiter von der Wahrheit entfernt sein. Denn die neue «Star Wars»-Serie ist eine gigantische, aufwändig produzierte Hommage an eine Zeit, in der wir selbst von grossen Abenteuern, riesigen Schätzen und einer Welt voller Wunder geträumt haben.

Darum geht’s in «Star Wars: Skeleton Crew»

Wenn etwas die Vorstellungskraft des jungen Wim (Ravi Cabot-Conyers) beflügelt, dann die fantastischen Geschichten über die heldenhaften Jedi, Hüterinnen und Hüter des Friedens in der Galaxis – und die nobelsten aller Kriegerinnen und Krieger der Galaktischen Republik. Wäre Wims Leben doch nur genauso aufregend!

Schön wär’s. Wim lebt auf dem wohl langweiligsten Planeten, den es gibt: At Attin. Hier machen Kinder brav ihre Hausaufgaben, während die Erwachsenen den ganzen Tag einem administrativen Job nachgehen. Das grösste Abenteuer, das man hier erleben kann, ist zu spät zur Schule zu kommen. Zumindest, bis Wim ausgerechnet dieses Missgeschick zufällig auf ein altes, verlassenes Raumschiff stossen lässt.

Als Wim und seine Freunde Neel (Robert Timothy Smith), Fern (Ryan Kiera Armstrong) und KB (Kyriana Kratter) das Raumschiff erforschen, setzen sie es zufällig in Gang – und landen einen Hyperraumsprung später mitten im Nirgendwo des Weltalls. Nur gut, stehen ihnen schon bald neue Weggefährten zur Seite, die ihnen helfen, zurück nach Hause zu finden. Es sei denn, sie verfolgen in Wahrheit ganz andere Ziele …

Von «Goonies» zu «Star Wars»: Die kreativen Köpfe hinter «Skeleton Crew»

Warum mich das Genre so fasziniert? Weil es mich direkt in meine Kindheit katapultiert – unbeschwert, einfach und voller Abenteuer und kindlicher Entdeckungsfreude. Genau diese Magie packt auch viele der talentiertesten Regisseure von heute.

John Watts und Chris Ford zum Beispiel, die kreativen Köpfe hinter «Skeleton Crew».

«Was soll ich für dich tun, ‹Skeleton Crew› produzieren?», fragte Favreau.

«Jep, Jon, genau das», antwortete Watts.

Bei so viel geballtem Talent kann eigentlich nichts schiefgehen. Und «Skeleton Crew» beweist das eindrucksvoll.

Nostalgie in der «verbrauchten Zukunft»

Und wenn die Abendsonne langsam hinter den Bäumen versank und die ersten Sterne am Himmel aufleuchteten, wussten wir, dass es Zeit war, nach Hause zu gehen. Nicht ein digitaler Alarm oder ein WhatsApp unserer Eltern, sondern das sanfte Klicken der sich einschaltenden Strassenlaternen rief uns in die Zivilisation zurück. «Skeleton Crew» lässt mich diese Emotionen erneut erleben.

Hach …

Mehr als nur «Kids on Bikes»: Eine Hommage an Piratenabenteuer

Sicher: «Skeleton Crew» richtet sich klar an Fans des «Kids on Bikes»-Genres. Disney und Jon Watts machen auch keinen Hehl daraus, dass die Serie – unabhängig vom Alter der Zuschauenden – genau diese eine Zielgruppe ansprechen soll. Das wurde auch kürzlich in einem interessanten Roundtable-Gespräch mit den Macherinnen und Machern der Serie deutlich:

Evil Corp Disney hin oder her: Wenn da kein Herzblut im Spiel ist, dann weiss ich auch nicht weiter.

Erstens dreht sich in beiden Geschichten alles um einen grossen Schatz – für die einen rein metaphorisch, für die anderen äusserst real und physisch, vergraben auf einem längst vergessenen Planeten.

Zweitens spielen Piraten in beiden Geschichten eine grosse Rolle. «Aaarrr, Käpt'n!», grollt der von Nick Frost gesprochene Droide SM 33 immer wieder mit starkem West Country Akzent, bei dem jedes «R» ausgiebig gerollt wird. Mit gebückter Haltung und quietschenden Gelenken schlurft er in Richtung Kombüse, als ob ein Droide tatsächlich ein Holzbein haben könnte, während eine ausserirdische Ratte mit funkelnden Augen hinter seiner Augenklappe hervorlugt.

Und drittens liebe ich, wie «Skeleton Crew» und «Treasure Planet» klassische Piratengeschichten in ein modernes, futuristisches Gewand kleiden. Jon Watts erzählt im Video oben sogar, dass ihn alte Piratenfilme aus den 1920ern und 1930ern inspiriert haben. Etwa, wenn eine auf ledrigem Pergament gezeichnete Sternenkarte studiert wird, als ob es sich um eine alte Seefahrtskarte handelt.

Herrlich!

Stimmt, für «Star Wars» ist das ungewohnt. Aber gerade diese Mischung macht die Serie so frisch und unverbraucht.

Ein Fest für die Augen und Ohren

Doch was mich besonders begeistert, sind die Sets und Kostüme von «Skeleton Crew». Manchmal fühle ich mich gar entfernt an Steven Spielbergs «Hook» erinnert. Besonders in der zweiten Folge, wenn die Kinder auf einer von Piraten bevölkerten Raumstation landen.

Die Kulisse dort ist riesig, das Set quirlig, voller exzentrischer Details und geradezu vor Gesindel und Verderbtheit strotzend. Dazu Kostüme und Requisiten, die die Szenerie perfekt abrunden: abgenutzt, schmutzig, aber voller Kreativität und Charakter. Es ist, als wäre die Piratenwelt für eine futuristische Welt neu erfunden worden.

Ach, ich komme ja gar nicht mehr aus dem Schwärmen heraus.

Fazit

Ein galaktisches Abenteuer voller Herz

«Skeleton Crew» ist nicht nur ein Abenteuer, das Nostalgie mit frischem Wind verbindet. Oder eben «Goonies im Weltall»: Die Serie schafft es, klassische Elemente des «Kids on Bikes»-Genres wie Freundschaft, Abenteuerlust und eine Prise Chaos ins «Star Wars»-Universum zu übertragen. Dabei glänzt sie mit liebevollen Details, atemberaubenden Kulissen und einem Soundtrack, der gleichzeitig nach vorne treibt und das Herz berührt – danke, Mick Giacchino!

Jon Watts und sein Team haben damit nicht einfach eine weitere «Star Wars»-Serie geschaffen, sondern eine Hommage an die kindliche Fantasie, die uns alle verbindet. Für mich ist «Skeleton Crew» ein warmes, herzliches «Willkommen zurück» in eine weit, weit entfernte Galaxis, die immer noch unendlich viel zu bieten hat. Zumindest in den ersten drei Episoden, die ich vorab schon sehen durfte. Wer bereit ist, sich darauf einzulassen, wird mit einer Reise voller Abenteuer, Witz und Emotionen belohnt.

Versprochen.

Titelbild: «Skeleton Crew» / Disney / Lucasfilm

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Ich schreibe über Technik, als wäre sie Kino, und über Filme, als wären sie Realität. Zwischen Bits und Blockbustern suche ich die Geschichten, die Emotionen wecken, nicht nur Klicks. Und ja – manchmal höre ich Filmmusik lauter, als mir guttut.


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