Produkttest

LG OLED GX Review: Über alle Zweifel erhaben

Luca Fontana
17.8.2020

LG zementiert seine OLED-Spitzenposition: Ja, der GX ist der beste Fernseher, den ich bisher getestet habe, nur – er ist auch ziemlich teuer.

Von vorne betrachtet nenne ich’s mal TV-Minimalismus. Also das Design, nicht das Bild. Bild-Minimalismus… ui. Majestätsbeleidigung. Das Bild des LG OLED GX ist nämlich über alle Zweifel erhaben. Und wenn ich designtechnisch von Minimalismus rede, dann meine ich das ebenfalls als Kompliment.

Das hat einen Grund: Da ist nur ein etwa halbes Zentimeter an schwarzem Rand. Wie gesagt: Minimalismus.

Zu Beginn gleich mein übliches Full Disclosure: Der Fernseher wurde mir von LG zur Verfügung gestellt. Die Wand, an die er hängt, auch. Die hat LG sogar für mein Wohnzimmer bauen lassen. Mit leuchtendem LG-Logo oben rechts. Sachen gibt's. Denn die G-Version der LG-OLED-Fernseher hat keinen Standfuss und lässt sich ausschiesslich an Wände montieren.

Falls du – so wie ich – dort, wo dein TV üblicherweise steht, keine Wand hast, dann empfehle ich dir die C-Version des Fernsehers. Da ist das exakt gleiche Panel mit der exakt gleichen Bildqualität verbaut. Einfach nur mit Standfuss und deutlich günstiger.

Update 27.8.2020: Wie mir LG mitteilt, kann der GX auch mit Standfüssen aufgestellt werden. Die müssen aber separat dazugekauft werden.

So. Jetzt, da das geklärt ist, der Test.

Design und Anschlüsse? Kann man so machen

Zurück zum Minimalismus. Der GX – das «X» wird als römische Zahl ausgesprochen – will nicht auffallen. Tut er mit seinem 0,5 Zentimeter dicken schwarzen Rahmen auch nicht. Ausser halt damit, dass der Fernseher so an der Wand aufgehängt tatsächlich verdammt schön aussieht.

Falls du dich fragst, was das für ein Balken unterhalb des TVs ist: Das ist die GX-Soundbar, die mir LG ebenfalls montiert hat. Sie ist so designt, dass sie perfekt zum Fernseher passt. Zumindest zur 65-Zoll-Variante des GX-TVs. Die GX-Soundbar gehört allerdings nicht zum Lieferumfang und muss separat dazugekauft werden, wenn du TV-Sound nicht ab internen TV-Lautsprechern hören willst.

Also, willst du gutes Geld in eine noch bessere Soundbar investieren, dann bist du mit der Sonos Arc deutlich besser bedient. Die lässt sich übrigens auch an die Wand montieren, auch wenn sie dann nicht so herrlich flach unter dem GX-TV passt. Mir persönlich ist Leistung aber viel wichtiger als Design.

Zurück zum TV, der nichts dafür kann, dass die GX-Soundbar so überteuert ist. Der Fernseher selbst ist etwa 2,5 Zentimeter dick. Das ist beeindruckend. Denn innerhalb dieser 2,5 Zentimeter befindet sich nicht nur das hauchdünne OLED-Panel samt Glas – im Bild unten rechts von meinem Finger –, sondern auch die gesamte Hardware.

Dank der mitgelieferten Wandhalterung lässt sich der TV so gut wie bündig an die Wand befestigen, denn auf der Rückseite hat’s perfekt passende Ausbuchtungen für die «Arme» der Wandhalterung und Kabelführung. Das an sich ist toll. Wandhalterung ist aber Fluch und Segen zugleich. So schön wie in der Werbung sieht’s ja selten aus. Vor allem mit dem Kabelsalat, der irgendwo hin muss.

Ich meine, woher kommt der Strom dieses TVs aus der LG-Werbung? Aus der Luft?

Bei mir haben die LG-Herren ein Loch in der improvisierten Wand gemacht, um die Netz- und HDMI-Kabel hindurch direkt zu Stromleiste und Signalquellen zu führen. Geht das bei dir nicht, hängen halt hässliche Kabel unter dem Fernseher. Das lässt sich mit Kabelschienen zwar einigermassen elegant verstecken. Aber wehe, du musst mal irgendwas an deinem Heimkino-Set-Up verändern, verschieben oder ersetzen.

Wie dem auch sei. Überleg dir gut, ob der an die Wand montierte GX was für dich ist. Aussehen tut’s jedenfalls wahnsinnig gut, wenn du die Kabel gut verstecken kannst.

Zu den Anschlüssen:

  • 4x HDMI 2.1-Anschlüsse (eARC, VRR und ALLM via HDMI 2.1)
  • 1x Ausgang für Toslink
  • 3x USB-2.0-Ports
  • 1x LAN-Port
  • Unterstützt AirPlay 2

Im Frühjahr sorgte noch die Meldung, dass LGs Fernseher kein volles HDMI 2.1 unterstützen, für Aufregung. Konkret: LGs HDMI 2.1 unterstützt statt den üblichen 48 Gigabits pro Sekunde «nur» 40 Gbit/s. Die Begründung LGs: Die intelligenten Bild- und Ton-Optimierungen erzielen bessere Ergebnisse, wenn Rechenkapazität vom HDMI-2.1-Port abgezogen und stattdessen den AI-Funktionen zugewiesen wird.

LGs abgespecktes HDMI 2.1 unterstützt damit keine 12-Bit-Signale, also Dolby Vision, wenn sie mit UHD-Auflösung und 120 Frames pro Sekunde eingespielt werden. Nur 10-Bit-UHD-Signale à 120 Frames pro Sekunde, also «gewöhnliches» HDR.

Du siehst: Viel Lärm um eigentlich nichts.

Bildtechnisch? Der König im Dschungel

Gleich vorweg: Nimm es mit den kommenden Vergleichsbildern nicht zu genau. Zwischen den entsprechenden TV-Aufnahmen liegen Monate und unterschiedliches Umgebungslicht. Das kann sich auf die Kamera auswirken. Ich sorge zwar für zumindest ähnliche Lichtverhältnisse – aber Laborbedingungen sind anders.

Den Anfang mache ich mit «Jurassic World: Fallen Kingdom». Schliesslich habe ich die Szenen, die ich zum Vergleichen nehme, bereits auf so vielen Fernsehern gesehen, dass ich ziemlich genau weiss, wie für mich das optimale Bild aussehen müsste.

Das, was ich da beim LG GX sehe, könnte kaum näher an «optimal» sein:

Wie gross ist der Unterschied zum 2019er-OLED-Modell LGs? Schauen wir’s uns an.

Zuerst nochmals der GX in Gross:

Und jetzt der E9 in Gross:

Der GX wirkt einen Zacken wärmer, und damit besser voreingestellt, so direkt aus der Verpackung. Das gefällt mir besser. Wenn ich dem E9 vergangenes Jahr etwas hätte vorwerfen können, dann, dass er ab und zu einen leichten Grünstich hatte. Ansonsten wirkt das Bild aber beinahe identisch.

Schauen wir, wie sich der GX im Vergleich mit Panasonics OLED- und TCLs Mini-LED-Konkurrenz macht. Namentlich mit Panasonics GZC2004 und TCLs X10.

Nächste Szene. Dieses Mal eine hellere, um zu sehen, wie sich die Detailwiedergabe in helleren Szenen macht.

Oh ja, das gefällt mir ausgesprochen gut. Gerade im Vergleich mit LGs Vorjahresmodell.

Zuerst der GX in Gross:

Und jetzt der E9 in Gross:

Da ist es wieder, das etwas zu kalte Bild des LG E9. Und der in hellen Szenen deutlich erkennbarere Grünstich. Dafür gehen um die hell strahlende Sonne herum etwas weniger Details verloren.

Sicher, das ist nichts, das sich in den Bildeinstellungen nicht anpassen liesse. Für den Test belasse ich die Voreinstellungen aber immer so, wie sie aus der Verpackung genommen sind – «Out-of-the-Box» genannt. So teste ich den Fernseher genau so, wie er von den meisten Kunden verwendet würde. Und auch so, wie LG ihn sich vorstellt.

Apropos Kino: LGs 2020er-OLED beherrscht den «Filmmaker»-Modus. Der tut im Wesentlichen dasselbe wie die anderen Kino-Modi: Die Farbtemperatur wird genauso eingestellt, wie Hollywood-Koloristen es vorgesehen haben, und Optimierungen wie Rauschunterdrückung, Kantenglättung und Black-Frame-Insertion – gegen Bewegungsunschärfen – werden abgestellt. So wirken die Inhalte cineastischer und weniger wie eine auf Hochglanz polierte Netflix-Serien-Produktion.

Aber: Stand heute gibt es keine Streamingdienste oder UHD-Blu-rays, die den Filmmaker-Modus aktiv unterstützen. Ist also eher was für die Zukunft, spricht aber immerhin für die entsprechende zukunftsfähigkeit des GX. Oder für eine Vision in Punkto Fernsehen der Zukunft.

Noch was Letztes zu den Bildmodi: LGs GX hat einen «HDR-Effekt»-Modus. Ich weiss nicht genau, was der macht. Kontraste verstärken. Das bestimmt. Allerdings nicht im gleichen übertriebenen Masse wie es der «Dynamik»-Modus tut. Jedenfalls lässt sich im HDR-Effekt-Modus wunderbar Fussballspiele schauen. Denn anders als im eigentlich dafür dedizierten Sport-Modus wirkt der Rasen hier nicht so giftgrün, als ob er radioaktiv wäre.

Mein Wohnzimmer. Unredigiert und unaufgeräumt. Ich glaube, fürs Foto hab ich mich nicht mal aufgerichtet. Fussballgucken macht faul. Sorry. Und der Schiri ist ein Arschloch. Wie immer.

Prozessor und Smart-TV? Vom Feinsten

In LGs GX steckt der Alpha-9-Prozessor der dritten Generation. Der steckt in allen 2020er-OLED-TVs LGs ausser in der B-Serie; die hat den Alpha-7-Prozessor der dritten Generation, was laut LG-Informationen etwa den Leistungsstand des letztjährigen Alpha-9-Prozessors der zweiten Generation hat.

Vielleicht ist es ja auch ein und derselbe Chip, einfach mit anderem Aufdruck.

Bei hochskalierten Inhalten aus minderwertigen Quellen – Blu-ray oder Live-Fernsehen zum Beispiel – sorgt der Alpha 9 Gen 3 jedenfalls für ein breites Lächeln in meinem Gesicht. Ein Beispiel: «The Walking Dead». Die Serie ist bewusst auf 16mm-Film aufgenommen worden. So, dass eine altmodische Körnung samt Bildrauschen das Gefühl einer kaputten, postapokalyptischen Welt erzeugt.

Schauen wir uns das etwas näher an.

Das ist kein Screenshot aus Netflix’ Presseportal. Das ist das abfotografierte Bild einer HD-Quelle mit SDR-Qualität, deren etwa 2 Millionen Pixel auf 8,3 Millionen Pixel aufgeblasen werden. Dazu noch etwas Rauschen unterdrücken, Kanten glätten und Farben verstärken. Voilà: Der Prozessor, das Gehirn des Fernsehers, hat seine Arbeit getan.

LGs Prozessoren sind besonders gut im Aufwerten minderwertiger Quellen. 2018 gehörte die Krone noch Sony. Ein Jahr später liess sich der japanische TV-Hersteller von LG überholen. Auch dieses Jahr sehe ich LGs Prozessor an der Spitze – zumindest noch.

So sieht zum Beispiel Panasonics Ergebnis der gleichen Szene aus:

Achte dich auf den dunklen Hintergrund links von Negans Gesicht. Da rauscht Panasonics Bild wie ein Schneesturm. Seine Bartstoppeln sind bei LG ebenfalls deutlich schärfer. Selbst die Grübchen auf der Haut sind bei LG deutlich zu erkennen.

Noch schlimmer ist TCLs Prozessor in seinem X10-Flaggschiff:

Du siehst: UHD-HDR-Material wie aus «Jurassic World» sieht eigentlich immer total super aus. Welche Unterschiede in der Darstellung da besser gefallen, hängt oft von eigenen Präferenzen ab. Einen Fernseher zu finden, der selbst solche hochwertige Inhalte vermasselt, ist schwierig. Um nicht beinahe unmöglich zu sagen.

Beinahe.

Darum sind es weniger optimale UHD-HDR-Inhalte, die die Spreu vom Weizen trennen, sondern HD-SDR-Inhalte. Ja, «The Walking Dead» will absichtlich scheisse aussehen. Da greift der GX tatsächlich in die künstlerische Entscheidung der Macher ein. Sowas ist aber selten. Zur Not gäbe es auch noch den «Sparmodus». Die meisten Inhalte sind trotzdem dann am besten, wenn sie in ihrer bestmöglichen Bildqualität genossen werden.

Der GX lässt sich auch sprachsteuern. Befehle wie «Lauter» und «Leiser» haben gut funktioniert. «Öffne Netflix» auch. Bei Befehlen wie «Öffne ‘Haus des Geldes’ auf Netflix» hat mich die Sprachassistenz LGs kaum verstanden. Mühsam. Da war ich schneller, wenn ich schnell von Hand die Serie ausgewählt habe.

Panasonic und TCL unterstützen HDR10+, so by the way.

Fazit? Schade, muss ich ihn zurückgeben

LGs GX ist eine Wucht. Mal wieder. Im OLED-Bereich macht dem südkoreanischen TV-Hersteller kaum einer was vor.

Die wichtigsten Anschlüsse sind alle da. Inklusive vier HDMI-2.1-Schnittstellen, wovon einer eARC hat. Für Gamer ist UHD-Gaming bei 120 Frames pro Sekunde mit HDR-Qualität gesichert, sobald die neuen Konsolen da sind.

Bildtechnisch ist der GX der bisher beste TV, den ich je getestet habe, keine Frage.

Für Kino-Enthusiasten der alten Schule dürfte in einer hoffentlich nahen Zukunft der Filmmaker-Modus noch viel Spass bereiten. Und dank dem ultrastarken Alpha-9-Prozessor der dritten Generation sehen auch Inhalte ab Blu-Ray oder Live-TV grandios aus.

Was den Ton betrifft – er klingt besser als damals beim Test des E9. Aber immer noch weit weg von «sehr gut». Bei so einem geilen Bild greifst du lieber zu einer Soundbar oder gleich einem ganzen Home-Cinema-System.

Ein Tipp zum Schluss: Ist dir die G-Version des 2020er-OLEDs zu teuer, dann greif zur C-Version. Ist genau dieselbe Bildqualität, einfach mit etwas günstigerer Verpackung. Und Stand heute etwa 500-600 Franken/Euro günstiger.

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Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.» 


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