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Intel i9-10850K: Der günstigere Gaming King?

Kevin Hofer
14.10.2020

Der 10-Kerner Intel Core i9-10850K mit 20 Threads hat nahezu identische Spezifikationen wie Intels Spitzenprodukt Core i9-10900K – dem zurzeit schnellsten Gaming-Prozessor der Welt. Was taugt der kleine Bruder des Gaming Kings?

Nur 100 MHz trennen den i9-10850K vom 10900K. Grösser ist die Differenz beim Preis: Der 10900K kostet 536 Franken und der 10850K 481 (Stand: 13.10.2020). Das entspricht einer Preisdifferenz von elf Prozent. Noch grösser ist der Unterschied bei der Verfügbarkeit: Der 10850K ist sofort verfügbar, beim 10900K ist die Verfügbarkeit schwierig. Dieses Verfügbarkeitsproblem ist wohl auch der Grund für die Existenz des 10850K.

Der Chip im Detail

Der i9-10850K basiert auf der Comet Lake-Architektur und wird im 14nm++-Prozess gefertigt. Damit handelt es sich um einen Skylake-Abkömmling, die Architektur, auf der alle Consumer-Desktop-Prozessoren von Intel seit 2015 basieren. Die meisten Leistungssteigerungen sind auf zusätzliche Funktionen und Verbesserungen der Taktrate zurückzuführen. Der Core i9-10850K ist unlocked, verfügt also über einen freigeschalteten Multiplikator und lässt sich übertakten.

Im Vergleich zum Core i9-10900K sind die Basis- und Boost-Frequenzen des i9-10850K um 100 MHz reduziert. Der Zehnkerner taktet mit einer Basis von 3,6 GHz und erreicht Spitzenwerte von 5,2 GHz.

Intel gibt beim Core i9-10850K eine TDP von 95W an. Damit fällt diese tiefer aus als beim Core i9-10900K. Das fällt in Realität jedoch nicht ins Gewicht: Intels TDP-Bewertung hat keinen direkten Zusammenhang mit dem Stromverbrauch und bezieht sich nur auf die Leistung bei der Basisfrequenz, wenn der Prozessor nicht unter Volllast läuft.

Für genauere Informationen zum Stromverbrauch ist ein Blick auf Intels Leistungsstufenbewertungen nötig. Bei Stockeinstellungen hat der 10850K die gleichen 125 W PL1 (Powerlevel 1; die Basisfrequenz) und 250 W PL2 (Powerlevel 2; bei vollem Boost auf allen Kernen) wie der Core i9-10900K. Mainboard-Hersteller können diese Grenzwerte jedoch ignorieren und tun dies auch, sodass die Mainboard-Qualität und die BIOS-Einstellungen einen Einfluss auf die Leistung haben.

Test-Setup und -Methode

Folgende Komponenten verwende ich für das Review:

Im BIOS aktiviere ich XMP. Sonst lasse ich alles auf Standard – ausser unter dem Zwischentitel «Overclocking». Ich verwende die gleichen Treiber wie beim Review des i9-10900K und Windows 10 läuft in der Version 1909.

Bei der Testmethode orientiere ich mich an unseren Grafikkarten-Reviews. Die Methode habe ich seit deren Einführung jedoch überarbeitet. Deshalb hier als Überblick die verschiedenen Benchmarks:

Alle Benchmarks führe ich drei Mal durch und nehme jeweils das beste Ergebnis.

Overclocking und Cinebench R20

Mir ist bewusst, dass ich mit dem Noctua-Kühler begrenztes Overclocking-Potenzial habe und dadurch keine effektiven Aussagen zum Overclocking machen kann. Dennoch kann ich nach den Tests sagen: Viel Luft nach oben hast du bei Luftkühlung nicht. Bei mir war mit 5 GHz auf allen Kernen Schluss.

Bei 4,9 GHz, also 200 MHz mehr als mit Turbo, auf allen zehn Kernen ist für mich mit dem Noctua-Kühler das Ende der Fahnenstange erreicht: 94° Celsius messe ich mit HWiNFO64. Damit erreiche ich einen Score von 6235.

Falls du den i9-10850K übertakten möchtest, brauchst du wie beim i9-10900K eine gute Kühlung. Eine potente AIO oder Custom-Wasserkühlung ist Pflicht. Aber auch ohne das Teil zu übertakten, musst du für genügend Kühlleistung in deinem System sorgen. Ein Premium-Luftkühler ist das Minimum.

CPU-Z

Beim CPU-Z-Benchmark erreicht der i9-10850K beinahe identische Werte wie der 10900K. Im Single Core weisen beide 586 Punkte aus. Im Multi Core schafft der 10850K gar ein Pünktchen mehr. In Prozent ausgedrückt: 0,01 Prozent. Im Vergleich zum Ryzen 3900X mit zwölf Kernen leistet der zehn Kerner i9-10850K 13 Prozent weniger im Multi Core, schlägt den Ryzen-Prozessor jedoch um rund zehn Prozent im Single Core.

7-Zip

Im integrierten Benchmark von 7-Zip – ich wähle die Standard «Dictonary size» von 32 MB – erreicht der 10850K 87 408 Instruktionen pro Sekunde (MIPS). Das sind 600 Instruktionen mehr als der grössere Bruder 10900K. Der Ryzen 3900X schafft rund 22 Prozent mehr MIPS, was den zwei Kernen mehr geschuldet ist.

Blender bmw27

Bei Blender hängt der teurere i9-10900K den i9-10850K erstmals klar ab. Den Benchmark rechnet der teurere acht Prozent schneller. Im Vergleich zum Ryzen hinkt der 10850K 14 Prozent hinterher.

Handbrake

Auch in Handbrake bleibt der i9-10850K hinter dem i9-10900K und 3900X. Den 88 Sekunden langen, 645 MB grossen 4K Trailer von «The Dark Knight Rises» encodiert der 10850K mit den «Fast 1080p30»-Voreinstellungen von Handbrake rund vier Prozent langsamer. Im Vergleich zum 3900X sind’s sogar neun Prozent

Photoshop

Im Benchmark schneidet der 10850K rund fünf Prozent schlechter ab als der 10900K und rund ein Prozent schlechter als der 3900X.

PCMark 10

Der PCMark 10 Benchmark testet diverse Szenarien wie die Ladezeit von Apps, Effizienz bei Tabellenkalkulationen, Browsen oder auch Photo- und Videobearbeitung. Daraus berechnet er einen Score. In diesen Aufgaben schneidet der 10850K knapp drei Prozent besser ab als der 3900X. Im Vergleich zum 10900K liegt die Test-CPU rund zwei Prozent dahinter.

Fire Strike, Fire Strike Ultra, Time Spy und Time Spy Ultra

Die synthetischen Game Benchmarks lassen einen ersten Blick auf die Leistung in Games zu. Ich verzichte auf die Angabe des Overall Scores, der sich aus den Ergebnissen der Grafikkarte und CPU berechnet. Dies, weil die GPU-Wertung sehr inkonsistent ist. Hier hatte ich Unterschiede von über 1 000 Punkten.

Im Schnitt trennen den i9-10850K und 10900K magere 13 Punkte. Das entspricht nicht mal 0,01 Prozent. Die beiden Intel-Prozessoren müssen sich dem Ryzen 9 3900X nur in Time Spy Extreme geschlagen geben. Über alle vier Benchmarks hinweg sind die Intel-Prozessoren dem 3900X rund drei Prozent überlegen.

Die Games

Fazit: Der günstigere und vor allem verfügbare Gaming King

Der i9-10850K liegt bei den Games nur wenig hinter seinem grösseren Bruder i9-10900K. Spielst du in 2160p-Auflösung sind die beiden Prozessoren gar gleichauf. Und auch bei den Anwendungen kann der 10850K mithalten. Da das Teil auch 11 Prozent günstiger ist – und noch wichtiger: verfügbar –, kann ich es dir für diese Verwendungszwecke empfehlen.

Brauchst du die CPU hingegen lediglich zum Gamen, musst du nicht einmal so tief in die Tasche greifen. Der i5-10600K hat in meinem Review in 1080p- sowie 1440p-Auflösung besser abgeschnitten als der i9-10850K.

Bist du nicht aufs Gamen aus, sondern verwendest Anwendungen, die von vielen Kernen profitieren, ist der Ryzen 3900X die beste Wahl. Der schneidet dank zwei zusätzlichen Kernen besser ab und kostet rund 30 Franken weniger.

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Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.


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