Kritik

In «Berserk or Die» vermöbelst du nicht nur deine Gegner, sondern auch deine Tastatur

Kevin Hofer
9.6.2025

«Berserk or Die» ist das perfekte Spiel für zwischendurch, wenn du deinen Aggressionen freien Lauf lassen willst. Aber Vorsicht: Deine Lieblingstastatur solltest du nicht verwenden.

Ich liebe Tastaturen. Deshalb sollte ich eigentlich die Finger von «Berserk or Die» lassen. Das Spiel lässt mich derart hart in die Tasten hauen, dass ich Angst um mein Eingabegerät bekomme. Dass das berechtigt ist, bestätigt sich, als meine Frau ins Büro kommt und fragt, ob ich Probleme habe. Ja, verdammt! Aber nicht mit der Tastatur. Ich will doch nur diesen verdammten ägyptischen Streitwagen endlich zerstören.

No Story, no Problem

In «Berserk or Die» bin ich der letzte Krieger auf dem Schlachtfeld und metzle mich durch Heerscharen gegnerischer Schwertkämpfer, Bogenschützen oder mythische Wesen. Die hinterlassen Münzen, die ich einsammeln kann. Neben Gegnern muss ich mich Projektilen jeglicher Art erwehren.

Im 2D-Hack’n’Slay-Sidescroller mit Roguelite-Elementen bewege ich mich durch Angreifen gegen links oder rechts. Dabei vergeht die Zeit in einem Tag/Nacht-Zyklus. Tagsüber wird gemetzelt, am Abend kommt ein Händler vorbei, der mir zufällig generierte Upgrades zum Kauf anbietet. Danach geht es von vorne los. Das ist eigentlich schon das ganze Spielprinzip. Sind meine Lebenspunkte aufgebraucht, verliere ich alle Upgrades und fange bei null an. Eine Story gibt es nicht. Nicht schlimm, denn das Spiel brilliert an anderer Stelle.

Eine Story suchst du in «Berserk or Die» vergebens. Dafür geht es so richtig zur Sache.
Eine Story suchst du in «Berserk or Die» vergebens. Dafür geht es so richtig zur Sache.

Immersive Steuerung

Das Spezielle an «Berserk or Die» ist die Steuerung: Ich brauche beinahe die ganze Tastatur. Mit 1,2,3,4,q,w,e,r,a,s,d,f,y,x,c und/oder v greife ich gegen links an, mit 7,8,9,0,u,i,o,p,j,k,l,ö,m,, ,. oder - gegen rechts. Verwirrend? Nur auf den ersten Blick. Es ist nämlich grundsätzlich egal, welche der Tasten ich drücke – sie tun alle das Gleiche. Drücke ich aber mehrere gleichzeitig, vergrössert sich die Reichweite und Stärke meiner Attacke.

Neben Angreifen kann ich auch Blocken.
Neben Angreifen kann ich auch Blocken.

Ich kann nicht einfach starke Angriffe spammen. Sonst laufe ich schnell in gegnerische Attacken. Hinzu kommt, dass mein Berserker nach jeder Aktion seine Ausdauer regenerieren muss – ich kann nicht nahtlos weiter attackieren. Hier kommt das Verteidigen zum Einsatz. Mit 5,t,g oder b erwehre ich mich Angriffen von links und mit 6, z, h oder n von rechts. Alternativ kann ich das Spiel auch mit Controller zocken, was aber weitaus weniger Spass macht.

Das Prinzip funktioniert erstaunlich gut – auch wenn die Attacken grundsätzlich nur in nah, mittel und weit abgestuft sind. Sind wenig Gegner auf dem Schirm, komme ich gut mit sanftem Tastendrücken durch. Füllt sich das Spielfeld nach und nach, haue ich auch immer mehr in die Tasten. Das zieht mich enorm ins Geschehen hinein: Wie mein virtueller Berserker, laufe auch ich immer mehr Amok. So entstehen hitzige Gefechte, in denen ich meine Attacken gezielt dosiere, time und verteidige – oder ich versuche es zumindest.

Sterbe ich, muss ich von vorne beginnen.
Sterbe ich, muss ich von vorne beginnen.

Drohen mich die gegnerischen Horden trotzdem zu überrennen, schüttle ich meine Maus wild hin und her. Dadurch löse ich eine Spezialattacke aus, die ich über normale Angriffe auflade, und pflüge mich noch effizienter durchs Schlachtfeld.

Mit meiner Spezialattacke richte ich verheerenden Schaden an.
Mit meiner Spezialattacke richte ich verheerenden Schaden an.

Roguelite-Elemente überzeugen, das Rollenspiel-Beigemüse nicht

Dieser Gameplay-Loop macht enorm Laune und ist perfekt für zwischendurch. Bislang habe ich nicht häufig länger als 20 Minuten überlebt – die Gegner werden immer stärker. Obwohl Menschen mit mehr Talent als ich bestimmt deutlich länger metzeln können. Dennoch werden die einzelnen Spieleinheiten eher kurz sein.

In der Regel bin ich kein Fan von Spielen mit Roguelite-Einflüssen – ich verliere nicht gerne, was ich mir hart erarbeitet habe. In «Berserk or Die» stört es mich aber nicht, wenn ich die Upgrades durch mein virtuelles Ableben verliere. Einerseits, weil ich aufgrund mangelnden Talents sowieso immer auch Lebenspunkte zukaufen muss und daher wenig Upgrades ergattere. Andererseits, weil die Upgrades zwar cool sind – mit einem werfe ich etwa bei jedem fünften Kill automatisch einen Speer –, aber nicht zwingend nötig.

Im Shop hole ich mir allerlei Upgrades.
Im Shop hole ich mir allerlei Upgrades.

Einige Attribute, wie etwa die Lebenspunkte, kann ich dann doch nachhaltig erhöhen. Dazu löse ich im entsprechenden Menü meine in der Schlacht gesammelten Erfahrungspunkte ein. Dieses Rollenspiel-Element scheint mir überflüssig, zumal die Möglichkeiten des Upgradens – zumindest bis zu meinem Spielfortschritt – begrenzt sind. So konnte ich meine Lebenspunkte etwa maximal von 3 auf 3,5 erhöhen.

Die Rollenspiel-Elemente überzeugen mich nicht.
Die Rollenspiel-Elemente überzeugen mich nicht.

Wenn es heiss zu und hergeht, glänzt «Berserk or Die»

Grafisch gewinnt «Berserk or Die» keinen Preis. Der 2D-Pixel-Look gefällt mir zwar, aber er ist auch nichts Besonderes – nicht weiter schlimm, denn meist habe ich sowieso keine Zeit, mir die Gegend anzuschauen. Wenn es mal besonders rund geht, entfacht sich dann aber ein richtiges Feuerwerk auf meinem Bildschirm.

Alles ist erleuchtet, wenn mein Berserker so richtig loslässt.
Alles ist erleuchtet, wenn mein Berserker so richtig loslässt.

Für Abwechslung sorgen fünf Gebiete, in denen ich mich durch die Gegnerhorden pflüge. Darunter ein Wald mit von Azteken angehauchten Gegnern, oder eine Wüste, die von der ägyptischen Mythologie inspiriert ist.

In fünf Gebieten kann ich mich durchkämpfen.
In fünf Gebieten kann ich mich durchkämpfen.

Auch der Soundtrack und die Soundeffekte hauen mich nicht aus den Socken. Da ich aber im Gegensatz zu anderen Spielen nicht auf akustische Signale angewiesen bin, um Aktionen auszuführen, kann ich mir beim Zocken auch andere Musik anhören.

«Berserk or Die» wurde mir von poncle zur Verfügung gestellt. Das Spiel ist seit dem 8. Juni für PC erhältlich.

Fazit

Immersives Gemetzel für zwischendurch

«Berserk or Die» wird mir nicht für seine Aufmachung in Erinnerung bleiben, sondern wegen seiner einzigartigen Steuerung. Dass ich durch Drücken mehrerer Tasten der Tastatur gleichzeitig die Stärke und Distanz meiner Angriffe dosieren kann, zieht mich unglaublich ins Spielgeschehen hinein.

Ebenfalls positiv ist die kurze Dauer einzelner Spieleinheiten, was es perfekt für zwischendurch macht. Wenn ich mal Stress abbauen will, verhaue ich einfach [[strike:Gegnerhorden]] meine Tastatur.

Viel mehr als das bietet das Spiel nicht. Was ich nicht schlimm finde, denn mit rund 4 Franken/Euro ist es günstig. Ich werde «Berserk or Die» sicher immer mal wieder zocken, auch wenn ich bestimmt nicht unzählige Stunden wie bei anderen Spielen darin verbringe.

Pro

  • innovative Steuerung
  • spassiger Gameplay-Loop

Contra

  • kann deine Tastatur zerstören

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Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.


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