Kritik

Lust und Frust liegen beim Origami-Plattformer «Hirogami» nahe beieinander

Kevin Hofer
2.9.2025
Bilder: Kevin Hofer

Der 3D-Action-Plattformer «Hirogami» sieht mit seinem origami-inspirierten Grafikstil unglaublich hübsch aus. Auch die Gameplayideen sind toll. Leider lässt mich das Spiel viel zu oft frustriert zurück.

Gerade noch habe ich als Held Hiro diverse Glitches mit meinem Fächer bekämpft. Sekunden später verwandle – entschuldigung: falte – ich mich in ein Gürteltier und durchbreche rollend hölzerne Blockaden. Nur um danach als Frosch über tiefe Abgründe und spitze Stacheln zu hüpfen. Es sind solche Momente, in denen ich flüssig zwischen Hiros Papierfalten hin und her wechsle, um mich durch die wunderbare Welt zu kämpfen, in denen «Hirogami» glänzt.

Die stehen in starkem Kontrast zu den Momenten, in denen mich die isometrische Perspektive verzweifeln lässt oder sich die Steuerung schlicht unpräzise und ungerecht anfühlt.

Simple Geschichte

Im 3D-Action-Plattformer «Hirogami» steuere ich den Helden Hiro in isometrischer Perspektive durch eine origami-inspirierte Welt. Er ist ein Origami-Meister und kann sich in Tiere falten. Oder genauer: konnte. Am Anfang des Spiels bedrohen nämlich digitale Invasoren die Weltordnung und Hiro verliert dadurch seine Fähigkeiten. Er macht sich auf, das Böse zu bekämpfen und erobert nach und nach seine Falt-Skills zurück.

Die Story wird mit Sprechblasen erzählt. Sprachausgabe suchst du vergebens.
Die Story wird mit Sprechblasen erzählt. Sprachausgabe suchst du vergebens.

Storytechnisch reisst mich «Hirogami» nicht vom Hocker. Das Spiel erzählt eine klassische Gut-gegen-Böse- respektive Tradition-gegen-Technologie-Geschichte. Die wenigen «Falt»-Menschen neben Hiro sind Klischees und langweilig. Ein Charakter geht im Verlauf der Erzählung gar vergessen. Für Auflockerung und einige Schmunzler sorgen hingegen die Falt-Tiere, die mir mit ihrer Art sympathisch sind. Besonders der etwas dümmliche Frosch Bingley, der immer nur ans Fressen denkt, hat es mir angetan.

Klassischer Plattformer

Das Spiel ist in mehrere Kapitel mit bis zu drei Level aufgeteilt. Diese sind in sich abgeschlossen und mehrheitlich linear. Es gibt ab und zu versteckte Pfade, auf denen sich Goodies wie Entwürfe für Verstärkungen verbergen. In die Stages steige ich über eine Art Weltkarte ein. Beende ich eine, erhalte ich bis zu drei Falt-Kraniche als Auszeichnung. Dazu muss ich aber bestimmte Bedingungen erfüllen, wie etwa den Level innert einer gewissen Zeit beenden. Nebenbei gibt es noch weitere Challenges, die aber nicht mit Kranichen honoriert werden.

Über die «Weltkarte» steige ich in die Level ein.
Über die «Weltkarte» steige ich in die Level ein.

Zunächst dachte ich, dass die Falt-Kraniche keine Funktion erfüllen. Wie ich im späteren Spielverlauf festgestellt habe, tun sie das doch: Sie gelten als eine Art Schlüssel zu den Leveln. Um spätere Stages spielen zu können, muss ich eine gewisse Anzahl der Falt-Kraniche gesammelt haben. Ich werde also quasi dazu gezwungen, nochmal in gewisse Abschnitte abzutauchen. Mich stört dieser Zwang.

Auf der Weltkarte kann ich zudem mit NPCs sprechen. Bei Ruz Pappy – so etwas wie der Dorfälteste – kann ich nach gefundenen Entwürfen Ornamente anfertigen. Die verschaffen mir im Spiel Vorteile wie mehr Lebenspunkte in Form von Herzen. Dazu muss ich Pappy aber mit Papier bezahlen, das ich im Spielverlauf aufsammle.

Geniale Präsentation

Wo «Hirogami» brilliert, ist bei der Präsentation. Egal, ob Berglandschaft, Fluss oder Vulkan – die an gefaltetes Papier anmutende Umgebung sieht phänomenal aus. Ich kann mich gar nicht an den Bäumen, Blumen oder Pilzen sattsehen. Ich wähne mich in einem alten PS1-Plattformer mit vorgerenderten Hintergründen.

Der Grafikstil ist einfach toll.
Der Grafikstil ist einfach toll.

Auch die Musik gefällt mir sehr gut. Es sind Klänge, die japanisch anmuten – auch wenn «Hirogami» von einem Team von Bandai Namco Singapur entwickelt wird. Sie ergänzt jedenfalls die Umgebung wunderbar, ohne dass sie zu aufdringlich ist. Hier eine Hörprobe aus einem anderen Trailer:

Teils frustrierendes Gameplay

Dank der isometrischen Perspektive können die Entwickler die Welt von ihrer besten Seite zeigen. Es macht grundsätzlich Spass, die Welt als Hiro oder eines der Falt-Tiere – Gürteltier, Frosch und Gorilla – zu erkunden. Leider ist die feste Kameraperspektive nicht immer die Beste zum Zocken. Immer wieder verschwindet Hiro hinter Wänden oder Bäumen und ich sehe nicht, wohin ich gehe – was häufig mit einem Sturz in den Tod endet. In solchen Fällen wäre ich froh, um eine frei rotierende Kamera.

Hallo Hiro! Wo bist du? Die isometrische Perspektive sorgt auch für Frust.
Hallo Hiro! Wo bist du? Die isometrische Perspektive sorgt auch für Frust.

Damit nicht genug: Ich sehe aufgrund der Entfernung der Kamera nicht immer genau, wo ich hinspringe. Als Falt-Frosch muss ich mehrmals auf rotierenden Plattformen Stacheln ausweichen. In der Regel hilft mir der Schatten am Boden dabei, zu erkennen, wo ich mich befinde. Bei weit entfernter Kamera ist das aber sehr schwierig.

Meist fühlt sich die Steuerung gut an. Aber sie bockt immer wieder. Mehr als einmal ist es nicht mein Mangel an Skill, der für mein virtuelles Ableben sorgt. Vor allem als Falt-Gorilla stürze ich sehr oft in den Tod, weil er von der Liane aus nicht in die richtige Richtung springt. Die Steuerung fühlt sich einfach nicht so rund an, wie ich mir das von anderen Plattformen wie «Kirby und das vergessene Land» gewohnt bin.

In Hiros Urzustand – dem Blatt – bleibe ich öfter stecken und muss den Falt neu auslösen.
In Hiros Urzustand – dem Blatt – bleibe ich öfter stecken und muss den Falt neu auslösen.

Hinzu kommen ein paar Bugs. Ich kann per Tastenkombination zwischen den verschiedenen Falten hin- und herwechseln. Das wird von einer Animation begleitet, in der Hiro sich in seinen Ursprungszustand – das Blatt – auffaltet und dann in die gewünschte Form faltet. Das sieht cool aus, aber mehr als einmal bleibt die Animation beim Blatt stecken. Ich muss sie dann erneut auslösen, was in hektischen oder Plattformer-intensiven Passagen nicht gut ist. Ein andermal wollte ich mich an einem Schrein heilen und nach jeder vollständigen Heilung habe ich erneut Schaden erlitten – ohne dass mir etwas zugestossen wäre.

Gelungenes Kampfsystem

Besser gelungen finde ich das Kampfsystem. Als Hiro kann ich meine Gegner mit einem Fächer angreifen und springen. Bin ich ein Gürteltier, füge ich den Feinden durch Hineinrollen Schaden zu. Mit dem Falt-Frosch spucke ich auf Gegner und verlangsame sie oder stürze mich mitten im Sprung auf sie. Der Gorilla-Falt wiederum teilt kräftige Hiebe aus. Alle diese Kampffähigkeiten kann ich auch einsetzten, um Hindernisse zu beseitigen oder zu umgehen.

Der Kampf fühlt sich gut an – leider ist die Gegnervielfalt etwas gar schwach.
Der Kampf fühlt sich gut an – leider ist die Gegnervielfalt etwas gar schwach.

Alle Gegner haben gewisse Schwachstellen und ich muss während den Kämpfen immer wieder den Falt wechseln, um sie effizient auszuschalten. Das bringt eine taktische Komponente ins Spiel, die durchaus Laune macht. Leider gibt es nur wenig Gegenspieler: vier verschiedene digitale Feinde – die sogenannten Glitches – und starke sowie schwache Versionen der Frösche, Gürteltiere und Gorillas, die von den digitalen Invasoren «verunreinigt» wurden. Hinzu kommen die Bosse, die, abgesehen vom Endgegner, auch nur Varianten bereits bestehender Gegner sind. Hier hätte ich mir mehr Abwechslung gewünscht.

«Hirogami» ist erhältlich ab dem 3. September für PS5 und PC. Ich habe die PC-Version getestet, die mir von Kakehashi Games zur Verfügung gestellt wurde.

Fazit

Der Feinschliff fehlt

Die wunderschöne Origami-Welt von «Hirogami» mit den Falt-Künsten von Hiro zu erkunden, macht meist Spass. Es fühlt sich toll an, nahtlos vom Gürteltier zum Gorilla zu wechseln und den Gegnern eins auszuwischen. Als Frosch mit seinen riesigen Hüpfern erkunde ich spielend auch die höchsten Orte eines Levels.

Leider machen mir die isometrische Perspektive und die ungenaue Steuerung regelmässig einen Strich durch die Rechnung. Auch über diverse Bugs bin ich gestolpert. Ich hoffe, dass die Entwickler diese Probleme bis zum Launch noch in den Griff bekommen oder zumindest danach angehen.

In den besten Momenten ist «Hirogami» ein toller Plattformer, der mit seiner Origami-Optik und -Mechanik überzeugt. Doch manchmal ist es ein (zu) frustrierendes Erlebnis. Schade – ohne diese Einschränkung hätte ich dem Spiel vier von fünf Sternen gegeben.

Pro

  • wunderschöne Welt im Origami-Stil
  • grundsätzlich gelungener Plattformer
  • tolle Gameplayideen mit dem Falten

Contra

  • unpräzise Steuerung
  • isometrische Kamera nicht immer optimal
  • Bugs in meinem Review-Build

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Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.


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