
Produkttest
Huawei Talkband B5: Muss das Teil so dermassen hässlich sein?
von Dominik Bärlocher
Huawei lanciert seinen eigenen Voice Assistant. Das Huawei P40 Pro reagiert auf «Hey Celia» und kann das, was Google Assistant und Siri können. Dabei geht sie vor allem Apple auf den Wecker.
«Hey Celia, what's the weather», frage ich und das Huawei P40 Pro kommt mit einem Wetterbericht, vorgelesen von einer Roboterstimme mit leichtem Englischen Akzent. Celia klingt nicht besonders freundlich oder menschlich, aber sie sagt mir, dass das Wetter eigentlich hätte leicht regnerisch sein sollen, «but it looks like things have changed» und es sei in Wirklichkeit regnerisch.
«Hey Celia, take a Selfie», sage ich und das Huawei P40 Pro öffnet die Kamera. Nur, dass ich das nicht sage, da ich keine Selfies mache. Aber Celia könnte das. Denn Celia soll all das können, was Amazons Alexa, Apples Siri und Googles Voice Assistant können.
Ein erster Test zeigt: Celia kann viel, aber hat noch einiges zu lernen.
Das Werbevideo klingt gut. Celia kann Anrufe tätigen, den Wecker stellen, Kalorien zählen und noch viel mehr.
Wie bei neuen Sprachassistenten üblich, fehlt eine Anbindung für die Schweiz. Das heisst, dass sie noch nie von Schweizer Online-Händlern wie digitec, Galaxus, Brack oder Microspot gehört hat. Daher fällt «Hey Celia, where can I buy this» etwas seltsam aus. Ich bekomme Angebote aus England, was wohl daran liegt, dass ich Celia in einem britischen Englisch sprechen lasse und das Phone auch alle Texte auf Englisch (UK) darstellt. Selbst wenn ich in den Settings der Huawei AI Lens App «Switzerland» als «Shopping Region» hinterlege, wird das nicht bemerkenswert besser. Celia schlägt Angebote von Amazon – hierzulande für den Satz «Dieser Artikel kann nicht an die von Ihnen angegebene Adresse geliefert werden» bekannt – oder vom Otto-Versand vor. Nicht Otto's Warenposten, sondern Otto, der Grossvater des deutschen Versandhandels.
Kurz: Huawei hat absolut keinen Plan davon, wie der Online-Handel in der Schweiz funktioniert.
Aber: Die Funktion selbst ist gut und ziemlich schnell, abhängig von der Internetverbindung. Leider ist sie nicht wirklich Teil von Celia. «Hey Celia, where can I buy this» ist im Wesentlichen nichts anderes als das Kommando, um die Huawei AI Lens zu starten. Die App erkennt das Buch und liefert schnell Resultate, aber ein Fehler unterläuft der App in der Programmierlogik: Huawei AI Lens priorisiert Bild über Text.
Das menschliche Hirn ist, ab dem Moment, an dem du lesen gelernt hast, darauf trainiert, Text zu priorisieren. Ein Beispiel:
Das ist ein Buch. Aber bevor du den Gedanken «Buch» gehabt hast, hast du die grossen roten Buchstaben mit «Nineteen Eighty-Four» gelesen.
Dann vielleicht hast du John Hurt gesehen, der im Film von 1984 den Winston Smith gespielt hat. Und etwa gleichzeitig die Tatsache, dass du ein Buch siehst.
Huawei AI Lens aber macht das anders. Sie erkennt zuerst Bilder, Farben und Formen, assoziiert dann irgendwie Produktform mit den erkannten Elementen und schlägt diese vor. Da ist ein Buch, «George Lois on His Creation of the Big Idea» von George Lois. Dann ist da der «Fireworks Simulator», Filmposter, DVDs und allerlei anderer Käse.
Das etwas fehlt: Orwells Buch.
Wenn Celia jetzt Text lesen und diesen über das Bild priorisieren würde, dann wäre die AI Lens viel kompetenter. Aktuell reagiert sie nicht menschlich, sondern zu sehr wie eine Maschine. Da können AI und Bilderkennung noch so gut sein, wenn die Resultate nicht liefern, was du suchst.
Wenn du Celia «Hey Celia, what's the weather» fragst, dann liefert sie dir recht zuverlässig einen Wetterbericht. Nur, dass andere Voice Assistants mit dem Assessment nicht einverstanden sind. Wenn es draussen sonnig ist, dann sagt mir Celia, dass die Temperatur bei 7°C liegt, Apples Siri aber sagt 13°C. Beide sind sich aber einig, dass es sonnig ist.
Egal, wo und wann ich Siri gegen Celia antreten lasse und nach dem Wetter frage, sie sind sich generell einig. In Detailfragen wie der Temperatur besteht zwischen den Voice Assistants jedoch Diskussionsbedarf. Wenn sie denn miteinander reden könnten. Bei ein oder zwei Grad Unterschied, ist mir das ja egal. Aber sechs Grad Differenz sind im März der Unterschied zwischen schwerer Jacke und Hoodie.
Der Unterschied:
Celia versteht Detailfragen zum Wetter. «Will it rain today?» führt dazu, dass Celia die Frage verneint, dann Informationen zum Niederschlag bringt. Alles in allem: ordentlich, mit Ausreissern.
Ah, eins noch. Liebe Leute der Chinesischen Wetteradministration, euer Wetterbericht ist okay ordentlich. Aber eure Geografie-Kenntnisse sind schauderhaft. Vaduz liegt nicht in der Schweiz. Vaduz ist die Hauptstadt eines ganzen Landes, das nicht die Schweiz ist. Vaduz ist der Wohnort des amtierenden Regenten Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein, Graf zu Rietberg, seit 2004 Vertreter seines Vaters Johannes Adam Ferdinand Alois Josef Maria Marco d’Aviano Pius Fürst von und zu Liechtenstein, Herzog von Troppau und Jägerndorf, Graf zu Rietberg, Regierer des Hauses von und zu Liechtenstein.
Lustig ist dann, wenn du Celia nach Musik fragst. Spotify kannst du zwar easy installieren, aber als Standard-Musikplayer kannst du die App nicht hinterlegen. Dafür aber wirft «Celia, play a song» die Huawei'sche Music App an. Und sie spielt immer denselben Song: Dream it Possible von Delacey.
Das Lied ist zufällig der Brand Song Huaweis seit 2016. Ein Schelm, wer da vermuten würde, dass sich Huawei das Lied ganz bewusst als erstes Lied für Huawei Music ausgesucht hat. Dass Huawei gerne dick aufträgt, wenn es ums eigene Image geht, wissen wir. Dazu auch die kleine Randbemerkung, dass Huawei in China einen neuen Image-Song herausgebracht hat. In «Kunpeng» besingt Huawei sich selbst mit Textzeilen wie «Transcend time» und «Surpass the limits of life».
Eine kleine Bemerkung zum Schluss: Wenn du Celia und Siri im gleichen Zimmer hast, kannst du sowohl Celia wie auch Siri mit folgenden Kommandos starten:
So. Fertig. Ich lass das mal so stehen.
Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.