Produkttest

Gaming PC für unter 900 Franken: Kann der was?

Kevin Hofer
14.12.2018

Wieso nur, Asus? Ich finde deine Grafikkarten und Mainboards leistungstechnisch genial. Über Design kann man sich ja bekanntlich streiten, aber Produkte von Asus «verhebe». Dachte ich zumindest, bis ich den TUF Gaming FX10CP-CH009T auf dem Tisch stehen hatte.

«Nicht jeder will einen vor Kraft strotzenden Gaming-PC», denke ich mit skeptischem Blick auf den TUF. «Manchen genügt das Minimum», überlege ich mir weiter. «Der TUF macht wohl schnell Uff», geht mir ein nur semi-lustiger Spruch durch den Kopf. «Was soll ich nur mit dem Ding?»

Das kriegst du fürs Geld

Erstmal durchschnaufen und das Teil etwas näher betrachten. Der TUF ist ein Leichtgewicht. Ich spreche jetzt nicht (nur) von der Leistung, sondern vom tatsächlichen Gewicht. Nur acht Kilo bringt das 36.4 × 18 × 42 Zentimeter kleine Gerät auf die Waage. Und das ist drin:

  • Intel Core i5-8400
  • Motherboard mit Intel H310 Chipsatz
  • 8 GB DDR4-RAM 2666 MHz
  • nVidia GeForce GT 1030
  • 128 GB M.2 SSD
  • 1 TB HDD mit 7200 rpm
  • DVD-Brenner
ASUS TUF Gaming FX10CP-CH009T (Intel Core i5-8400, 8 GB, 128 GB, GeForce GT 1030)
PC

ASUS TUF Gaming FX10CP-CH009T

Intel Core i5-8400, 8 GB, 128 GB, GeForce GT 1030

Blick ins Innere

Von den Komponenten bin ich erstmal unbeeindruckt. Eine GT 1030 fürs Gamen? Bitte! Aber egal, ich muss möglichst objektiv bleiben und mich nicht von meinen Anforderungen an einen PC beeinflussen lassen. Mich nimmt es wunder, wie es im Inneren aussieht, und schraube das Teil auf.

Beim Anblick der Eingeweide fühle ich mich ans Ende der Neunzigerjahre zurückversetzt. Damals habe ich regelmässig Budget-PCs für Freunde und Bekannte zusammengeschraubt. Das silbrig schimmernde Metall mit den Ecken und Kanten weckt Erinnerungen an viele schmerzhafte Baustunden. Was habe ich mich damals beim Einbauen der Festplatte immer geschnitten. Gehäuse zu jener Zeit waren wahre Todesfallen. Ob dem Innenleben des TUF kann ich nur den Kopf schütteln. Immerhin sind die Kanten schön rund geschliffen, so musste sich kein Arbeiter blutige Hände machen.

So eine «Grafikkarte» habe ich schon lange nicht mehr gesehen...
So eine «Grafikkarte» habe ich schon lange nicht mehr gesehen...

Bei der verbauten Grafikkarte werde ich erstmal stutzig. Was ist da nur für ein «Lüfter» verbaut? Das Teil ist ja lächerlich. Schaue ich mir die 1030 GT von Asus in unserem Shop an, ist da schon ein anderes Kaliber von Lüftung verbaut. Erstaunlich, dass Asus hier zu sparen scheint, handelt es sich doch um eine Grafikkarte aus eigenem Hause.

Wenn ich mir die Komponenten so anschaue, frage ich mich, was es kosten würde, einen PC mit ähnlichen Teilen zusammenzustellen. Ich tue das in unserem Shop und erstelle mir diese Merkliste. Ich komme so auf etwas mehr als 760 Franken (Stand 14.12.18). Und dabei habe ich aus Mangel an Alternativen eine 250 GB SSD gewählt. Und ich wage zu behaupten, dass Mainboard, SSD und RAM mehr Leistung hinbringen als die im TUF verbauten Teile. Und da wäre dann noch das Gehäuse. Beim TUF ist einer von zwei möglichen Lüftern im Case installiert – der röhrt übrigens ordentlich. Ob da tatsächlich genügend heisse Luft abtransportiert werden kann? GPU und CPU werden aufgrund der geringen Leistung schnell an der oberen Grenze laufen und dadurch viel Abwärme produzieren. Das Gehäuse auf meiner Merkliste kommt auch mit einem vorinstallierten Lüfter, aber du kannst bis zu sieben Stück anschliessen. Für zehn Franken mehr kriegst du bereits einen soliden Lüfter. Das Gehäuse wird zwar als Office-Gehäuse beworben, genügt aber für die geplanten Komponenten auch fürs Gamen und es sieht ja auch vom Design her «gamig» aus.

Anschlüsse sind für einen kleinen Gaming-PC genug vorhanden.
Anschlüsse sind für einen kleinen Gaming-PC genug vorhanden.

Aber jetzt bin ich abgeschweift. Der TUF ist ja an Menschen gerichtet, die nicht selbst einen Computer bauen wollen oder können. Du merkst, es fällt mir schwer positiv über den PC zu schreiben. Aber ich will objektiv bleiben und ihn jetzt auf Herz und Nieren testen.

Performance – oder so

Der verbaute Intel i5-8400 der achten Generation wird im 14 nm++-Verfahren gefertigt. Der Sechs-Kerner wurde Ende 2017 veröffentlicht und ist nicht Hyperthreading fähig. Zum Testen der Performance plane ich die Benchmarks Cinebench R15, Geekbench 4 und 3DMark Fire Strike.

Die verbaute GT 1030 ist die schwächste Nvidia-Grafikkarte mit Pascal-Chip. Sie bietet 2 GB VRAM, 384 Shader-Einheiten und eine Taktfrequenz von 1278 MHz.

Cinebench R15

Dieser Benchmark testet deinen PC beim Rendern von Cinema 4D Inhalten. Er fokussiert auf Floating Point Performance. CPUs mit mehr Threads erhalten deshalb bessere Resultate. Der TUF rendert beim OpenGL Benchmark, der die Grafikkarte beansprucht, mit durchschnittlich 95 fps. Die CPU erreicht einen Score von knapp 800.

Mangels Vergleichsbasis von Desktop-PCs, die wir hier auf der digitec-Redaktion getestet haben, vergleiche ich den TUF mit den Ultrabooks, die Kollege Martin Jud getestet hat. Beim OpenGL hat das schwächste Geräte, das Acer Spin 5, ebenfalls mit 95 fps gerendert. Beim CPU Benchmark lässt der TUF das Acer aber liegen. Dieses schafft einen Score von rund 550. Der Vergleich mit einem Ultrabook mag auf den ersten Blick etwas hinken. Dennoch führe ich ihn hier an, da das Spin bei der Grafikleistung ähnliche Werte liefert. Und das ist dann doch eher peinlich für den TUF, der sich Gamer-PC nennt. Das Ultrabook ist nicht für Gaming ausgelegt, erreicht aber dennoch ähnliche Werte beim OpenGL. Dass die CPU des Acer schlechter abschneidet liegt auf der Hand, sie ist auf Mobilität ausgelegt und hat nicht dieselbe Leistungsaufnahme wie das Desktop-Modell. Die Werte sind auf jeden Fall ein Armutszeugnis für ein Gerät, das sich Gamer-PC schimpft.

  • Produkttest

    Fünf Ultrabooks im Ring: Acer vs. Asus vs. Dell vs. HP vs. Lenovo

    von Martin Jud

3D Mark Fire Strike

Der DirectX 11 Benchmark eignet sich optimal um die Gaming Performance in 1080p zu testen. Fun Fact zum Speicher des TUF an dieser Stelle: Als ich den Benchmark installieren wollte, hat mich der Installer immer ohne Rückmeldung rausgeworfen. Wie sich herausgestellt hat, hatte ich nicht mehr genügend Speicher auf der SSD. 128 GB sind definitiv zu wenig für einen Gamer-PC. Zumindest für mich, denn ich möchte, dass meine Games schnell starten. Hier muss ich sie halt auf die HDD installieren.

Bei den Resultaten geht es gleich weiter mit dem Bashen des TUF. Der macht beim Fire Strike tatsächlich Uff – sorry für den schlechten Witz, erneut. Den Fire Strike habe ich mir dieses Jahr gefühlte hundert Mal beim Testen von Notebooks angeschaut. So ein ruckeliges Erlebnis war es aber noch nie. Einen grottigen Score von 3307 Punkten erreicht die «Gamer»-Kiste. Was ins Auge sticht: Mitt 11 555 Punkten schneidet die CPU eigentlich ordentlich ab. Die GT 1030 reisst das Gesamtergebnis aber runter.

Ein optisches Laufwerkt ist auch mit von der Partie.
Ein optisches Laufwerkt ist auch mit von der Partie.

Zum Vergleich ziehe ich erneut Martins Ultrabook-Test hinzu. Den tiefsten Score erreichte das Lenovo Yoga mit 4246 Punkten. Klar, das Yoga kostet auch nochmal 800 Franken mehr. Es schimpft sich aber auch nicht Gamer-Notebook. Und du darfst nicht vergessen: Zum TUF brauchst du noch einen Monitor, Tastatur und Maus. Die zwei letzteren kriegst du zwar, die sind aber so schäbig, dass es mich vor dem Anfassen graust.

Die mitgelieferte Tastatur ist der Alptraum jedes Gamers.
Die mitgelieferte Tastatur ist der Alptraum jedes Gamers.

3D Mark Time Spy

Wenn ich das Teil schon blossstelle, dann richtig. Deshalb will ich noch den Time Spy vor dem Geekbench zwischenschieben. Dieser ist der go-to DirectX 12 Benchmark und rendert in 1440p. Das wird jetzt echt zu viel für den TUF. Er hat nicht mal mehr Puste genug für ein Uff – so, das war’s jetzt aber tatsächlich mit dem schlechtesten Witz ever. Mit durchschnittlichen 7 fps kann ich mir die eigentlich schön animierten Sequenzen nicht anschauen und unterhalte mich lieber mit Martin über Weihnachtsguetzli.

  • News & Trends

    Werde ich mit selbstgedruckten Nerd-Guetzliformen zum Fan von Weihnachtsguetzli?

    von Kevin Hofer

Der Time Spy zwingt den TUF in die Knie. Mit einem Score von 1221 solltest du nicht mal daran denken, ein Spiel in 1440p spielen zu wollen. Ich mache den Geekbench 4 gar nicht mehr. Es ist bereits jetzt klar, dass die Leistung grottig ist.

Jetzt wird gespielt

Da von der GT 1030 alles andere als Spitzenleistungen zu erwarten sind, teste ich keine AAA-Titel. «CS:GO», «League of Legends» und «Fortnite» sollte der TUF aber schaffen.

«Fortnite»

Beim Spiel, das ich nicht verstehe, spiele ich in 1080p-Auflösung und hohen Einstellungen. Die GPU ist so zu 99 Prozent ausgelastet. Die CPU durchschnittlich zu 29 Prozent. Die Temperaturen mit über 60 Grad der GPU und durchschnittlich 40 Grad der CPU sind in Ordnung. Die Framerate beträgt bei diesen Einstellungen durchschnittlich 35 fps. Das Spiel ist somit spielbar, aber nicht für Shooter hätte ich gerne eine höhere Framerate.

«CS:GO»

In Bezug auf Auslastung und Temperatur ergibt sich bei «CS: GO» ein ähnliches Bild. Die Auflösung stelle ich auch auf 1080p und die Einstellungen auch hoch. Die Framerate ist um einiges besser als bei Fortnite und liegt zwischen 80 und 120 fps.

«League of Legends»

Das Spiel verlangt am wenigsten Ressourcen. Bei den Temperaturen sieht’s ähnlich aus, wie bei den zwei anderen Spielen. Die GPU ist mit 60 bis 70 Prozent nicht voll ausgelastet. Das schlägt sich auch auf die Framerat nieder. Die beträgt um die 200 fps.

Hände weg

Du planst, den TUF Gaming FX10CP-CH009T zu kaufen? Tu es nicht! Er ist billig verarbeitet und die verbauten Komponenten rechtfertigen den Preis nicht. Die Grafikkarte stösst schnell an ihre Grenzen. Immerhin wurde der PC wider meiner Erwartungen nicht aussergewöhnlich heiss. Der TUF schimpft sich zwar Gaming-PC, ich würde ihm diese Bezeichnung aber nicht geben. Nur weil das Gehäuse etwas «gamig» aussieht, ist es das Innere noch bei weitem nicht. Du kannst zwar «Fortnite», «CS: GO» oder «League of Legends» problemlos spielen, aber das klappt auch auf einem Ultrabook.

Für weniger als 900 Franken kriegst du einen Gaming-PC, aber nicht den TUF. Da baust du dir lieber einen eigenen Computer. Ersetz einfach die GT 1030 in meiner Merkliste mit einer GeForce GTX 1050 Ti, dann hast du genug Leistung für 1080p-Gaming. Alternativ kannst du auch einen Blick auf den Medion Akoya P66032 werfen. Der hat ähnliche Komponenten verbaut wie der TUF, aber eine GeForce GTX 1050 Ti drin.

46 Personen gefällt dieser Artikel


User Avatar
User Avatar

Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.


Computing
Folge Themen und erhalte Updates zu deinen Interessen

Diese Beiträge könnten dich auch interessieren

  • Produkttest

    Asus ROG Huracan: Trickkiste oder Fliegenfänger?

    von Martin Jud

  • Produkttest

    Joule Performance Glados 2: Geiles Teil mit der (noch) falschen Grafikkarte

    von Kevin Hofer

  • Produkttest

    M4 iMac im Test: Schön, aber wozu?

    von Samuel Buchmann

69 Kommentare

Avatar
later