Philipp Rüegg
Ratgeber

Die besten Nicht-US-Alternativen für Chrome, Google Drive und Co.

Ich möchte meine digitale Abhängigkeit von den USA reduzieren. Beim Browser und der E-Mail ist das kein Problem. Komplizierter wird es bei der Fotoverwaltung, der Navigation oder der Internet-Suche.

Seit Längerem versuche ich, mich aus dem Griff der US-Konzerne zu befreien. Dass Trump mit seiner Politik das Weltgeschehen destabilisiert, hat meinem Unterfangen zusätzlichen Auftrieb verliehen. Abgesehen von Firmenstandorten ausserhalb der USA lege ich ein Augenmerk auf Open Source und idealerweise gelebte ethische Grundsätze. Wenn ich schon Zeit und Geld investiere, möchte ich auch mit meinem Gewissen dahinterstehen können.

Jede App und jeden Dienst bewerte ich nach Einfachheit des Umstiegs und der Funktionalität. Muss ich auf etwas verzichten? Ist die Alternative gleichwertig oder gar besser? Während einige Dinge leicht zu ersetzen sind, musste ich bei anderen schmerzlich feststellen, wie weit der US-amerikanische Einfluss reicht.

Wie weit ich mit meinem digitalen Frühlingsputz gekommen bin und welcher Schmutz noch zu hartnäckig zum Entfernen ist, siehst du in meiner Liste. Zur besseren Übersicht habe ich das folgende Bewertungssystem verwendet.

Leichtigkeit des Umstiegs: ⭐Stern bedeutet, dass der Umstieg schwierig und mit viel Arbeit verbunden ist. ⭐⭐⭐⭐⭐ Sterne bedeuten, dass er kinderleicht ist.

Nutzererlebnis und Funktionsumfang: ⬇️ deutlich schlechter, ↙️etwas schlechter, ⬅️gleich, ↖️etwas besser, ⬆️massiv besser

Die Liste ist absteigend nach den genannten Qualitätskriterien sortiert.

Einziger Nachteil ist, dass es keine Mobile-Version gibt. Dort bin ich nach wie vor mit Vivaldi unterwegs. Die Chromium-basierte Alternative kann ich ebenfalls empfehlen. Der Browser wird in Norwegen entwickelt.

Zen ist kostenlos verfügbar für Windows, Mac und Linux.

Leichtigkeit des Umstiegs: ⭐⭐⭐⭐⭐
Nutzererlebnis und Funktionsumfang: ↖️
Alternative: Vivaldi

Darum verwende ich die kostenlose Open-Source-App Thunderbird – auch wenn dahinter ein US-Unternehmen steht. Sie ist eine Weiterentwicklung von K-9 Mail, einer weiteren populären Android-Mail-App. Die Suche ist nicht ganz so zuverlässig wie mit Gmail und ich warte immer noch auf eine Snooze-Funktion. Sonst fehlt es der App an nichts.

Leichtigkeit des Umstiegs: ⭐⭐⭐⭐
Nutzererlebnis und Funktionsumfang: ↖️
Alternative: Fairmail

Die letzten verbleibenden Nicht-amerikanischen Alternativen sind Qobuz und Deezer. Ersterer bietet die wohl beste Audioqualität, kann aber beim Musikangebot nicht mithalten – erst recht nicht, was Kinderinhalte anbelangt. Also habe ich ein Abo beim französischen Streaming-Dienst Deezer gelöst. Und der gefällt mir richtig gut.

Diese Mängel werden mich aber nicht davon abhalten, mein Abo zu verlängern – sofern ich meine Frau ebenfalls zum Wechsel bewegen kann.

Deezer kostet im Jahresabo ab CHF 11,25 pro Monat und ist erhältlich für Windows, Mac, Web, Android und iOS.

Leichtigkeit des Umstiegs: ⭐⭐⭐⭐
Nutzererlebnis und Funktionsumfang: ⬅️
Alternative: Spotify

Ich kann schnell Notizbücher erstellen und sie grafisch oder per Markdown-Befehl formatieren. In der Gratis-Version kann ich drei Bereiche mit je drei Personen teilen. Das Abo für 99 Dollar erlaubt bis zu zehn Editoren pro Bereich. Bei Notion zahle ich aktuell 96 Dollar pro Jahr und kann sogar 100 Gäste an meinen Projekten mitarbeiten lassen.

Meine Daten konnte ich mit der dazugehörigen Anleitung relativ einfach von Notion importieren. Einzig eine Web-Version fehlt noch.

Anytype ist kostenlos verfügbar für Windows, Mac, Linux, Android und iOS.

Leichtigkeit des Umstiegs: ⭐⭐⭐⭐
Nutzererlebnis und Funktionsumfang: ⬅️
Alternative: Joplin

Kalender: Caldav statt Google Kalender

Der Google Kalender lässt sich mit praktisch jeder Kalender-App benutzen. Ich kann die Kalender gemeinsam verwalten und er kostet nichts. Es überrascht nicht, dass er so populär ist. Die für mich beste Alternative habe ich mit Caldav gefunden. Caldav ist keine App, sondern ein Protokoll, um Kalender zu synchronisieren. Dieses Protokoll ist ähnlich verbreitet wie der Google Kalender.

Em-Client ist kostenlos verfügbar für Windows, Mac, Android und iOS
Simple Calendar ist kostenlos verfügbar für Android

Leichtigkeit des Umstiegs: ⭐⭐⭐
Nutzererlebnis und Funktionsumfang: ⬅️
Alternative: Timetree

Cloud-Speicher: Kdrive und Onlydocs statt Google Drive und Google Docs

Als Android-User habe ich mich, wie die meisten, von Google umgarnen lassen. Die kostenlosen 15 Gigabyte Speicher von Google Drive reichen mir allerdings längst nicht mehr aus. Ich nutze aktuell das Angebot mit zwei Terabyte-Speicher für 100 CHF im Jahr. Diese kann ich mit fünf anderen Personen teilen. Der Speicher gilt auch für Google Photos und Gmail.

Kdrive bietet auch eine Desktop-App für Windows und Mac. Der erstmalige Upload von rund 1,6 TB Daten dauerte trotz 1-Gbit-Leitung extrem lange. Nerviger ist, dass ich lokale Daten nur synchronisieren kann, wenn sie im Kdrive-Ordner sind. Der liegt bei mir auf der Windowspartition. Eine nachträgliche Ordnerwahl ist nicht möglich. Dieser wird sonst in den Kdrive-Ordner kopiert und von dort in der Cloud gesichert. Ich hätte ihn dann doppelt.

Kdrive erkennt auch nicht, wenn zwei Ordner identisch sind und zusammengelegt werden könnten. Das Ersetzen von Dateien existiert in der Web-App nicht. Doppelungen werden einfach umbenannt. Also muss ich das gesamte Kdrive auf meine externe Platte verlegen und diese zwingend mit NTFS formatieren. Das erschwert wiederum die Verwendung mit meinem Macbook. Ist alles einmal eingerichtet, funktioniert Kdrive allerdings ohne Probleme.

Im Kdrive-Abo enthalten ist auch die Office-Lösung Onlyoffice. Diese bietet fast alles, was ein Durchschnittsuser wie ich benötigt. Schade, funktioniert die Browser-Erweiterung meines Orthografie-Tools nicht. Es lässt sich nur über die Onlyoffice-Plugin-Funktion nutzen. Da wir im Büro mit Google arbeiten, werde ich aber weder auf Google Docs noch auf Google Drive vollends verzichten können.

Kdrive ist verfügbar für Windows, Mac, Web, Android und iOS. 15 GB Speicher sind kostenlos.

Leichtigkeit des Umstiegs: ⭐⭐⭐
Nutzererlebnis und Funktionsumfang: ↙️
Alternative: Proton Drive

Bleibt nur noch Threema aus der Schweiz. Die App gilt als sicher und bietet alle relevanten Funktionen. Da ich aber schon froh sein kann, nicht mit Whatsapp kommunizieren zu müssen, ist ein weiterer Wechsel im Vorhinein zum Scheitern verurteilt.

Threema kostet einmalig 6 CHF und ist verfügbar für PC, Mac, Linux, Web, Android und iOS

Leichtigkeit des Umstiegs: ⭐⭐⭐⭐
Nutzererlebnis und Funktionsumfang: ↙️
Alternative: SMS/RCS

Tomtom GO kostet 21 Franken pro Jahr und ist verfügbar für Android und iOS.

Leichtigkeit des Umstiegs: ⭐⭐⭐⭐⭐
Nutzererlebnis und Funktionsumfang: ↙️
Alternative: Organic Maps, Tomtom AmiGO

Somit bleibt nur abzuwarten, ob Qwant zusammen mit Ecosia eine europäische Google-Alternative zustande bringt, die dem Megakonzern das Wasser reichen kann.

Leichtigkeit des Umstiegs: ⭐⭐⭐⭐⭐
Nutzererlebnis und Funktionsumfang: ↙️
Alternative: Qwant, Ecosia, Swisscows

Immich ist kostenlos verfügbar zum Self-hosten.

Leichtigkeit des Umstiegs:
Nutzererlebnis und Funktionsumfang:
Alternative: Photo Prism, Zeitkapsl

Titelbild: Philipp Rüegg

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Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken. 


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