En coulisse

Tastatur-Oldtimer: Spass am Nutzlosen

David Lee
8/6/2021

Ich habe drei antike Apple-Tastaturen aufgefrischt und auf ihre Alltagstauglichkeit geprüft. Dabei habe ich jede Menge nutzloses Wissen über alte Switches, Entgilbungsmethoden und abstruse Tastaturlayouts erworben. Das alles macht wenig Sinn, aber viel Spass.

Mechanische Tastaturen gelten als das Nonplusultra des Schreibgefühls. Auch ich habe mich mittlerweile von der Begeisterung meiner Kollegen anstecken lassen und möchte nicht mehr zurück zu den Gummi-Tastaturen. Doch meine Logitech G915 ist nicht so langlebig wie mechanische Tastaturen normalerweise sind. Die Keycaps sind sehr fragil, und Logitech bietet keine Ersatzteile. Dies bei einem proprietären System.

Alte Tastaturen machen süchtig

Die Tastatur ist schwer. Sie ist laut. Sie hat keine Füsschen, um den Neigungswinkel zu verstellen. Sie hat keine Funktionstasten. Und die Pfeiltasten sind gewöhnungsbedürftig angeordnet.

Es fühlt sich toll an, mit dieser Tastatur zu schreiben. Zwar tippe ich nicht so leicht wie mit der modernen Logitech-Tastatur. Aber gerade das gibt mir das Gefühl, auf einem Gerät zu arbeiten, das für die Ewigkeit gebaut wurde. Die Tastatur hat einen lauten, aber angenehmen Klang. Leider vertippe ich mich recht oft damit. Woran das liegt, kann ich nicht festmachen.

An diesem Punkt hätte ich mich entscheiden müssen: Ist das gut genug für mich zum täglichen Arbeiten, oder soll ich wieder zurück zur Logitech-Tastatur? Doch stattdessen versuche ich, die alten Tastaturen noch besser zu machen und so eskaliert die Sache.

Wie ich dem Restaurierungswahn verfalle

Die neueste der drei Tastaturen – das Apple Keyboard II von 1990 – sieht moderner aus und ich vermute, dass sie auch bequemer zum Tippen wäre. Nur: In diesem Zustand fasse ich das Ding gar nicht erst an. Also erst mal öffnen und reinigen.

Dabei stelle ich fest: Das ist gar keine mechanische Tastatur. Oder jedenfalls nicht so richtig. Zwar hat jede Taste ihren eigenen Switch; aber anstelle einer Metallfeder kommt eine Art Gummifeder zum Einsatz. Somit scheint es eine Mischung aus mechanischer Tastatur und Gummimembran-Tastatur zu sein.

Sind wenigstens die beiden älteren Modelle «richtige» mechanische Tastaturen? Und diese komische Mischung, ist das gut oder schlecht? Da ich die Sache vorsichtig angehe, schaue ich mir erstmal ein paar Youtube-Videos zum Thema an und merke schnell: Mechanische Tastaturen sind eine Wissenschaft, ein Universum für sich.

Aber egal, mit welcher Definition: Meine beiden Apple Standard Keyboards sind astrein mechanisch. Und ihre Switches gelten als sehr gut. Vielleicht wird das Schreibgefühl noch besser, wenn ich sie reinige? Optisch würde es sowieso gut tun – die Tasten sind sichtlich verschmutzt. Ich beschliesse, diese Tastaturen ebenfalls aufzufrischen.

Bemalt und entgilbt

Beim Apple Keyboard II bestehen alle äusseren Teile aus ABS und sind entsprechend vergilbt.

In einem Anfall von Euphorie beschliesse ich, alle ABS-Tasten sowie das Gehäuse des Apple Keyboard II mit Wasserstoffperoxid zu entgilben und die beiden bemalten Gehäuse neu anzustreichen. Die Farbe ist da und dort etwas ab und das Orange gefällt mir sowieso nicht mehr. Das wird dunkelrot.

Nun ist das Entgilben wieder eine Wissenschaft für sich. Aber keine exakte Wissenschaft. Vielleicht auch nur Pseudowissenschaft oder Alchemie. Unter dem Stichwort Retrobright werden im Web die verschiedensten Mixturen und Methoden feil geboten. Kollege Philipp Rüegg hat es mal an einer alten Nintendo-Konsole ausprobiert – es klappte, war aber ein Riesenaufwand.

Das Gehäuse ist zu gross, um eingelegt zu werden. Also pinsle ich das Wasserstoffperoxid einfach drauf und wiederhole den Vorgang einige Male. Auch das funktioniert erstaunlich gut. Gehäuse und Tasten haben etwa dieselbe Farbe. Der Gelbstich ist nicht komplett raus, aber verglichen mit dem Ursprungszustand der Tastatur gefällt mir alles viel besser.

Der Teil mit dem Bemalen ist schwieriger. Ich muss mehrere Anstriche machen. Der dicke Farbauftrag versteift die Tastatur, wodurch sie sich nicht mehr gut zusammensetzen lässt. Zudem muss die Leertaste unbedingt vor dem Zusammenbau aufgesetzt werden, sonst bringst du sie nicht mehr zusammen. Weil aber die Leertaste entgilbt werden muss, mache ich das falsch und muss den Murks des Zusammensetzens zweimal machen.

Das Ergebnis

Apple Keyboard II: Die Gummi-Switches fühlen sich beim Tippen auch gummig an. Das Feeling einer mechanischen Tastatur ist eindeutig nicht gegeben. Eigentlich wäre die Tastatur sehr leise, aber die Leertaste scheppert laut. Mit dieser Tastatur werde ich sicher nicht arbeiten.

Blaues Apple Standard Keyboard: Die Switches sind vom Typ Alps SKCM Orange. Diese haben einen sehr guten Ruf, dennoch tippe ich auf dieser Tastatur nicht besonders leicht. Daran ändert sich auch nach der Reinigung nichts. Die 6 auf dem Ziffernblock funktioniert zuerst nicht, doch nach einigem Herumrütteln und Herumdrücken tut sie wieder.

Ehemals oranges, jetzt rotes Apple Standard Keyboard: Hier gehen gleich drei Tasten zuerst nicht, doch auch hier renkt sich das alles nach einiger Zeit wieder ein. Die rote Tastatur unterscheidet sich in mehreren Punkten von der blauen. Zum Beispiel die Switches: Hier kommen Alps SKCM Salmon zum Einsatz. Also lachsfarbene. Ich merke keinen allzu grossen Unterschied zu den orangenen. Mit dieser Tastatur tippe ich ein wenig lieber als mit der blauen.

Drakware bietet ein Tool an, um die Tasten umzuprogrammieren. Vielleicht würde ich eine für mich sinnvolle Tastaturbelegung finden. Aber ehrlich gesagt: Für den täglichen Gebrauch sind mir alle drei Tastaturen zu wenig angenehm. Ich werde sie weiterhin als das verwenden, was sie sind: Oldtimer. War damit die ganze Arbeit für die Katz? Nein – mir machen die gepflegten Oldtimer Freude.

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Mon intéret pour l'informatique et l'écriture m'a mené relativement tôt (2000) au journalisme technique. Comment utiliser la technologie sans se faire soi-même utiliser m'intéresse. Dans mon temps libre, j'aime faire de la musique où je compense mon talent moyen avec une passion immense. 


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