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Was bringt das Homeoffice? Die sechs wichtigsten Erkenntnisse

Viele Angestellte würden gern regelmäßig zu Hause arbeiten. Vorgesetzte, aber auch Kollegen sind jedoch oft skeptisch. Aktuelle Studien zeigen, wann alle von einer Homeoffice-Regelung profitieren.

Auch Stefanie* möchte künftig nachmittags von zu Hause aus arbeiten. Der Chef der 37-jährigen Werbefachfrau beruft sich jedoch auf die Presseberichte, um ihr die Bitte abzuschlagen: «Lesen Sie das mal. Damit tue ich Ihnen gar keinen Gefallen!» Insgeheim befürchtet er außerdem, seine Mitarbeiterin würde zu Hause weniger leisten und die Stimmung im Team könnte leiden.

Ein Großteil der Arbeitnehmer will überhaupt kein Homeoffice machen

Letzteres ist übrigens keine Ausnahme: «Unsere Auswertung zeigt, dass 44 Prozent derjenigen, die angeben, Homeoffice zu machen, dies in ihrer Freizeit tun – am Abend und am Wochenende.» Homeoffice findet in Deutschland also zum großen Teil außerhalb der Regelarbeitszeit statt und selbst dann, wenn gar keine offizielle Regelung besteht.

Festzuhalten ist außerdem: Die Verlagerung des Arbeitsorts in die eigenen vier Wände ist kein Massenphänomen und wird es so schnell auch nicht werden. Nur jeder vierte bis fünfte Beschäftigte arbeitet mindestens ab und zu von zu Hause aus. Und von denen, die nie außerhalb der Firma tätig werden, wollen dies zwei Drittel gar nicht ändern.

Unternehmen profitieren von einer Homeoffice-Regelung

Meist erklären Mitarbeiter, sie könnten sich daheim besser konzentrieren und deshalb mehr erledigen. Ähnlich sehen das laut IAB/ZEW immerhin 45 Prozent der Arbeitgeber, die Homeoffice erlauben. Das spricht für eine solide Vertrauensbasis – oder dafür, dass sich die Leistung des Angestellten auch aus der Ferne problemlos abschätzen lässt.

Im Umkehrschluss bieten aber mehr als die Hälfte der Unternehmen Homeoffice offenbar aus anderen Gründen an. Laut der Befragung erkennen zwischen 50 und 60 Prozent Vorteile darin, dass ihre Mitarbeiter flexibler arbeiten oder Beruf und Familie besser vereinbaren können. Etwas mehr als jeder dritte Unternehmer geht zudem davon aus, die eigene Firma würde durch dieses Angebot als Arbeitgeber attraktiver (siehe Grafik «Positive Erfahrungen mit Homeoffice»).

Angestellte mit Homeoffice-Option sind zufriedener mit ihrem Job

Homeoffice kann glücklich machen – aber auch Stress verursachen

Viele Homeoffice-Studien kranken daran, dass sie nicht zwischen den diversen Gruppen und ihren jeweiligen Motiven unterscheiden
Melanie Arntz, Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim

Offenbar kommt es in puncto Wohlbefinden extrem auf die individuellen Umstände an. Unstrittig ist, dass Homeoffice sowohl positive als auch negative Effekte auf die Psyche haben kann. Einerseits erlaubt eine entsprechende Regelung etlichen Berufstätigen, die Stundenzahl und damit das Einkommen zu erhöhen. Das hebt die Stimmung. Andererseits gehen längere Arbeitszeiten normalerweise mit mehr Anstrengung und weniger Erholung einher.

Werden ganze Tage im Homeoffice verbracht, spart das nicht nur Fahrtkosten, sondern je nach Wohn- und Arbeitsort auch enorm viel Fahrzeit. Die so gewonnenen Stunden gehören zu den wichtigsten Motiven. Das Risiko: Man kommt nicht aus dem Haus. Manche fühlen sich womöglich sogar isoliert und klagen, dass ihnen die Decke auf den Kopf fällt.

Die Nachteile wiegen die Vorteile vermutlich oftmals auf. Vielleicht lässt sich so erklären, warum das Team um Arntz in Deutschland bezüglich der Lebenszufriedenheit kaum Unterschiede zwischen Büro- und Homeoffice-Arbeitern fand. Die einzige Ausnahme waren kinderlose Homeoffice-Männer: Sie waren mit ihrem Leben deutlich zufriedener.

Arbeitgeber tragen zu einem gelingenden Homeoffice bei

Überhaupt erzeugen Ausnahmeregelungen schnell Neid. Je mehr in einer Abteilung Homeoffice machen, so vermuten Van der Lippe und Lippényi, desto eher bringt man gegenseitig Verständnis füreinander auf. Jedenfalls berichteten Frauen in ihrer Studie weniger über Konflikte zwischen Familie und Beruf, wenn andere Kollegen ebenfalls zu Hause arbeiten durften. Unter Umständen kann es also helfen, allen Teammitgliedern zumindest ein begrenztes Homeoffice-Pensum anzubieten.

Wer zu Hause arbeitet, muss besser planen und bewusst kommunizieren

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