Michelle Brändle
Kritik

Pixelshire: Wenn das virtuelle Leben zur Geduldsprobe wird

Die Lebenssimulation «Pixelshire» lockt mit knuffiger Pixel-Art und der Aussicht auf ein entspanntes Landleben. Schnell entpuppt sich der Schein als trügerisch. Was wie ein gemütliches Spiel aussieht, wird zur frustrierenden Tragödie.

Mein Abenteuer beginnt mit einem dramatischen Paukenschlag: Als Schiffbrüchige strande ich nach einem Brand auf See in der Hafenstadt Pixelshire. Der freundliche Kapitän Farrell gewährt Unterschlupf, doch eine tiefgründige Geschichte bleibt aus. Stattdessen werde ich direkt ins kalte Wasser geworfen – oder besser gesagt, auf den staubigen Pfaden zwischen den Dorfbewohnern herumgehetzt.

Ein endloser Tanz umständlicher Botengänge

Dass Margarita die Suppe fertig hat, bevor die Tomaten gewachsen sind, kommt mir da gelegen. Um die fertige Suppe Kapitän Farrell zu überreichen, bedarf es einer wahren Klickorgie durch ein Menü. Die unnötige Komplexität und die verwirrende Darstellung des Datenblattes macht die simple Aufgabe zum mühsamen Rätselspiel.

Wenn Präzision zur Sackgasse wird

Visuelle Verwirrung und fehlende Logik

Der anfangs vom Kapitän erhaltene Kompass erweist sich zudem als wenig hilfreich, wenn es darum geht, Personen in ihren Häusern zu finden. Statt einer Richtungsangabe erscheint lediglich ein Haus-Icon, die genaue Position muss ich erraten. Zum Glück weiss ich mit der Zeit, wo die Häuser sind.

Mühsame Steuerung und ein trauriges Eigenheim

Beim Bau des ersten eigenen Hauses offenbaren sich weitere Schwächen des Spiels. Der Schmelzofen benötigt Brennmaterial, das nach der Auswahl nochmals explizit aktiviert werden muss. Obendrauf dauert das Schmelzen von Steinerz und Co. im Schmelzofen seine Zeit. Manchmal bis zu drei Minuten. Immerhin kann ich in der Zeit etwas anderes erledigen und die Teile später einsammeln. Aber immer nur eine Sorte Erz auf einmal.

Das Angeln, in anderen Lebenssimulationen oft ein entspannendes Minispiel, präsentiert sich in «Pixelshire» als wirre Knopfdrückerei, bei der ich die Anleitung aufgrund gleichfarbiger Buttons zu Beginn nicht verstehe. Anschliessend finde ich das Spiel ganz witzig, auch wenn es nichts mit Angeln zu tun hat.

Das Fällen der Bäume klappt nicht immer aus jedem Winkel und lässt meinen Ausdauerbalken dahinschmelzen. Diese Ausdaueranzeige füllt sich nach dem Essen nur minimal, sodass ich gezwungen bin, mehrfach schlafen zu gehen. Der Prozess für ein bisschen Holz zieht sich damit aber quälend in die Länge und macht mir einfach keinen Spass.

Ein Skilltree als Buch mit sieben Siegeln

In einer nahe gelegenen Goldmine kann ich diverse Metalle abtragen. Hier komme ich erstmals mit meinem Skilltree in Berührung. Der Zugang zu einem tiefer gelegenen Ort ist mit Eisenerz versperrt. Um dieses abzutragen, brauche ich bestimmte Skillpunkte. Es stellt sich heraus, dass ich besseres Werkzeug brauche und die dafür erhaltenen Erfahrungspunkte im Skilltree aktivieren muss. Das Werkzeug erhalte ich ohne Umschweife vom Minenarbeiter vor Ort.

Der Skilltree selbst präsentiert sich als unübersichtliches Menü. Die Logik hinter den Quest-Belohnungen und der Skill-Entwicklung bleibt weitestgehend im Dunkeln. Was ich für eine Verbesserung tun muss, wird mir nicht erklärt. Nur, was sich verändert hat, sobald ich besser bin: Mal habe ich nun bessere Handschuhe fürs Angeln, mal einen besseren Griff fürs Abtragen von Erz.

Die Skill-Level sind in Zahlen angegeben, was meine Vermutung nahelegt, dass beispielsweise eine bestimmte Anzahl gefangener Fische für eine Verbesserung im Angel-Skill notwendig ist – eine klare Rückmeldung fehlt jedoch. Ausserdem kann ich auch nach 20 gefällten Bäumen den Holz-Skill mit der Zahl 20 nicht freischalten. Immerhin scheine ich sonst Fortschritte zu machen und kann erworbene Skills per Knopfdruck freischalten.

Eine Story ohne Spannungsbogen

Zu allem Überfluss berieselt mich eine inkonsistent abgemischte Musikuntermalung. Zufällige Trackwechsel und dauernd schlägt irgendwo eine Tür zu, egal, wie weit weg ich von einem Haus bin.

Nachdem ich zig Mal zwischen Eva und Jack hin- und hergelaufen bin, darf ich dem Obdachlosen auch ein Haus bauen. Zuerst aber brauche ich einen Architektentisch, der aus sehr viel Eisenerz besteht. Es soll ein häufig vorkommendes Material sein. Gut, dass ich das in der Goldmine zwischen Kupfer und Stein kaum finde – und mich dabei völlig verlaufe.

Frustriert gebe ich auf und flüchte mich in die sehr viel unbeschwertere Welt von «Animal Crossing», wo das Angeln, Bäume fällen und die Interaktionen mit den Bewohnern eine wahre Wohltat sind und das Haus tatsächlich einem Haus gleicht.

«Pixelshire» ist erhältlich für PC. Versionen für PS5 und Nintendo Switch folgen. Die PC-Version wurde mir von Merge Games zur Verfügung gestellt.

Fazit

Es gibt ausschliesslich bessere Alternativen

«Pixelshire» hatte das Potenzial für eine charmante Lebenssimulation. Doch die umständliche Steuerung, die unlogischen Spielmechaniken und die verwirrende Präsentation sind nervtötend. Hinzu kommt die nicht wirklich vorhandene und völlig unlogische Geschichte. So wird das virtuelle Leben in «Pixelshire» zu einer echten Geduldsprobe. Ich bin daran jedenfalls gescheitert und habe bereits nach wenigen Stunden aufgegeben.

Wer Entspannung und ein intuitives Spielerlebnis sucht, sollte einen grossen Bogen um diese pixelige Enttäuschung machen. Alternativen wie «Animal Crossing» oder «Stardew Valley» sind in der Umsetzung weitaus besser gelungen. Kollegin Cassie hat für weitere gemütliche Spiele eine umfangreiche Liste zusammengetragen.

Pro

  • schöner Pixel-Artstyle

Contra

  • umständliche Steuerung
  • unlogische und langweilige Story
  • verwirrende Menüs
Titelbild: Michelle Brändle

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Seit ich einen Stift halten kann, kritzel ich die Welt bunt. Dank iPad kommt auch die digitale Kunst nicht zu kurz. Daher teste ich am liebsten Tablets – für die Grafik und normale. Will ich meine Kreativität mit leichtem Gepäck ausleben, schnappe ich mir die neuesten Smartphones und knippse drauf los. 


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