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Neu gegen alt: Zwei Pioneer-Verstärker im Vergleich

David Lee
11.4.2022

Es gibt sie noch, die klassischen Stereo-Verstärker, die einfach nur Verstärker sein wollen. Der Pioneer A-40AE taugt als Ersatz für eine alte Kiste, auch wenn das Nostalgie-Feeling verloren geht.

Kürzlich habe ich einen alten Pioneer-Verstärker aus der Mottenkiste geholt und optisch auf Zack gebracht. Hauptsächlich, weil mir das Design der alten Geräte gefällt. Doch auch der Klang hat mir zugesagt.

Daher habe ich mich gefragt: Gibt es so etwas Ähnliches heute noch? Unter den Fans alter Hifi-Anlagen herrscht Einigkeit: Nein, gibt es nicht. Darum sollte man den alten Geräten Sorge tragen.

Wünschenswert wäre dagegen: Edles Design in Silber, hochwertige Verarbeitung, langlebige Komponenten, schöner Klang. Und möglichst kein modischer Schnickschnack.

Der neue Pioneer

Der Pioneer A-40AE könnte die Vorgaben erfüllen: Gleiche Marke, gleiche Farbe, ungefähr gleiche Abmessungen, und die Features sind, dafür, dass 42 Jahre dazwischen liegen, erstaunlich ähnlich.

Zu den Gemeinsamkeiten gehören:

  • Anschlüsse für diverse Audio-Quellen, darunter auch ein Phono-Anschluss
  • Line-Out für Aufnahme, zum Beispiel auf ein Kassettendeck
  • Möglichkeit, zwei Lautsprecherpaare anzuschliessen und separat oder gleichzeitig zu verwenden
  • Klangregler für Bass, Höhen, Balance
  • Loudness-Taste

Den offensichtlichsten Unterschied habe ich bereits erwähnt: Der Pioneer A-40AE ist kein Receiver, hat also kein integriertes Radio. Zudem ist er nicht so altmodisch, wie er auf den ersten Blick wirkt. Zwar verzichtet er auf integrierte Netzwerkfunktionen oder USB-Anschlüsse, ist jedoch durchaus an die digitale Zeit angepasst, wie die weiteren Unterschiede zeigen.

Der Mikrofoneingang des Pioneer SX-550 ist nicht besonders nützlich, da er sich nicht mit anderen Quellen mischen lässt. Und wenn ich schon am Meckern bin: Beim Einstöpseln eines Kopfhörers schalten sich die Lautsprecher nicht automatisch aus. Willkommen im Jahr 1980.

Erster Eindruck

Das Gewicht von 8,2 Kilogramm gibt mir das Gefühl, dass ich da «etwas Rechtes» bestellt habe. Das Ding wirkt gut verarbeitet, das Design gefällt mir. Die Rückseite sieht zwar schöner aus als beim alten Pioneer SX-550, aber die Anschlüsse sind weniger gut von oben erreichbar.

Die Regler fühlen sich billig an – leicht und hohl. Die Knöpfe des alten Geräts sind schwerer und wirken sehr solid, auch wenn sie teilweise ebenfalls aus Kunststoff sind. Immerhin drehen die Regler des A-40AE regelmässig, haben kein Spiel und gehen weder zu leicht noch zu streng. Einzig das Input-Wählrad geht für meinen Geschmack zu leicht.

Die Beschriftungen sind klein, aber sehr gut lesbar.

Zunächst spiele ich ein wenig mit den Klangeinstellungen. Der Verstärker hat eine Direktschaltung, welche Bässe und Höhen umgeht. Durch die kürzeren Wege soll eine bessere Klangqualität entstehen. Den Unterschied höre ich nur, wenn keine Musik läuft: Im Direct-Modus beginnt es erst kurz vor der Maximallautstärke hörbar zu rauschen. Ohne Direktschaltung rauscht es bereits ab etwa 60 Prozent Volumen hörbar, wobei aufgedrehte Höhen den Effekt verstärken.

Zudem gibt es wie schon beim Oldtimer einen Loudness-Schalter. Der hebt die Bässe und Höhen so an, dass der Sound auch bei geringer Lautstärke kraftvoll wirkt. Es klingt deutlich anders, als wenn du an Bass und Höhen herumschraubst. Mir gefällt der Effekt sehr gut. Der Wermutstropfen bei der Loudness ist allerdings, dass schon bei geringer Lautstärke ein Rauschen hörbar ist – zum Glück nur dann, wenn keine Musik läuft.

Direktvergleich

Nun verbinde ich meine Stereo-Boxen gleichzeitig mit dem alten und dem neuen Verstärker. Die doppelten Eingänge der Lautsprecher ermöglichen das. Update: Das war wohl nicht so eine tolle Idee. Besser nur einzeln einstecken, auch wenn dadurch eine Pause im Höreindruck entsteht.

Der alte Pioneer SX-550 rauscht im Direktvergleich nur sehr, sehr leise, egal ob mit oder ohne Loudness. Das Rauschen nimmt mit der Lautstärke auch nicht zu. Einzig das Aufdrehen der Höhen verstärkt das Rauschen etwas. Eins zu null für den alten Sack.

**Update: Nachdem ich die Boxen einzeln angeschlossen und nochmals probegehört habe, kann ich das mit den abfallenden Höhen nicht mehr erkennen. Der alte Pioneer klingt super. **

Auch abgesehen von den Höhen klingen die beiden Verstärker unterschiedlich – aber was besser ist, kann ich nicht sagen. Der neue klingt härter und trockener, möglicherweise auch präziser. Beim alten gefällt mir das Stereo-Klangbild besser, ohne dass ich genau sagen könnte, weshalb.

Eindeutig ist, dass der Pioneer SX-550 deutlich mehr Lautstärke erzeugt. Dies, obwohl die technischen Daten eine deutlich tiefere Nennleistung ausweisen. Ich habe die Geräte allerdings nicht an ihre Leistungsgrenze getrieben; es ist also möglich, dass sich das Bild bei Maximallautstärke ändert.

Langlebigkeit

Das Faszinierende am Pioneer SX-550 ist, dass er mit über 40 noch einwandfrei läuft. Ob der neue das auch mal schafft? Keine Ahnung.

Ein Blick ins Innere zeigt zumindest, dass keine Billigstkondensatoren verwendet wurden. Die zwei grossen Hauptkondensatoren hat Pioneer in Zusammenarbeit mit Elna erstellt, einem deutschen Komponentenhersteller mit gutem Ruf. Ansonsten sind da Bauteile der japanischen Hersteller Panasonic und Nichicon drin.

Fazit: Nicht dasselbe, aber ein Ersatz

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Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere. 


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