
Hintergrund
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von Kevin Hofer
An einem Preview-Event durfte ich das am 3. Oktober erscheinende «Digimon Story: Time Stranger» anspielen. Vor allem die Entwicklungen der Digimon und die abstruse Story haben es mir angetan. Trotz mehrerer Kritikpunkte will ich das fertige Spiel unbedingt zocken.
«Digimon» ist einfach besser als «Pokémon». So, jetzt ist es raus. Eine Heerschar Pokémon-Fans, inklusive meines achtjährigen Sohnes, würde mir wohl vehement widersprechen. Ich stehe aber zu meiner Meinung. Mein erster Berührungspunkt mit dem Franchise war mit dem Anime und nicht dem Computerspiel. Mir gefiel die Prämisse, dass Kinder ihre Traumata mit digitalen Monstern an ihrer Seite bekämpfen, einfach besser als die des jungen Abenteurers, der Pokémon-Meister werden will.
Umso erstaunlicher ist, dass ich bislang nie den Einstieg in die Videospielreihe gefunden habe – im Gegensatz zu «Pokémon». Nach dem Anspielen von «Digimon Story: Time Stranger» wird sich das definitiv ändern. Auch wenn ich nicht nur des Lobs bin.
In «Time Stranger» spiele ich wahlweise eine Geheimagentin oder einen Geheimagenten in Tokio, der/die Zeuge einer Katastrophe wird, die die ganze Stadt zerstören könnte. Plötzlich reise ich acht Jahre in die Vergangenheit. Mit meinem Wissen über die Zukunft muss ich das Geheimnis um die bevorstehende Katastrophe aufdecken. Meine Handlungen sollen die Welt verändern und die Geschichte neu formen. Alternative Zeitlinien besuche ich ebenso wie die digitale Welt – eine Parallelrealität, in der die Digimon leben. Mit diesen freunde ich mich an und trainiere sie als Partner im Kampf.
Die Story wirkt erstmal vielversprechend und ich kann es kaum erwarten, das fertige Spiel zu zocken – die «Digimon»-Spiele sollen ja vor allem bei der Erzählung brillieren. Ein grosses Bedenken habe ich diesbezüglich aber.
Die Story-relevanten Dialoge sind alle vertont – ausser die Texte meiner Heldin. Wobei diese sowieso wenig sagt: Ich kann zwar ab und zu Antworten auswählen, aber sprechen tun meist andere. Es wirkt auf mich befremdlich, dass die Person, die ich spiele, stumm bleibt. Ich habe in den ersten Spielminuten das Gefühl, dass ich mich so wenig mir ihr identifizieren kann – auch wenn ich die Antworten auswählen kann.
Am Preview-Event spiele ich den Anfang des Spiels. Der Operator, eine holografischen Präsenz, versorgt mich mit Tipps und Hintergrundinfos zu den Ereignissen im Bezirk Shinjuku, den ich anschliessend erkunden darf. Allzu viel gibt es dort allerdings nicht zu sehen: Ich durchlaufe mehrere in sich abgeschlossene Passagen und kann nur mit wenigen Personen sprechen. Verstörend finde ich, dass NPCs, die nicht ansprechbar sind, kein Gesicht haben. Sie sehen aus wie Schaufensterpuppen.
Auch sonst reisst mich die Präsentation in den ersten Minuten nicht vom Hocker. Ich habe den Eindruck, dass viele Assets mehrfach verwendet werden und die Strassen von Shinjuku sich stark ähneln. Das gilt auch für spätere Passagen in einem U-Bahn-Schacht und einem Verwaltungsgebäude. Beim zu erwartenden Umfang des Spiels kann ich aber darüber hinwegsehen. Was ich von Trailern gesehen habe, bieten zumindest die Abschnitte untereinander viel Abwechslung. «Time Stranger» sieht jedenfalls deutlich besser aus als jedes Pokémon-Spiel und läuft auf dem Rechner, der bei Bandai Namco steht, flüssig.
Der rundenbasierte Kampf in «Time Stranger» beruht auf dem Schere-Stein-Papier-Prinzip – bestimmte digitale Monster widerstehen Angriffen bestimmter Arten und sind gegenüber anderen schwach. Bei «Digimon» heissen die Attribute Daten, Impfstoff und Virus. Virus korrumpiert Daten, Daten überschreiben Impfstoff und Impfstoff heilt Virus. Ein Digimon eines bestimmten Typs lernt in der Regel hauptsächlich Moves dieses Typs. Vier weitere Attribute haben keine Stärken oder Schwächen gegenüber anderen Attributen. Hinzu kommen elementare Stärken und Schwächen wie Feuer, Eis oder Stahl.
Das System ist leicht verständlich, ich gewöhne mich schnell daran. Treffe ich auf ein neues Digimon, muss ich jeweils mit der Analysefunktion Detektivarbeit betreiben, damit ich seine Stärken und Schwächen kennenlerne. Habe ich mich darauf eingestellt, sind die Kämpfe meist schnell gewonnen. Das gilt auch für den einen Boss, den ich bekämpfe. Der steckt im Vergleich zu den regulären Gegnern einfach mehr ein. Es gilt also, immer mindestens ein Digimon für jede erdenkliche Situation dabei zu haben. Ich hoffe, dass im gesamten Spielverlauf etwas mehr taktisches Vorgehen vonnöten ist. Sonst verkommt es zum simplen Digimon Tauschen und auf die Gegner Einkloppen.
Apropos Digimon tauschen: Ich kann jederzeit eines meiner drei digitalen Monster gegen eines aus meiner Reserve tauschen. Das kostet mich nicht einmal einen Zug. Genauso wenig das Verabreichen von Gegenständen. Der Grund: Ich tue dies als Partner der Digimon und nicht sie selbst – das leuchtet ein.
Selbstverständlich kann ich Digimon auch fangen umwandeln. Dazu muss ich sie einfach mehrere Male besiegen. Das erhöht meine Scan-Rate für das spezifische Viech. Erreicht diese 100 Prozent, kann ich die Daten in ein Digimon konvertieren. Es empfiehlt sich aber abzuwarten, denn je näher die Rate zum Maximum von 200 Prozent ist, desto stärker ist die Digitierung.
Das dauert je nach Digimon unterschiedlich lange. Koromon muss ich etwa nur vier Mal besiegen, um die Scan-Rate auf 200 Prozent zu bringen. Praktisch: Ich muss dafür nicht einmal immer in den Kampfbildschirm wechseln. Die Digimon bewegen sich frei durch die Welt und schwächere Exemplare kann ich direkt ausschalten, ohne den Umweg über ein Gefecht.
Koromon ist aber etwa nicht gleich Koromon. Die Digimon haben unterschiedliche Charakterzüge, was sich auf ihre Werte auswirkt. Durch Unterhaltungen können sich diese ändern und sie entwickeln sich so in eine bestimmte Richtung.
Apropos entwickeln: Durch Digitation können die digitalen Monster stärker werden. Dazu müssen sie bestimmte Anforderungen erfüllen, die von Digimon zu Digimon unterschiedlich sind. Umgekehrt können die Biester auch De-Digitieren, wodurch sie zu einer anderen Spezies werden. Dazu müssen sie aber ebenso bestimmte Voraussetzungen erfüllen.
Auch das dauert je nach Digimon unterschiedlich lange. Mein Starter-Monster Gomamon etwa kann ich während des Preview-Events nicht digitieren. Dafür verwandle ich das später gefangene Koromon zu einem Agumon – meinem absoluten Lieblings-Digimon aus der ersten Staffel der Serie.
Ich bin gespannt auf die Möglichkeiten, die sich dadurch ergeben. Auf mich übt das einen enormen Reiz aus, verschiedenes auszuprobieren. Es könnte neben der Story das Highlight des Spiels für mich sein. Damit «Time Stranger» nicht in einem zeitintensiven Grind endet, gibt es die Digifarm. Dort trainieren und entwickeln sich die Digimon alleine. Die hätte ich in einer zweiten Sequenz später im Spiel ausprobieren können. Leider hat mir die Zeit dazu nicht mehr gereicht, weil ich zu spät am Preview-Event ankam – mein Zug ist ausgefallen.
Auch wenn ich nicht viel Zeit mit «Digimon Story: Time Stranger» hatte und doch einiges kritisch sehe, freue ich mich riesig auf das Spiel. Die Welt und die Geschichte, die mich erwarten, machen Lust auf mehr. Und mit den verschiedenen Digimon zu experimentieren übt auf mich einen ganz speziellen Reiz aus.
Besonders toll finde ich, dass ich auch als Neuling schnell Zugang zum Spiel gefunden habe. Ich hoffe, dass die Kämpfe im Endeffekt nicht zu stumpfsinnig und einfach sind und ich doch noch Zugang zum Hauptcharakter finde. Verraten tue ich dir das spätestens am 3. Oktober, wenn das Spiel herauskommt.
«Digimon Story: Time Stranger» erscheint am 3. Oktober 2025 für PS5, Xbox Series X/S und PC. Bandai Namco hat mich an das Preview-Event in Frankfurt eingeladen und die Reisekosten übernommen.
Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.