Kritik

«Morbius» ist eine grosse Enttäuschung

Luca Fontana
31.3.2022

Sechsmal wurde der Kinostart von «Morbius» verschoben. Hat sich das Warten auf den Marvel-Superhelden gelohnt? Die ernüchternde Erkenntnis: Nope.

Eines vorweg: In dem Review gibt’s keine Spoiler. Du liest nur Infos, die aus den bereits veröffentlichten Trailern bekannt sind.


Wo Tom Hollands Spider-Man dank der Zusammenarbeit von Marvel Studios und Sony Pictures erfolgreich ist, versucht Sony Pictures zusätzlich, sein eigenes exklusives Filmuniversum aufzubauen. Ohne Marvel. Ohne Spider-Man. Dafür mit den Schurken aus den Spider-Man-Comics. Ein lizenzrechtliches Tohuwabohu, in dessen Mittelpunkt Tom Hardys Venom steht.

Zwei «Venom»-Filme gibt es schon. Jetzt darf ein neuer Charakter in Sonys «Venomverse» eintreten: Morbius, gespielt von Jared Leto. Sein Weg dahin war steinig. Die Dreharbeiten zum Film wurden vor fast drei Jahren abgeschlossen. Dann kam die Pandemie. Und damit viele schlechte Nachrichten. Der ursprünglich für Juli 2020 geplante Start verschob sich insgesamt sechsmal. Aber die wirklich schlechte Nachricht ist eine ganz andere:

Das Warten hat sich nicht gelohnt.

Darum geht’s in «Morbius»

Dr. Michael Morbius (Jared Leto) ist der wohl genialste Biochemiker der Welt. So genial, dass er es sich leisten kann, den Nobelpreis abzulehnen. «Ich will nicht für etwas geehrt werden, das ein zufällig entstandenes Nebenprodukt eines gescheiterten Experiments ist», sagt er. Gemeint ist damit künstliches, blaues Blut, das Millionen von Menschen auf der Welt das Leben rettet – nur nicht seines.

Morbius leidet an einer seltenen Blutkrankheit, die ihn eigentlich schon lange hätte dahinraffen sollen. Morbius lebt aber. Gerade noch so. Mit letzten Kräften sucht er verzweifelt nach einer Heilung für ihn und seinen besten Freund und Geldgeber, Loxias Crown aka Milo (Matt Smith), der unter derselben Krankheit leidet.

Letztendlich scheint Morbius die Heilung gefunden zu haben: in Vampir-DNA. Doch das Experiment, das er an sich selber durchführt, geht grauenhaft schief. Morbius, der eigentlich gutherzige Doktor, verwandelt sich – in einen bluthungrigen Vampir.

Dieses ganz miese Gefühl

Kennst du das? Das Licht im Kino geht aus. Der Film beginnt. Eigentlich freust du dich auf ihn. Aber schon nach fünf Minuten beschleicht dich ein ungutes Gefühl. Anfangs kannst du es kaum deuten. Dann wird es immer klarer, das Gefühl:

Das wird nichts.

Kein Wunder, tue ich mich schwer damit, dem Film was Gutes abzugewinnen. Bei einem Jason-Statham-«The Meg»-Film habe ich keinerlei Ansprüche. Alles, was ich will, ist gutes Popcorn-Kino. Je dämlicher die Sprüche, je aberwitziger die Story, je stumpfer die Charaktere, desto besser. Dann macht es nichts, wenn ich nebenbei noch etwas Chips aus der Küche holen gehe, ohne auf den Pause-Knopf zu drücken.

Ich dachte, dass selbst, wenn die Story hanebüchen wäre, diese Schauspielriege dennoch genug sein müsste, um den Film zu retten. Nun denn, falsch gedacht.

Keine – also absolut keine Überraschungen!

Okay, was genau ging da schief? Zunächst einmal die unheimlich konstruiert und wenig natürlich wirkende Geschichte von Drehbuchautor Burk Sharpless, dessen Name hier wortwörtlich Programm ist.

Etwa, wenn Morbius in einer Szene in seinem hyper futuristischen Labor Tierversuche an einer bemitleidenswerte Albinomaus macht. Klar, Morbius ist verzweifelt. Sein körperlicher Zustand sichtbar grauenhaft. Dass ihm jedes Mittel Recht ist, an eine Heilung zu kommen, macht Sinn. Dann aber plötzlich ein Notfall: Irgendwo in diesem Labor hat’s ein Nebenzimmer, wo er ein kleines Mädchen behandelt.

Aber: Das schlimmste ist, dass das alles sogar egal ist. Wirklich! Denn wenn ich den gefühlt ganzen Plot schon meilenweit kommen sehe, dann ändern ein paar besser geschriebene Figuren auch nichts mehr am gescheiterten Endergebnis. Und dann kommen zwei Szenen im Abspann, die wortwörtlich den Vogel abschiessen und mein Blut erst recht zum Kochen bringen. Beinahe möchte ich Sony Betrug vorwerfen. Oh, Mann.

Ruhig Blut, nicht alles war zum Wegschmeissen

Und ja: Jared Leto ist gut als Dr. Michael Morbius. Wo er sich in den letzten Jahren mit seinem Overacting wenig Freunde gemacht hat – zum Beispiel in «Suicide Squad» oder «House of Gucci» – hält er sich hier angenehm zurück. Das hilft seinem ruhigen, introvertierten Charakter, der praktisch niemanden ausser seinen Freund Milo an sich ranlässt. Ausser noch einer Frau. Warum ausgerechnet sie… wie gesagt: Die Love-Story ist beknackt.

Anders die innige Freundschaft zwischen Morbius und Milo. Schliesslich teilen die beiden dieselbe Blutkrankheit. Dasselbe Leiden. Das nehme ich den Schauspielern durchaus ab.

Fazit: Einfach nur blutleer – sorry fürs schlechte Wortspiel

Nein, «Morbius» ist definitiv kein guter Film. Für meinen Geschmack wird da so viel Potential verschleudert, dass ich mich mehr aufrege als mich an die paar wenigen, dafür gut umgesetzten Actionszenen zu erfreuen. Schuld daran ist ein richtig mieses Drehbuch mit einer viel zu dämlichen und vorhersehbaren Story, aus dem die talentierten Schauspieler das Maximum rauszuholen versuchen – meist vergebens.

Was meint ihr: Bin ich zu streng oder seid ihr genauso enttäuscht wie ich?


«Morbius» läuft ab dem 31. März im Kino. Laufzeit: 104 Minuten.

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Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.» 


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