Meinung

Mimimi: Geoblocking

David Lee
7.12.2018
Bilder: Thomas Kunz

Geoblocking ist ein Problem, das mir schon länger auf die Nerven geht. Die EU hat nun eine Lösung ausgearbeitet, die mir nichts nützt. Und den EU-Bürgern auch nicht allzu viel.

Ich habe meinen Fernseher verschenkt. Erstens schaue ich nur wenig fern, und zweitens geht das ja auch mit PC oder Tablet. Doch jetzt kann ich die deutschen Sender nicht mehr nutzen. Das ZDF zum Beispiel teilt mir mit: «Aus rechtlichen Gründen kann dieser Beitrag nur in Deutschland gesendet werden.»

Wieder mal Geoblocking.

Ich hätte es wissen müssen. Dabei könnte ich mit einem normalen Fernseher übers Free-TV das ZDF weiterhin problemlos empfangen – und auch viele andere ausländische Sender. Per Streaming gelten offenbar andere Rechte als beim klassischen TV.

Der Live-Stream des ZDF in der Schweiz.
Der Live-Stream des ZDF in der Schweiz.

Eigentlich hätte das Internet den Vorteil, dass man alles von überall her bekommt. Dachte ich zumindest. Doch die Realität sieht anders aus. Ich erinnere mich an Musikstücke, die ich nur im italienischen iTunes kaufen konnte, an Videos, die nur in die USA gestreamt werden und an Hörbücher, die zwar existieren, sich aber hier nicht kaufen und herunterladen lassen.

Ich weiss, dass ich Geoblocking teilweise umgehen kann, aber darum geht's hier nicht. Die Tatsache, dass ich zu irgendwelchen fragwürdigen Hacks greifen müsste, um die alltäglichsten Dinge zu konsumieren, ist gelinde gesagt suboptimal. Mit ihrem Kontrollwahn und ihrem Lizenzgeschacher hat die Unterhaltungsindustrie ein Monster geschaffen, das sich auch mit Heerscharen von Juristen nicht mehr bewältigen lässt.

Landesgrenzen im Internet.
Landesgrenzen im Internet.

Geoblocking ist nur ein Teil dieses Problems. Es wird überall alles Mögliche geblockt. Wenn Kollege Luca Fontana einen Fernseher testet und das in einem zehnsekündigen Video festhalten will, sperrt YouTube das sofort vollautomatisch. Denn auf dem Fernseher werden ja Inhalte gezeigt (!), und das geht ja gar nicht, weil die Inhalte ja jemandem gehören.

Oder: Wenn der Musikproduzent Rick Beato einen bekannten Song analysiert und erklärt, warum der Song so grossartig ist, wird er von YouTube geblockt. Er muss nun, wie er im Video unten erklärt, den Song komplett selbst nachspielen, damit die Filteralgorithmen nicht zuschlagen. Danke Rick, dass du dir die Mühe machst. Mir wäre das wohl zu blöd.

Das Absurdeste an diesem Theater ist natürlich, dass die Unterhaltungsindustrie ja eigentlich mehr von ihrem Zeug verkaufen und verbreiten könnte, wenn sie sich nicht selbst Steine in den Weg legen würde.

Seit dem 3. Dezember 2018 ist nun eine neue EU-Verordnung in Kraft, die das Geoblocking-Problem bekämpfen soll. Eigentlich super. Endlich werden die Landesgrenzen im Internet geöffnet. Aber laut der Meldung auf Heise.de sind von dieser Regelung ausgenommen:

  • Digitale Medien wie E-Books, Musikstücke, Filme und Computerspiele
  • Streamingdienste
  • Finanzdienstleistungen für Privatkunden
  • Verkehrsbereich

Also so ziemlich alles, was tatsächlich ein Problem ist. In diesem Sinn: Danke für nichts.

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