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Microsoft Surface Go 3 im Test: Neue Bezeichnung, altes Gerät?

Martin Jud
29.10.2021

Die dritte Version von Microsofts Mini-Convertible ist beinahe identisch mit dem Vorgänger. Einziger Unterschied: Im mit Windows 11 ausgelieferten Surface Go 3 steckt mit dem Pentium Gold ein angeblich neuer Prozessor, der aber kaum Neues bringt.

Ich bin gespannt, ob ich trotz identischen SoC-Spezifikationen zur Vorgängerversion einen Unterschied finde. Ist Microsoft der dritte Mini-Convertible-Wurf gelungen? Trägt das Gerät berechtigterweise den Namen Go 3 oder müsste es eher Go 2.1 heissen?

Falls du das beinahe identische Vorgängergerät bereits kennst oder die Antwort auf diese Fragen sofort erfahren möchtest, darfst du getrost zum Titel «CPU und Grafikprozessor» springen. Ab da wird es interessant. Alles was davor kommt – also Design, Display, Tastatur und Lautsprecher – ist im Grunde altbekannt und eine neu formulierte Wiederholung meines Surface-Go-2-Tests.

Die Specs des Microsoft Surface Go 3:

In weiteren Versionen ist das Surface Go 3 auch mit LTE oder mit weniger RAM und dem besagten alternativen Prozessor erhältlich – wobei die LTE-Version hierzulande voraussichtlich erst 2022 den Weg in den Verkauf findet.

Wichtig: Windows 11 wie auch Windows 10 sind mit nur 4 GB RAM ein Graus. Beispielsweise kann es bei vielen geöffneten Browsertabs ordentlich stocken. Daher rate ich dringend davon ab, ein Gerät mit weniger als 8 GB zu kaufen.

Hast du dich für eine Version mit 8 GB RAM entschieden, bekommst du von Microsoft nur ein Tablet. Um es als Convertible, also auch als Notebook, zu nutzen, musst du dir ein Type Cover dazukaufen. Ebenso ist ein Surface Pen eine gute Wahl, falls du gerne handschriftliche Notizen machst oder zeichnest:

Das Type Cover gibt's mit unterschiedlichem Layout und in verschiedenen Farben. Den Stift ebenso.

Bevor es losgeht: Die Krücke «S-Modus» loswerden

Der S-Modus ist beim Go 3 standardmässig aktiviert. Er soll Sicherheit bieten, indem du nur Software aus dem Microsoft Store installieren kannst. Darin gibt es jedoch nur begrenzt Software. Daher – weg mit dieser Krücke!

Eine Anleitung zum Beenden des S-Modus findest du hier.

Design und Anschlüsse

Das kleine Surface Go 3 liegt mit 553 Gramm und seinen 24,5×17,5×0,83 Zentimeter gut in der Hand. Die Magnesiumlegierung erinnert beim Anfassen an Aluminium, ist jedoch rauer und sorgt dafür, dass mir das Tablet nicht aus den Händen rutscht. Die Verarbeitung ist tadellos. Das Design gefällt mir bis auf den Umstand, dass ich lieber ein noch grösseres Display und dünnere Ränder hätte. Die messen seitlich 1 Zentimeter, oben und unten sind’s 1,2 Zentimeter.

Der dünne aber stabile Standfuss kann bis zu 165 Grad stufenlos genutzt werden. Ihm hat Microsoft gute Scharniere spendiert, die auch bei einem (versehentlichen) Aufstützen mit dem Körpergewicht beziehungsweise einem Durchdrücken bis 180 Grad nicht nachgeben sollen.

An der rechten Seite des Geräts sind die 3,5-mm-Kopfhörerbuchse, der USB-C- und der Stromanschluss (Surface Connect) zu finden. Versteckt unter dem Standfuss ist der microSDXC Slot, mit dem du den Massenspeicher bei Bedarf mit bis zusätzlichen 1 Terabyte erweiterst. Unterstützt werden durch den Port Speicherkarten bis 2 Terabyte, die es jedoch noch nicht zu kaufen gibt.

Weiter sind oben links Powerknopf und Lautstärkewippe zu finden. Zu guter Letzt ist unten am Tablet der magnetische Surface-Type-Cover-Anschluss, der das Anbringen der Tastatur ermöglicht.

Scharfes Display mit guter sRGB-Farbraumabdeckung

Das 10,5-Zoll-Display im 3:2-Format zeigt mit seinen 1920×1280 Pixel (220 ppi) ein gestochen scharfes Bild. Die Farben wirken satt, aber dennoch natürlich. Jedoch zählt die gefühlte Qualität nicht, weshalb ich es mit einem x-rite i1Display Pro Plus vermesse.

Zuerst will ich wissen, wie regelmässig das Bild ausgeleuchtet wird. Und wie stark es auf grösster Helligkeitsstufe leuchtet:

Beim Betrachten der Helligkeitsverteilung fällt auf, dass das Display in den oberen drei Zonen etwas weniger stark ausgeleuchtet ist. Der grösste Abfall beträgt dabei 31 cd/m², was beim Arbeiten, Surfen oder Filmeschauen nicht auffällt. Messe ich Schwarz- und Weisswert, beträgt der berechnete statische Kontrast knackige 1321:1.

Beim Darstellen verschiedener Farben schneidet das vorliegende Panel beim fürs Arbeiten und Surfen gebräuchlichen Farbraum sRGB mit 99,3 Prozent bestens ab. Der fürs Erstellen von Druckvorlagen wichtige Farbraum Adobe RGB kommt dafür nur auf 69,5 Prozent. Und auch der bei der digitalen Filmprojektion eingesetzte und für lebhaftere Grün- und Rottöne bekannte Farbraum DCI P3 schneidet eher schlecht ab – ich messe eine Farbraumabdeckung von 72,1 Prozent.

Magnetisch haftende Tastatur mit Trackpad (Type Cover)

Das aus Alcantara-Material bestehende Type Cover wiegt 244 Gramm und ist 24,8×19×0,46 Zentimeter klein. Es ist Tastatur und Display-Schutz in einem. Sein Material fühlt sich geschmeidig an – es erinnert mich an weiches Leder. Um es mit dem Surface Go zu verbinden, muss es nur in die Nähe des magnetischen Anschlusses an der Unterseite gehalten werden.

Verwenden kannst du es entweder flach oder leicht angewinkelt. Ausserdem verfügt die Tastatur über eine dreistufige Hintergrundbeleuchtung. Auf einen Nummernblock hat Microsoft aufgrund der geringen Grösse verzichtet. Dafür sind die Tasten genügend weit auseinander, um mit wenig Eingewöhnung das Zehnfingersystem flutschen zu lassen

Das Schreiben mit dem Cover ist Gewöhnungs- und vielleicht auch Geschmackssache. Der Tastenweg bis zum Anschlag beträgt nur einen Millimeter. Mir gefällt das mittlerweile ganz gut. Gegen den spürbaren Auslösepunkt und die leisen Tasten habe ich ebenfalls nichts.

Das Trackpad ist so positioniert, dass ich beim Tippen nicht versehentlich mit den Handballen draufkomme. Es bietet Multi-Finger-Gesten-Unterstützung und hat eine glatte Oberfläche, die sich auch mit schwitzigen Fingern gut bedienen lässt.

Lautsprecher

Beim Surface Go klingt der Sound trotz winzigen Stereo-Lautsprechern vergleichsweise gut. Sie sind im obersten Viertel neben dem Display am Rand angebracht und können mit relativ sauberen Höhen und Mitten überzeugen. Der Bass ist wie fast bei allen Notebooks und Tablets eher mau. Was auffällt ist der Stereoeffekt: Der Sound klingt breiter beziehungsweise raumfüllender, als es die Distanz der einzelnen Lautsprecher erwarten liesse.

CPU und Grafikprozessor

Dieselbe Architektur, dieselben Features, fast alles das Gleiche. Auch unterstützen beide eine Hardware-Dekodierung von H.265/HEVC Main10 und Googles VP9-Videocodec. Die auf den beiden SoC integrierte Grafikeinheit taktet mit 300–950 MHz, beide unterstützen LPDDR3-1866 RAM und weitere identische Features.

Da ich keinen Unterschied ausmachen kann, ziehe ich für die Tests mein privates Surface Go 2 zu. Um keine Betriebssystem-bedingten Differenzen bei den folgenden Benchmarks zu erhalten, upgrade ich es auf Windows 11.

Akkuleistung und Verhalten der CPU beim Stresstest

Ob es beim Go 3 trotz beinahe identischer Konfiguration zum Vorgänger einen Unterschied bei der Akkueffizienz oder Leistung gibt, zeigen die nun folgenden Tests. Wenn nicht, verdient das Gerät seinen Namen meiner Meinung nach nicht. Wenn ein Gerät mit erhöhter Versionsnummer im Namen auf den Markt kommt, erwarte ich, dass sich nebst der Bezeichnung auch sonst was ändert.

Video-Dauer-Streaming

Der Vergleichbarkeit zuliebe streame ich übers WLAN Videos (Netflix) bei rund 150 cd/m² Display-Helligkeit in Dauerschleife. Damit lässt sich ein Film im abgedunkelten Raum schauen. Dann messe ich, wann der Akku bei 3 Prozent angelangt und sich das Gerät selbst herunterfährt.

Stresstest: CPU Performance und Akkulaufzeit unter Höchstleistung

Das Surface Go ist passiv gekühlt. Das hat den Vorteil, dass es immer leise ist. Und den Nachteil, dass nicht über längere Zeit mit voller Power gerechnet werden kann.

Beim Stresstest nutze ich AIDA64, um fast die ganze Hardware voll auszulasten. Das heisst: CPU, FPU, Cache, RAM und GPU. Wie lange der Akku hält, ist dabei zweitrangig. Spannend ist, wie lange aufgrund der nur passiven Kühlung hohe Taktraten möglich sind. Im Gegensatz zur CPU laufen RAM und GPU während dem gesamten Test fast voll ausgelastet.

Und so schneidet das Surface Go 3 im Vergleich zum Go 2 unter Windows 11 ab:

CPU-Auslastung und Akkustand während Stresstest

Hier gibt's das Bild in voller Grösse.

Überraschend ist auf den ersten Blick, dass der Akku beim Surface Go 3 mit 2 Stunden und 32 Minuten eine halbe Stunde länger durchhält als beim Go 2. Beim Blick auf die Temperaturen während dem Test fällt jedoch auf, dass das Go 3 immer so herunter taktet, dass die CPU-Temperatur bei 61°C bleibt. Beim Go-2-Prozessor ist die Grenze bei 65°C, was den Akku schneller leersaugt, aber für rund 100 MHz mehr Takt sorgt.

Bereits nach vier Minuten beginnen beide mit dem Drosseln der CPU – wobei sich das Go 3 etwas mehr Zeit lässt. Das Go 2 kommt bereits eine Minute später bei 56 Prozent (900 MHz) der CPU-Leistung an, wo sie bis zum Schluss nach knapp zwei Stunden verharrt. Das Go 3 drosselt die ersten elf Minuten auf 53 Prozent und nach 26 Minuten auf 50 Prozent (800 MHz) – wo die CPU-Auslastung ebenfalls bis zum Ende bleibt.

Akkulaufzeit bei Office-Arbeiten

Das kleine Gerät ist trotz schwachem Prozessor stark genug für Office. Beim Surfen, Schreiben und Videotelefonie empfinde ich die Bedienung wie beim Vorgänger als zügig. Einzig Bilder bearbeite ich lieber an einem grossen Screen. Je nach Grösse der zu bearbeitenden Datei ist das nicht nur angenehmer, sondern auch wesentlich schneller.

Nutze ich das Go 3 für typische Office-Arbeiten, komme ich damit gleich weit wie mit dem Go 2. Einen Arbeitstag reicht der Akku und bringt achteinhalb bis neun Stunden Saft. Somit deckt sich dieser Punkt mit dem Akkuverbrauch beim Video-Streaming – Go 2 und 3 nehmen sich praktisch nichts und leisten dasselbe.

Benchmark Performance: Same, same – oder doch different?

Ist der neue Prozessor leistungstechnisch wirklich – wie beim Stresstest angedeutet – nicht besser? Das versuche ich mit Tests zu CPU, GPU und einem Office-Benchmark herauszufinden.

Prozessor- und Grafikleistung: Cinebench R23 und Geekbench 5

Hier die Benchmark-Ergebnisse:

Bei Cinebench R20 gibt es bei den Resultaten einen Ausreisser. Da performt der neuere Prozessor beim Multi-Core-Test klar besser. Warum, weiss ich nicht – ich habe das Resultat durch Nachtests verifiziert. Bei den übrigen Tests sind die CPU-Ergebnisse vergleichbar und auf selbem Level. Bei Cinebench R23 ist sogar eine Fast-Punktlandung bei der Wertung zu sehen. Dagegen fällt auf, dass beim Go 2 die GPU etwas besser abschneidet – warum auch immer.

Office-Benchmark PCMark 10

Leider ist der Benchmark PCMark 10 derzeit nicht in der Lage, den Gold-Prozessor des Surface Go 3 zu erkennen. Das führt zu einem ungültigen Resultat. Doch ist das nicht ungewöhnlich: Das Go 3 ist nicht das erste Testgerät, das (vorerst) nur eingeschränkt mit Software vom Hersteller 3DMark funktioniert.

Fazit: Alles beim (guten) Alten

Nach dem Testen des Surface Go 2 war ich von den Neuerungen dermassen begeistert, dass ich mir eins gekauft habe. Nach dem Testen des Surface Go 3 bin ich von den Neuerungen enttäuscht, denn es gibt keine. So sehr, dass ich jedem, der günstiger ein Go 2 kaufen kann, dieses als gleichwertige Alternative empfehle. Immer unter der Voraussetzung, dass es sich dabei um ein Gerät mit 8 GB RAM handelt.

Mit Microsoft und ihren Geräten bin ich an sich zufrieden. Mit dem Marketing oder der Marketing-Abteilung allerdings muss ich hart ins Gericht gehen. Das geht überhaupt nicht. Warum verkauft ihr dieses «neue Gerät» nicht einfach weiter mit Bezeichnung Surface Go 2?

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Der tägliche Kuss der Muse lässt meine Kreativität spriessen. Werde ich mal nicht geküsst, so versuche ich mich mittels Träumen neu zu inspirieren. Denn wer träumt, verschläft nie sein Leben.


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