Kritik

«Mad Heidi» ist ein Gaudi, das Laktoseintolerante diskriminiert

Livia Gamper
21.11.2022

Das Filmprojekt «Mad Heidi» kommt in die Kinos. Zwischen Humor, Horror und einer Neuinterpretation des Heimatfilms «Heidi» ist alles dabei – vor allem sehr viel Käse.

«Mad Heidi» beginnt mit einem Disclaimer: Bevor du den Film anschaust, sollst du dir einen Moment Zeit nehmen, um zu verstehen, wie er gemacht wurde. «Mad Heidi» ist nämlich kein Studioprojekt, sondern durch ein Crowdfunding von Filmfans auf der ganzen Welt entstanden. Insgesamt fünf Jahre dauerte die Realisierung der beiden Berner Regisseure Johannes Hartmann und Sandro Klopfenstein sowie des Basler Produzenten Valentin Greutert.

Rausgekommen ist eine Art von Komödie, bei der die Swissness nicht zu kurz kommt. Und auch Kunstblut und sonstige Horrordarstellungen gibt’s zur Genüge.

Darum geht’s in «Mad Heidi»

Es dauert nicht lange, bis sich Heidi (Alice Lucy) aus den idyllischen Alpen mit Kommandant Knorr anlegt. Denn dieser hat Geissenpeter (Kel Matsena) aufgrund der Herstellung illegaler Milchprodukte gleich selbst kaltblütig auf dem Dorfplatz hingerichtet – und später die Alphütte des liebenswerten Alpöhi und Grossvaters von Heidi (David Schofield) in die Luft gesprengt.

Kein Wunder, ist Heidi hässig.

Schweizer Humor und Klischees allgegenwärtig

Neben Heidi, Geissenpeter und Alphöhi sind auch die weiteren Protagonisten der «Heidi»-Kinderbücher aus den 1880er-Jahren im Film vertreten. Klara, Fräulein Rottenmeier – alle sind dabei. Geissenpeter zum Beispiel wird von einer Person of Color gespielt. Das macht den Film beiläufig und ungezwungen divers. Ob die Filmemacher damit ein politisches Statement absetzen wollten, ist nicht klar – aber es passt zur herrlichen Willkürlichkeit des Rests des Streifens.

Dazu gibt’s im Film immer wieder die wunderschöne Schweizer Landschaft im Schnelldurchlauf zu sehen. Vom Matterhorn geht’s rasch nach Davos und einmal um die Ecke wieder in die Berner Innenstadt.

An Horror fehlt’s nicht

Damit nicht genug. Die Fondue-Folter ist allgegenwärtig. Anstatt mit Waterboarding zu foltern, wird heisses Fondue über die Opfer gegossen: Fondueboarding. Die Opfer verbrennen und ersticken gleichzeitig am flüssigen Käse. So funktioniert der «Trash» im «Trashfilm» nunmal.

Das war aber der Polizei offenbar zu viel: Ein Kader-Polizist wurde wegen seiner Mitarbeit am Film fristlos entlassen – ein solcher Horrofilm mit Nazi-Parodien zu produzieren, wäre nicht vereinbar mit der Polizisten-Position. Im Nachhinein wurde die Entlassung jedoch als unzulässig beurteilt.

Fazit: Viel Witz, aber nicht für alle

Heidi als hellebardeschwingenge Rächerin und Alpöhi als Partisanenkämpfer gegen das Regime der Käsefaschisten sind definitiv sehenswert. Mit einem Aber: «Mad Heidi» ist ein Gaudi, der Film ist aber definitiv nichts für zartbesaitete Seelen. Ein Trashfilm, wie er im Buche steht, mit Humor, der immer wieder mal gewollt die Grenzen von Sitte und Geschmack stösst; Nazi-Polemik ahoi. Dazu fliesst sehr viel Blut – wie das in einem Splatterfilm eben so ist.

«Mad Heidi» ist ab dem 24. November 2022 in den Kinos zu sehen. Und wer nicht ins Kino will, kann den Streifen ab dem 8. Dezember direkt auf madheidi.com streamen – ganz ohne Abo.

Alle Bilder: © Swissploitation Films / madheidi.com

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Experimentieren und Neues entdecken gehört zu meinen Leidenschaften. Manchmal läuft dabei etwas nicht wie es soll und im schlimmsten Fall geht etwas kaputt. Ansonsten bin ich seriensüchtig und kann deshalb nicht mehr auf Netflix verzichten. Im Sommer findet man mich aber draussen an der Sonne – am See oder an einem Musikfestival. 


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