
Hintergrund
«Rimworld» war gestern? So schlägt sich «Ascent of Ashes»
von Kim Muntinga

Early Access hin oder her: «Fellowship» weiss genau, was es will – keine Welt, keine Quests, kein Ballast. Nur vier Spieler, ein Dungeon und das nächste «eins geht noch». Aber motiviert das wirklich?
Ich sitze vor dem Bildschirm, die mittelalterliche Musik spielt leise im Hintergrund, irgendwo klirrt Metall. Vier Figuren stehen im Kreis, jede anders, aber alle mit demselben Ziel: überleben, schneller werden, besser zusammenspielen. Kein Dorf, kein Questgeber, kein Sammelauftrag. Nur wir – und der nächste Dungeon. So beginnt «Fellowship».
Und so bleibt es auch.
«Fellowship» ist kein klassisches Online-Rollenspiel. Die Macher nennen es ein MODA, das erste seiner Art, ein Multiplayer Online Dungeon Adventure, bei dem du genau das tust, was der Name sagt: Du spielst Dungeons. Und nur Dungeons. Es nimmt also das, was in MMOs normalerweise erst nach Dutzenden Stunden kommt – das Endgame – und macht daraus das ganze Spiel.
Im Klartext: Vier Spielerinnen und Spieler teilen sich drei Rollen auf: Tank, Heiler und Damage Dealer. Die «heilige Dreifaltigkeit» des Rollenspiels eben, wie’s Publisher Arc Games nennt, aber mit viel Gewicht. Denn ohne Absprache, ohne Timing und ohne gegenseitige Rettungsaktionen läuft auf den höheren Schwierigkeitsstufen gar nichts.
Jeder Dungeon ist ein kurzer, intensiver Rausch, der mich eher an «Overwatch» mit Schwertern und Fantasy-Rüstung erinnert als an ein Rollenspiel. Du loggst dich ein, wählst einen Helden und reihst dich über einen Gruppen-Finder in die Warteschlange ein. Nach wenigen Minuten springst du ins Dungeon, kämpfst, lootest, verbesserst dich – und reihst dich gleich wieder fürs nächste Dungeon ein.
Schaffst du einen Dungeon innerhalb der vorgegebenen Zeit, steigt dein Rang – und mit ihm die Schwierigkeit. Dafür winken bessere Belohnungen. Das macht Spass und erinnert stark an das «Mythic Plus»-System aus «World of Warcraft».
That’s it. Viel mehr gibt’s eigentlich gar nicht zu sagen.
Überhaupt fühlt sich «Fellowship» wie eine Hommage an Blizzards Klassiker an, nur etwas eleganter, etwas polierter, ein bisschen wie die schönere Version des Originals.
Anders funktioniert jedoch das Fortschrittssystem. Du sammelst keine Erfahrungspunkte, und es gibt auch kein klassisches Level-Up, das dich mit neuen Fähigkeiten oder Talentpunkten für deinen Skill-Tree belohnt. Stattdessen wächst dein Held mit jedem Dungeon-Lauf. Jedes abgeschlossene Abenteuer schaltet direkt neue Talente, Fähigkeiten oder Upgrades frei.
Das wirkt überraschend motivierend: Ich verbessere meinen Helden oder meine Heldin nicht indirekt über Erfahrungspunkte, die ich mir ergrinden muss, sondern jeder Dungeon-Abschluss belohnt mich sofort – mit neuen Talenten, Fähigkeiten oder Upgrades. Und natürlich Loot.
Selbstverständlich gibt es auch ein recht komplexes Ausrüstungssystem rund um Loot, Edelsteine und Item-Upgrades – all das, was den Charakter auch abseits von Dungeons stärker macht. Aber es bleibt im Hintergrund. Das Herzstück des Gameplays ist der Moment nach dem Bossfight: dieses kleine Zucken im Finger, dieser Gedanke «eins geht noch». Und ehe man es sich versieht, sind schon wieder Stunden vergangen.
Was «Fellowship» definitiv nicht ist: ein Rollenspiel. Geschweige denn ein echtes MMO. Es gibt keine Welt, die man erkunden kann, keine Städte und Dörfer, keine lebendige Umgebung, die weiterlebt, wenn man sich ausloggt, keine Quests, die grosse und kleine Geschichten erzählen. Und aktuell auch keine Raids, also grössere Dungeons, die zum Bewältigen mehr als vier Personen benötigen.
Nur am Anfang, in einem hübsch animierten Intro, wird kurz erklärt, dass eine dunkle Macht das Land bedroht – das Minimum an Story, das nötig ist, um ein Schwert zu schwingen. Danach bleibt die Bühne leer und das Spiel überlässt dir den Rest.
Das ist kein Versäumnis, sondern eine bewusste Entscheidung. «Fellowship» will kein Epos sein. Es will kurz, präzise und fordernd sein. Ein Spiel für Abende, an denen du nicht die Welt retten, sondern einfach ein paar gute Runs hinlegen willst. Genau das ist seine Stärke – und seine Grenze.
Denn wer MMOs liebt, wie ich es tue, weil sie mich verschlucken und ich in ihnen lebe, wird hier nur das Adrenalin finden, nicht die Geborgenheit. «Fellowship» ist kein Ort, an den man zurückkehrt. Es ist ein Sprung ins kalte Wasser, jedes Mal aufs Neue. Ein verdammt erfrischender, sicher. Trotzdem frage ich mich, ob mir das langfristig als Motivation reicht.
Vermutlich nicht.
Dabei darf man aber nicht vergessen: «Fellowship» ist noch im Early Access. Und das merkt man. Einige Menüs sind noch roh, das Balancing stimmt nicht immer, und auch manche Komfortfunktionen – etwa Damage Meter oder detaillierte Statistiken – brauchen etwas Finetuning.
Dafür reagieren die Entwickler schnell auf Feedback und bauen laufend Features ein, die von der Community gefordert werden. Man spürt, dass das Spiel im Wachstum ist, sich stetig verändert und mit jedem Patch ein Stück reifer wird. Doch doch, da kommt was Gutes zusammen.
Am Ende meines ersten Abends sitze ich da, die Hände schwitzen, das Herz rast. Kein Level-Up, kein Questabschluss, kein Storybeat. Nur vier Figuren, die am Missionstisch stehen, erschöpft, aber zufrieden. Und ich merke, dass das genau der Moment ist, in dem «Fellowship» am stärksten ist, wenn der nächste Adrenalinkick nur einen Klick entfernt ist.
Ob das auch langfristig motiviert? Mich nicht. Ohne lebendige Welt voller Geschichten und Leben identifiziere ich mich kaum mit meiner Figur, wenn sie sich in meiner Fantasie nicht zum grössten Drachenschlächter des Kontinents mausern kann. Ich bin aber auch nicht der typische «Overwatch»- oder «League of Legends»-Spieler. Meistens zocke ich solche runden- oder dungeonbasierten Spiele ein, zwei Stunden am Stück und habe es dann für eine Weile gesehen.
«Fellowship» fällt für mich genau in diese Kategorie. Das macht es keineswegs schlecht. Im Gegenteil, es ist erstaunlich rund, besonders für ein Early-Access-Spiel. Wer kurze, bekömmliche Action im schicken Fantasy-Setting sucht, wird hier glücklich.
Fellowship ist seit dem 16. Oktober via Steam im Early Access verfügbar.
Ich schreibe über Technik, als wäre sie Kino, und über Filme, als wären sie Realität. Zwischen Bits und Blockbustern suche ich die Geschichten, die Emotionen wecken, nicht nur Klicks. Und ja – manchmal höre ich Filmmusik lauter, als mir guttut.
Interessantes aus der Welt der Produkte, Blicke hinter die Kulissen von Herstellern und Portraits von interessanten Menschen.
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