Kim Muntinga
Hintergrund

«Rimworld» war gestern? So schlägt sich «Ascent of Ashes»

Kim Muntinga
31.7.2025
Bilder: Kim Muntinga

Entwickelt von ehemaligen «Rimworld»-Moddern, will «Ascent of Ashes» vieles anders machen. Im aktuellen Zustand gelingt jedoch nur wenig davon.

08:12 Uhr, Tag 1. Ich blicke über eine weite, grün-gelbe Grasfläche. Sanfte Hügel, knorrige Bäume, verstreute Steine. Fünf Überlebende stehen verloren in der Landschaft.

Der Lead Developer Maximilian Hermann formulierte die Motivation dahinter in einem Interview mit Gameluster so:

Die Idee reicht weit zurück: bis in die Zeit, als «Rimworld» noch im Early Access war. «Rimworld» hatte gerade erst ein Overworld-System eingeführt, und das hat mich wirklich begeistert. Diese Begeisterung ließ jedoch mit der Zeit nach, weil die Entwickler nichts wirklich Interessantes damit gemacht haben.

Inzwischen hat sich das längst geändert: «Rimworld» hat durch DLCs wie «Ideology» und «Odyssey» sowie zahlreiche Mods viele neue strategische Ebenen gewonnen: von Weltraumreisen über Karawanen bis hin zu mehrstufigen Fraktionen. Doch das Ziel der «Ascent of Ashes»-Entwickler ist trotzdem klar: Sie wollen ein Spiel erschaffen, das nicht um einzelne Karten herum gebaut ist, sondern um eine lebendige, systemisch verknüpfte Welt.

Szenario und Spielidee: Überleben nach dem Zusammenbruch

Die Welt von «Ascent of Ashes» ist ruhig, fast unheimlich leer. Sie besteht nicht aus Ruinen oder Stadtlandschaften, sondern aus offenen Grasflächen, ein paar Bäumen, Steinen und sanften Hügeln. Natur dominiert das Bild, aber nicht im Sinne von Idylle, sondern als Umgebung, in der ich ganz allein bin. Es gibt keine Zivilisation mehr. Keine Straßen, keine Menschenmassen.

Das Spiel vermittelt ein deutliches Survival-Gefühl: Ich muss Ressourcen sammeln, Nahrung sichern, Schutz errichten. Doch der Spielfluss ist zäh. Selbst kleine Aufgaben ziehen sich, auch im Fast-Forward-Modus. Vieles erinnert an «Rimworld», einfach weniger ausgearbeitet. Ich kämpfe hier nicht nur gegen die Welt, sondern gegen das Spiel selbst.

Bauen, schuften, kämpfen: Wie funktioniert das Spiel?

Auch in «Ascent of Ashes» muss jede Aufgabe zugewiesen, jedes Möbelstück gebaut, jedes Werkzeug selbst hergestellt werden. Es gibt keine Produktionsketten im klassischen Sinne, sondern eher ein kontrolliertes Chaos.

Der Basenbau funktioniert modular: Ich ziehe Wände auf, setze Türen, errichte Dächer, stelle einfache Betten oder Werkbänke auf. Alles sieht funktional aus. Für den Bau sind meine fünf Figuren zuständig. Die Arbeitsverteilung erfolgt entweder über direkte Befehle oder über ein Prioritätensystem, das stark an das große Vorbild «Rimworld» erinnert: simpel, aber effektiv.

Fortschritt, Forschung, Frust

Auch sonst ist vieles rudimentär: Expeditionen lassen sich zwar planen, wirken aber wie Platzhalter. Figurenanimationen sind simpel, der Kampf unausgereift. Wenn ich ein Reh jagen will, bleibt die Figur plötzlich stehen. Warum? Keine Info.

Ein besonders irritierender Moment war, als eine meiner Figuren – «Wen» – plötzlich komplett verschwunden war. Weder tauchte sie im Charaktermenü auf, noch war sie irgendwo auf der Karte zu finden. Es gab keine Nachricht, keinen Hinweis, keine Erklärung. Solche fehlenden Rückmeldungen untergraben das Vertrauen in das Spielsystem. Insbesondere bei einem Titel, der von Mikromanagement und Kontrolle lebt.

Auch der sogenannte Fog of War wirft Fragen auf: Bereiche, in denen sich keine Figuren aufhalten, sind verdunkelt. Grundsätzlich kann die Idee charmant sein. Bei einem solchen Spiel, bei dem das Mikromanagement und die Kontrolle so wichtig ist, erschwert es das Spielerlebnis nur künstlich. Außerdem verstehe ich nicht, warum ich selbst innerhalb meiner eigenen Gebäude nichts sehen kann.

Grafikstil und UI: Lichtblick mit Schatten

Optisch überrascht «Ascent of Ashes» positiv. Der Cel-Shaded-Look passt gut zum Setting: klare Farben, deutliche Konturen, gute Lesbarkeit. Die Welt wirkt stilisiert, aber funktional. Ich erkenne Gebäude, Beete und Figuren sofort. Auch die Menüs passen sich dem Stil an: dunkle Fenster, einfache Icons, alles solide.

Doch die UI hat ihre Schwächen. Informationen wie Gesundheit, Hunger oder Ausrüstung sind schwer zugänglich. Tooltips fehlen fast völlig, und manche Menüs überfordern durch ihre Leere oder Komplexität. Oft fehlen grundlegende Quality-of-Life-Funktionen, die das Spiel benutzerfreundlicher machen würden: etwa visuelle Hinweise bei abgeschlossenen Aufgaben, bessere Ressourcenübersichten oder der Status beziehungsweise die Ausrüstung meiner Figuren.

Beispielsweise habe ich bislang auch nicht herausgefunden, wie ich die Priorisierung bei der Arbeitsverteilung herabstufen kann. Statt von 3 klicke ich so immer auf 2 und kann nicht zurück auf 4 gehen. Auch kann ich nicht direkt sehen, wo die jeweiligen Stärken meiner Charaktere liegen. Ich sehe nur, ob sie etwas lieben oder dafür ein Talent haben.

Wer keine Erfahrung mit dem Genre hat, wird frustriert sein. Eine solide Basis ist da: Die Gestaltung gefällt mir, aber es fehlt der Feinschliff.

Noch kein Hoffnungsträger

Der Vergleich mit «Rimworld» drängt sich auf, nicht zuletzt aufgrund der Vergangenheit der Entwickler. Doch aktuell bleibt «Ascent of Ashes» weit hinter dem Vorbild zurück. Im aktuellen Zustand braucht es vor allem eins: Zeit. Und Geduld. Sehr viel Geduld.

«Ascent of Ashes» wurde mir von Vivid Storm Interactive für den PC zur Verfügung gestellt. Das Spiel ist seit dem 25. Juli verfügbar.

Titelbild: Kim Muntinga

8 Personen gefällt dieser Artikel


User Avatar
User Avatar

Die Interessen sind vielfältig, gerne genieße ich einfach nur das Leben. Immer auf der Suche nach News aus den Bereichen Darts, Gaming, Filme und Serien.


Gaming
Folge Themen und erhalte Updates zu deinen Interessen

Hintergrund

Interessantes aus der Welt der Produkte, Blicke hinter die Kulissen von Herstellern und Portraits von interessanten Menschen.

Alle anzeigen

Diese Beiträge könnten dich auch interessieren

  • Hintergrund

    Schaurig, aber niedlich: die Welt des süßen Horrors in Games

    von Kim Muntinga

  • Hintergrund

    «Fata Deum»: Wie viel Potenzial steckt in der neuen Göttersimulation?

    von Kim Muntinga

  • Hintergrund

    «The Outer Worlds 2» angespielt: kleiner als «Starfield», dafür mit mehr Humor

    von Philipp Rüegg