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Fairphone 3: Review überflüssig

Das Fairphone 3 ist fair zu dir und zu denen, die es bauen müssen. Aber es hat einen grossen Haken. Da du dir das Teil eh nicht der Specs wegen kaufst, bauen wir das mal auseinander. Warum? Damit du sicher weisst, dass auch du das kannst.

Fordert mehr.

Ernsthaft. Denn wenn ein Unternehmen mit einem Snapdragon 632 vom vergangenen Jahr, 4GB RAM, einer Auflösung von 2160×1080 Pixel auf einem LCD Screen und einem internen Speicher von 64GB davonkommt, dann ist das schlicht nicht gut genug, weil es kein Zeichen setzt.

Weil etwas, das aus Teilen besteht, die geradeso gut einfach irgendwo hätten rumliegen können, ist etwas, das du dir kaufst, wenn du dir ein gutes Gewissen kaufen willst. Nicht etwas, das der Wirtschaft zeigt, dass du etwas Gutes und Faires willst.

An die Schraubenzieher

Darum teste ich das Fairphone 3 mal nicht auf Specs und Kameraqualität, sondern auf die Zerlegbarkeit. Ein Wort, das ich gerade erfunden habe. Hoffentlich.

Rund um das Fairphone ist so ein gummireifenartiges Ding, das die Kanten des Phones schützt. Dann ist da die halbtransparente Rückenplatte, unter der du hässlich-plakative Slogans siehst. Warum? Lasst doch die Technologie durchscheinen. Das sieht dann viel cooler aus. Aber andererseits bin ich ohnehin kein Fan von Slogans und Logos auf meinen Phones.

Die Rückenplatte kannst du wie anno dazumal einfach abziehen. Etwas Kraft dahinter und voilà, das ganze Innenleben des Phones liegt offen. Meist wirst du das Feature wahrscheinlich brauchen, um den Akku zu ersetzen, womit das Fairphone bei guter Behandlung auf unbegrenzte Zeit funktionieren könnte. Denn von allen Teilen am Handy sind die Schwachstellen der Bildschirm, der gerne mal zerscherbelt und der Akku, der über längere Zeit an nutzbarer Kapazität verliert.

Danach folgen die ersten Schrauben. Alle Schrauben, die du für kleine Reparaturen lösen musst, sind gleich gross. Einen Schraubenzieher liefert Fairphone netterweise bereits mit, aber ich bevorzuge einen handlicheren aus dem iFixit-Werkzeugkoffer.

Nur weil ich einen anderen Schraubenzieher verwende, heisst das nicht, dass du extra Geld für Werkzeug liegen lassen musst. Der Schraubenzieher in der Verpackung funktioniert wunderbar. Ich mag einfach einen etwas griffigeren.

Die Kleinteile, die nicht nur Ersatzteil sein können

Sobald der Bildschirm sicher auf der Seite liegt, wird das Fairphone so richtig gut. Denn hier zeigt sich die Stärke des Konzepts in seiner Ganzheit. Mit einfachen Symbolen sind die einzelnen Module gekennzeichnet. Eine stilisierte Kamera für das Kameramodul, zum Beispiel.

Du musst einfach den Anschluss vom System-on-a-Chip – beim PC wäre das das Mainboard – trennen und dann kannst du es locker aus dem Rahmen nehmen. Wäre deine Kamera kaputt, dann kannst du es einfach durch ein neues Kameramodul ersetzen.

Das gilt für alle Ersatzteile. Natürlich könntest du nur ersetzen, aber du könntest auch upgraden. Und upgraden wäre super. Denn faire Flaggschiff-Specs klingen laut mir nach einem verdammt guten und gerechten Plan. Nur, dass Fairphone keine Upgrades anbietet, sondern nur Ersatzteile.

Du kannst das!

Kurz: Das Fairphone ist gut. Aber halt eben nur gut. Ich will, dass es sehr gut ist. Ich will, dass es das Zeichen, das es setzen will, so setzt, dass es mit den Flaggschiffen konkurrenzieren kann. Das Fairphone soll und darf nicht ein Nischenprodukt bleiben. Es muss sexy genug sein, damit sich jemand den Umstieg von Huawei oder Samsung überlegt. Es darf mehr kosten, aber es darf nicht schlechter sein. Im Mittelfeld ist es verschenkt.

So. Fertig. Mach dich an die Schraubenzieher und öffne irgendwas. Ohne Witz, du kannst das.

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Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.


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