Hintergrund

«Ein Kind fällt nicht einfach tot um, wenn es eine halbe Stunde länger zockt»

Patrick Vogt
21.11.2023

Gamende Kinder sind ein Reizthema in der Gesellschaft. Für die einen gehört der Umgang mit digitalen Spielen zur Selbstverständlichkeit, andere befürchten den Untergang des Abendlandes. Ein Fachmann ordnet ein.

Vor kurzem durfte unsere Tochter das erste Mal auf der Nintendo Switch spielen. Sie war begeistert und hat es toll gemacht. Über ihre Eindrücke und Erfahrungen sowie unsere als Eltern habe ich anschliessend geschrieben.

Die Reaktionen auf den Beitrag fielen überwiegend positiv aus. Viele Kommentierende beschrieben, wie sie das Gamen mit ihren Kindern handhaben. Andere erinnerten sich an die eigene Kindheit, und wann sie zum ersten Mal mit Videospielen in Kontakt kamen. Vereinzelt wurde ich auch dafür kritisiert, dass ich unsere Tochter auf der Switch spielen liess.

Gamen oder nicht gamen, das ist hier die Frage

Gibt es weitere negative Begleiterscheinungen?
Ja. Zum Beispiel schildern mir Gamer immer wieder, wie ihnen irgendwann bewusst wurde, wie viel Zeit sie beim Gamen «verspielt» haben. Und was sie stattdessen mit dieser Zeit hätten anfangen können, zum Beispiel sportliche Aktivitäten oder Freunde treffen. Wenn man mal im Flow ist, dann vergeht die Zeit ziemlich schnell. Wir kennen das alle; Games können ein ganz schöner Zeitfresser sein.

Wir als Eltern können unseren Kindern erstens einen sinnvollen Umgang mit Bildschirmmedien vorleben und zweitens ermöglichen, etwa durch Begleitung, Gespräche, Reflexion, Empfehlungen oder Kontrolle. Ihren eigenen Umgang mit Medien müssen sich Kinder und Jugendliche früher oder später selbst erarbeiten: Was tut mir gut, was tut mir nicht gut? Und das gilt ja nicht nur für Games, wir erwarten das von ihnen ja in den verschiedensten Lebensbereichen.

Wann gerät die Game-Nutzung aus dem Ruder?
Meistens dann, wenn Krisen, Konflikte, Krankheiten oder andere belastende Dinge im Leben eines Gamers auftreten. Der Fokus muss dann auf diesen echten Problemen liegen. Ich habe das zigfach beobachtet: Wenn diese Ursachen an der Wurzel gepackt und gelöst werden, pendelt sich auch die Game-Nutzung wieder auf einem normalen Level ein.

Wie steht die Forschung dazu?
In mehreren Jahrzehnten Computerspielforschung konnte bislang kein direkter Zusammenhang zwischen Games und echter Gewalt nachgewiesen werden. Nachgewiesen wurde zwar, dass Games einen Einfluss auf aggressive Gedanken oder andere mentale Dinge haben können. Aber Games machen jemanden nicht ohne Weiteres zum Gewalttäter.

Titelfoto: Shutterstock / rangizzz

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Ich bin Vollblut-Papi und -Ehemann, Teilzeit-Nerd und -Hühnerbauer, Katzenbändiger und Tierliebhaber. Ich wüsste gerne alles und weiss doch nichts. Können tue ich noch viel weniger, dafür lerne ich täglich etwas Neues dazu. Was mir liegt, ist der Umgang mit Worten, gesprochen und geschrieben. Und das darf ich hier unter Beweis stellen. 


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