
Hintergrund
Der Horrorfilm, der so schrecklich ist, dass du eine Schreck-Verzichtserklärung unterschreiben musst
von Dominik Bärlocher
Diesen Frühling jährt sich die Premiere von «Monty Python and the Holy Grail» zum 50. Mal. Bis heute ist der Streifen etwas vom Absurdesten, was es je in die Kinos geschafft hat. Und darum immer noch sehenswert.
Als ich ein Teenager war, lief im Schweizer Fernsehen spätabends «Monty Python's Flying Circus» und ich liebte es. Vom «Ministery of Silly Walks» über den «Lumberjack Song» bis zum Philosophen-Fussballspiel Deutschland gegen Griechenland: Die britische Komikertruppe weckte meine Vorliebe für absurden Humor.
Den Spielfilm «Monty Python and the Holy Grail» (deutsch «Ritter der Kokosnuss») fand ich zwar auch okay, aber es kam meiner Meinung nach nicht an den Flying Circus heran. Es gibt im Film zwar lustige Szenen wie die mit dem Schwarzen Ritter, die sich in mein Langzeitgedächtnis eingeprägt haben. Viele Gags fand ich aber schon als Teenager ziemlich lahm, etwa dass die Ritter nur so tun, als ob sie auf Pferden reiten und die Geräusche mit Kokosnüssen nachahmen.
Bevor ich den Film anlässlich seines 50-jährigen Jubiläums nochmal schaue, habe ich etwas Angst, dass er mich enttäuschen würde. Kultfilme sind oft enttäuschend, wenn man nicht mitten im Kult drin ist. Und mein Humor ist nicht mehr derselbe wie damals. Als Teenager dachte ich, ein schlechter Witz sei besser als gar keiner. Heute denke ich das Gegenteil.
Doch meine Sorgen sind unbegründet. «Monty Python and the Holy Grail» ist kurzweiliger als gedacht. Das mag zum einen daran liegen, dass er, wie früher üblich, nur etwa 90 Minuten lang ist. Das halte ich für eine vernünftige Länge für einen Spielfilm. Heute wird jede noch so dünne Handlung auf zweieinhalb Stunden breit gewalzt. Kein Wunder, fummeln die Leute ständig auf ihrem Second Screen herum.
Der wichtigere Grund ist aber, dass die Gag-Dichte ziemlich hoch ist. Die Menge an kuriosen und überraschenden Einfällen beeindruckt mich auch heute noch. Das fängt schon im Vorspann an, der in Pseudo-Schwedisch untertitelt wird. Die Untertitel driften sehr schnell in einen Werbetext für Ferien in Schweden ab und haben mit dem Vorspann nichts mehr zu tun. Die Untertitler werden angeblich während des Vorspanns entlassen, was aber nichts ändert. Dann werden die, die die Untertitler hätten entlassen sollen, entlassen. Das Absurditäts-o-Meter schlägt bereits in den roten Bereich aus. Und der Film hat noch nicht mal angefangen.
Und so geht es weiter. Der edle König Artus wird in marxistische Diskussionen verwickelt, nicht in Burgen hereingelassen und stattdessen beleidigt. «I fart in your general direction. Your mother was a hamster and your father smelled of elderberries!» Es wird eine Szene in der Burg Camelot gezeigt, obwohl Artus und seine Ritter dort dann nicht hingehen – es sei ein zu alberner Ort. Gehts noch absurder? Ja, locker: Mitten im Film taucht ein Mann aus dem 20. Jahrhundert auf – es wird «a famous historian» eingeblendet – und erklärt den Fortgang der Geschichte, bevor er von einem Ritter im Vorbeireiten getötet wird. Damit schaltet sich die Polizei in den Film ein. Und immer wieder, ein Running Gag: Offensichtlich nicht tote Personen werden kurzerhand für tot erklärt, weil es gerade gelegen kommt.
Das finde ich auch heute noch alles lustig. Trotzdem halte ich den Film nach wie vor nicht für ein Meisterwerk. Der Humor ist über weite Strecken alles andere als subtil. Nicht nur die Schlachten, sondern auch die Witze werden mit dem Zweihänder ausgefochten. Aber viel wichtiger: Die hohe Gag-Dichte ist nicht nur eine Stärke des Films, sondern gleichzeitig auch eine Schwäche.
Denn in seinem Kern ist der Film eine Satire auf die Artus-Sage. Und vermutlich auch auf kitschige Mittelalterfilme. Der Film ist aber so vollgepackt mit Absurditäten, dass man sich zu keinem Zeitpunkt in einem normalen Spielfilm wähnt. Die vierte Wand wird nicht durchbrochen; sie ist gar nie da. Darum greift die Artus-Satire ins Leere. Was bleibt, ist eine wilde Aneinanderreihung von Gags.
Für echtes Mittelalter-Feeling, das wirkungsvoll hätte durchbrochen werden können, fehlte allerdings auch das Budget. Nicht einmal 300 000 britische Pfund brachte Monty Python für das Projekt zusammen. Kein Filmstudio wollte den Streifen finanzieren, die Geldgeber waren hauptsächlich Rockgruppen wie Led Zeppelin oder Pink Floyd sowie Plattenlabels und Co-Producer Michael White.
Aus dem bescheidenen Budget hat Monty Python wahrscheinlich das Beste gemacht. Stellenweise ist der Film geradezu lachhaft schlecht produziert, aber Monty Python nutzt diesen Umstand für zusätzliche Komik. Viele Burgen sehen gleich aus, weil es die gleiche Burg ist. Als doch mal eine andere Burg auftaucht, sagt Arthurs Diener: «It’s only a model.»
Der Film endet so absurd wie er beginnt: Die Polizei fährt mit Sirenengeheul ein, verhaftet Arthur und drängt die Krieger mit Megaphonen zurück. Ein Polizist stoppt die filmende Person. Das wars. Kein Abspann.
Das war wahrscheinlich die billigste Lösung. Es wäre viel zu teuer gewesen, tatsächlich einen Endkampf zu inszenieren. Gleichzeitig ist es aber auch das lustigste Ende, das ich mir denken kann.
Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere.