«Balatro» im Test: Crack mit Karten
Kritik

«Balatro» im Test: Crack mit Karten

Das PC-Game «Balatro» begeistert mit einer Mischung aus Poker, Yahtzee, Tarot und Roguelike. Das tönt genauso absurd, wie es ist. Und ich kriege nicht genug davon.

«Nur no eis Mahjöngli», hat ein Mitarbeiter von mir jeweils nach dem Frühdienst beim Radio gesagt und ist erst mehrere Stunden nach seinem Feierabend nach Hause gegangen. Mahjong auf Facebook war damals die Droge in App-Form. Kurze Spiele um einen Highscore, die dir das Gefühl geben, dass beim nächsten Mal noch ein paar Punkte mehr drin liegen. Die Karotte, die dir am Stecken vor die Nase gehalten wird. «Nur no eis Balöttli» gilt bei mir seit gestern. Das simple Spielkonzept, gepaart mit endlosen Möglichkeiten, macht süchtiger als Crack.

Die Idee ist simpel: Aus einer Auswahl von Karten muss ich Pokerhände wählen. Je besser die Auswahl, desto mehr Punkte kriege ich gutgeschrieben. Ziel ist es, eine vorgegebene Punktzahl (im Spiel als Blind betitelt) zu überbieten. Der Blind steigt von Runde zu Runde. Damit ich mithalten kann, muss ich zwischen den Runden mein verdientes Geld in verschiedene Boni investieren. So kriege ich zum Beispiel mehr Punkte für einen Flush oder wenn ich bestimmte Karten spiele, die ich aufgerüstet habe. Jokerkarten geben mir permanente Boni, zum Beispiel einen Multiplikator, wenn ich nur drei anstelle der maximal fünf Karten werten lasse.

Im Kern dreht sich alles um Pokerregeln.
Im Kern dreht sich alles um Pokerregeln.
Quelle: Screenshot / Ramon Schneider

Fibonacci patrouilliert auf dem Highway

Das führt dazu, dass ich bald nicht mehr die eigentlich höchsten Kombinationen spiele, sondern Kombinationen, die möglichst viele Boni enthalten. In einem Spiel habe ich zum Beispiel ausschliesslich Paare gespielt. In einem anderen Spiel nur Karten aus der Fibonacci-Reihe 1 (As), 2, 3, 5 und 8. So verkommt das anfangs recht stupide Legen von Pokerreihen bald zum optimierten Kniffeln und Streben nach der optimalen Kombination. Mit der Zeit schalte ich immer mehr neue Joker frei, die immer absurdere Boni geben. Die Walkie-Talkie-Karte etwa, die angelehnt an die TV-Serie «Highway Patrol» 10 und 4 belohnt. «10-4» war in der Serie der Funkspruch für «verstanden».

Verstanden, antworten. Die Walkie-Talkie Karte gibt auf 10 und 4 Boni.
Verstanden, antworten. Die Walkie-Talkie Karte gibt auf 10 und 4 Boni.
Quelle: Screenshot / Ramon Schneider

Dass ich während des Spielens oft scheitere, weil ich falsche Boni kombiniere oder schlicht schlechte Joker-Karten vorgesetzt bekomme, gibt dem Spiel den Suchtfaktor. Ich habe immer das Gefühl, dass es beim nächsten Spiel besser laufen wird.

Mike Shiva wäre happy

Die neuen Joker und Decks, die ich mit der Zeit freischalte, eröffnen wieder neue Möglichkeiten, das Spiel zu gewinnen. Wenn ich plötzlich ein so gutes Deck habe, dass ich mit der ersten Hand die geforderte Marke von 10 000 Punkten um ein Vielfaches überbiete, bin ich der grössere Stratege als Napoleon. Verliere ich ein paar Spiele hintereinander, wähle ich ein anderes Deck und damit eine neue Strategie. So haut «Balatro» in die gleiche Kerbe meines Belohnungszentrums wie «Vampire Survivors», «Dead Cells» oder «Facebook-Mahjong».

Astronomie und Astrologie sind Thema bei «Balatro».
Astronomie und Astrologie sind Thema bei «Balatro».
Quelle: Screenshot / Ramon Schneider

Referenzen zur Astrologie (Tarotkarten), zur Astronomie (Planetenkarten) und zu Trading-Card-Games (Boosterpacks) kleiden das ohnehin süchtig machende Spiel in ein herrlich absurdes Mäntelchen, das ihm wahnsininig gut steht. Die retro Pixel-Grafik ist nichts Neues, sie passt hier allerdings wie die Faust aufs Auge.

Ist «Balatro» nach «Inscryption» im Jahr 2021 wieder ein Kartenspiel, das mein Spiel des Jahres wird? Gut möglich.

So, und jetzt: «Nur no eis Balöttli!»

«Balatro» ist auf allen Konsolen und für den PC erhältlich. Es kostet um 15 Franken.

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Als ich vor über 15 Jahren das Hotel Mama verlassen habe, musste ich plötzlich selber für mich kochen. Aus der Not wurde eine Tugend und seither kann ich nicht mehr leben, ohne den Kochlöffel zu schwingen. Ich bin ein regelrechter Food-Junkie, der von Junk-Food bis Sterneküche alles einsaugt. Wortwörtlich: Ich esse nämlich viel zu schnell. 


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