Kritik

«Dying Light: The Beast»: Exzellente Zombie-Action mit technischen Schwächen

«Dying Light: The Beast» überzeugt mit hervorragenden Spielmechaniken und einer brutalen Inszenierung. Nervige Bugs trüben meine Freude am Zombie-Massaker.

In meiner Vorschau zu «Dying Light: The Beast» war ich vom neuen Zombie-Projekt des polnischen Entwicklerstudios Techland durchaus angetan. Franchise Director Tymon Smektała verkündete gar, es sei das beste Spiel, das sein Studio je entwickelt habe.

Nun konnte ich mir einen Eindruck vom Endprodukt machen – und ich bin zwiegespalten.

Ich spüre die grossen Ambitionen, die das Studio mit dem Titel hegt. Zombies vor einer malerischen Kulisse brutal zu ermorden, hat sich noch nie so gut angefühlt. Leider sabotieren Bugs und repetitive Elemente das grosse Potenzial dieses blutigen Spektakels.

Kyle fucking Crane ist zurück

Im dritten Teil der Spielreihe kehrt der Protagonist des Erstlings zurück: Kyle Crane. Der hat seit seinen Zombie-Abenteuern in Harran so einiges erlebt überlebt. Der Muskelprotz wurde von einem verrückten Wissenschaftler – dem «Baron» – gefangen gehalten und diversen Experimenten unterzogen.

Diese haben aus dem sowieso schon fast übermenschlichen Actionhelden wortwörtlich ein Biest gemacht. Kyle verwandelt sich in ein zerstörerisches, unkontrollierbares Monster, wenn er wütend wird. Er entkommt aus dem Labor und schwört blutige Rache am Baron.

Kyle Crane ist kein Mann der vielen Worte.
Kyle Crane ist kein Mann der vielen Worte.
Quelle: Techland

Du erahnst es anhand meiner Zusammenfassung vielleicht schon: Die Story ist lediglich ein Alibi, damit ich in der von Zombies verseuchten Welt von «Dying Light: The Beast» Chaos veranstalten kann.

Auch die Charaktere sind entsprechend platt. Kyles Gefühlsspektrum ist ebenso begrenzt wie seine Mimik. Der Muskelprotz glänzt in Dialogen mit einem begrenzten Vokabular und vielen F-Bomben. Die Figuren, die er auf seiner Reise kennenlernt, haben vergleichsweise mehr Tiefe und eine spannendere Hintergrundgeschichte als der Protagonist.

Das alles soll kein Kritikpunkt am Game sein. Ich erwarte keine emotionale Story, die mich zum Heulen und Nachdenken bringt. Ich will Zombies schnetzeln und Köpfe zum Platzen bringen. Und das macht «Dying Light: The Beast» hervorragend.

Parkour par excellence und blutrünstiger Nahkampf

Das Gameplay-Konstrukt von «Dying Light: The Beast» besteht, wie in den Vorgängern auch schon, aus drei Pfeilern: Parkour, Nahkampf und Fernkampf. Alle drei Pfeiler sind im neuesten Teil brillant umgesetzt.

Ich bin besonders Fan von ersterem. Kyle springt kinoreif über Häuserdächer, Hindernisse und Zombies.

Oftmals sieht die Parkour-Action so gut und flüssig aus, dass es auch eine Zwischensequenz sein könnte – ich behalte aber stets die Kontrolle.
Oftmals sieht die Parkour-Action so gut und flüssig aus, dass es auch eine Zwischensequenz sein könnte – ich behalte aber stets die Kontrolle.
Quelle: Techland

Kyle zu steuern, fühlt sich fantastisch an. Das Zusammenketten verschiedener Parkour-Aktionen funktioniert einwandfrei und ist unheimlich befriedigend. «Dying Light: The Beast» schafft den delikaten Drahtseilakt zwischen automatisierten Abläufen und manueller Kontrolle wie kein anderes Game.

Dass ich mir ab und zu nicht sicher bin, wo ich hinspringen darf und an welchem Vorsprung ich mich festhalten kann, ist zwar nervig, trübt meinen Gesamteindruck von Kyles akrobatischen Fähigkeiten aber nicht allzu sehr.

Spring, Kyle, spring.
Spring, Kyle, spring.

Der Nahkampf ist ebenfalls sehr befriedigend. Mir steht eine Vielzahl an Schlägern, Macheten, Vorschlaghämmern und sonstigen Mordwaffen zur Verfügung. Die kann ich je nach Bedarf mit Mods wie Gift oder Feuer nachrüsten. Hirnlos drauflosschlagen geht nicht – Kyle hat zwar mächtige Muskeln, aber auch er «leidet» an einer Stamina-Anzeige, die sich mit jedem Schwung und Ausweichmanöver leert.

Die ausgeteilten Schläge fühlen sich so richtig schön wuchtig an. Ich spüre den Aufprall meiner Hiebe auf die wandelnden Leichen. Ich sehe ihn auch – und wie. «Dying Light: The Beast» ist gnadenlos explizit.

Wenn ich Zombies attackiere, sehe ich gespaltene Schädeldecken mit herausquellenden Hirnen. Augen fallen aus den Schädelhöhlen. Kiefer lösen sich durch Messerschwünge. Gedärme fallen aus dem Bauch und hängen runter. Köpfe und Gliedmassen fliegen, begleitet von massiven Blutfontänen. Ein absolutes Massaker.

Nichts für schwache Nerven.
Nichts für schwache Nerven.

Noch brutaler wird der Nahkampf mit dem namensgebenden «Beast Mode». Wenn Kyle genug Zombies killt oder genug Schaden erleidet, verwandelt er sich automatisch in ein übermenschliches Biest. Mit zunehmender Spielzeit lerne ich, diese Superkraft zu kontrollieren und bei Bedarf einzusetzen.

Als Biest zerfleischt Kyle seine Gegner regelrecht. Er boxt durch Körper hindurch, trennt Köpfe mit seinen Händen ab und schmeisst mit riesigen Felsen. Das Ganze dauert jeweils nur ein paar Sekunden, dann ist der brutale Spass vorbei. Eine gelungene Ergänzung zur bewährten «Dying Light»-Spielformel.

Kyle muss erst lernen, seine Macht zu kontrollieren.
Kyle muss erst lernen, seine Macht zu kontrollieren.
Quelle: Techland

Die Fernkampfwaffen – unter anderem Pistolen, Maschinengewehre sowie Pfeil und Bogen – spielen im Vergleich zum Nahkampf eine untergeordnete Rolle. Munition ist rar. Die Knarren kommen entsprechend selten zum Einsatz. Das Gunplay fühlt sich nicht so ausgetüftelt an, wie der Nahkampf.

«Schön» ist, dass Techland auch bei den Knarren dieselbe Liebe zum Gore-Detail beweist, wie bei den Nahkampfwaffen. Lande ich einen Headshot, zerplatzt der Kopf des Gegners wie ein Wiener Würstchen, das zu lange in der Mikrowelle war.

Ich sag's ja: Dieses Spiel ist widerwärtig. Und das meine ich als riesengrosses Kompliment an das Entwicklerstudio.

Auch Flammenwerfer schalte ich frei.
Auch Flammenwerfer schalte ich frei.

Knackige Open World irgendwo zwischen Alpen und «Twin Peaks»

Das Gebiet, in dem der Baron sein Unwesen treibt, heisst «Castor Woods» – ein wunderschöner Nationalpark, der irgendwo in den Westalpen liegt. Die Vegetation erinnert jedoch mehr an den pazifischen Nordwesten der USA – «Twin Peaks» war eine grosse Inspiration für das Spiel.

Grafisch sieht die spannende Kombination aus Einflüssen auf jeden Fall ziemlich hübsch aus – vor allem, wenn es regnet. Getrübt wird die Optik manchmal von auffälligen Pop-In-Effekten und matschigen Texturen.

«Dying Light: The Beast» hat seine schönen Momente.
«Dying Light: The Beast» hat seine schönen Momente.

Die Open World von Castor Woods ist kompakt gehalten, dafür umso voller mit Zombies, verlassenen Häusern, zufälligen Ereignissen und Nebenquests. Folge ich lediglich der Story, brauche ich rund 20 Stunden zum Durchzocken. Will ich alles auf der Map sehen, können es gemäss Techland locker über 50 sein.

Ein Schnellreisesystem gibt es nicht. Jede Reise von Punkt A nach Punkt B wird zu einem potenziell lebensbedrohlichen Abenteuer. Meine Hauptmotivation, die Welt zu erkunden: Loot, Loot, Loot. Mit gesammelten Items stelle ich Hilfsgegenstände wie Bandagen her, bastle neue Waffen oder verdiene Geld.

Das Erkunden ist jedoch riskant. Sterbe ich, verliere ich wertvolle Erfahrungspunkte. Nachts wird es noch riskanter. Dann kommen die aus den Vorgängern bekannten «Volatiles» aus ihren Löchern gekrochen – quasi unbesiegbare Super-Zombies, die mich jagen, bis ich tot bin.

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Im Gegensatz zu den Vorgängerspielen gibt es neben dicht besiedelten, vertikal gebauten Stadtgebieten auch viele weitläufige, flache Naturgebiete. In diesen Gegenden fühlt sich das Game mehr nach Horror an als sonst. Vor allem in der Nacht ist es echt unangenehm, alleine durch einen finsteren Wald zu rennen. Schnell mal auf ein Haus klettern und über Dächer springen, um den Volatiles zu entkommen, geht in der Natur nicht.

Das Game zwingt mich, umzudenken und vorsichtiger zu sein.

In Abwesenheit eines Schnellreisesystems sind die Autos umso wertvoller.
In Abwesenheit eines Schnellreisesystems sind die Autos umso wertvoller.

Um die flacheren Naturgebiete zu durchqueren, stehen mir neu auch Autos zur Verfügung. Die stehen vereinzelt in Castor Woods herum und haben praktischerweise immer ein bisschen Benzin im Tank.

Ich liebe es, mit den Ranger-Autos auf Offroad-Strecken rumzurasen, während ich Zombies links und rechts umniete. Lange hält der motorisierte Spass jedoch nicht – der Tank ist schnell leer und die Autos gehen einfach kaputt. Insgesamt sind die Fahrzeuge eine weitere gelungene Neuerung, die nahtlos in das Gameplay-Konstrukt und das Open-World-Design von «Dying Light: The Beast» integriert ist.

Viel Wiederholung, viel Wiederholung

Positiv überrascht bin ich von der Inszenierung vieler Missionen – vor allem die Nebenmissionen bieten tolle, kleine Geschichten. Die Sidequests sind nicht bloss Wegwerfware, sondern haben richtig Fleisch am Knochen und bereichern die Spielwelt ungemein.

Mal helfe ich einem Sohn, seinen dementen Vater aus einer Zombie-Höhle zu befreien. Und mal suche ich für einen verrückten Hippie-Wissenschaftler nach Zutaten für psychedelische Drogen. Cool!

Dieser Hippie hört auf den Namen Starchild und will mit mir Drogen herstellen. Groovy.
Dieser Hippie hört auf den Namen Starchild und will mit mir Drogen herstellen. Groovy.

Trotz spannender Inszenierung bin ich mit zunehmendem Spielverlauf von der langfädigen und repetitiven Missionsstruktur enttäuscht. So sehr ich das Parkour-, Nahkampf- und Auto-Gameplay liebe – das Game reizt diese Elemente in den Missionen etwas zu sehr aus. Zu oft muss ich ewig lange klettern, unendlich viele Zombies niedermähen oder zig mal quer über die Map rennen, um eine Mission abzuschliessen. Zunächst macht das Spass, beim gefühlt hundertsten Mal nutzt sich die anfängliche Euphorie ab.

Bis auf wenige Ausnahmen (wie den letzten paar crazy Quests rund um das fulminante Finale) fehlen die grossen Überraschungen. Momente, die mich staunen lassen. Missionen, die ich nach dem Beenden sofort mit jemandem besprechen will.

So viele Zombies. An jeder Ecke. In jeder Mission.
So viele Zombies. An jeder Ecke. In jeder Mission.

Für etwas Abwechslung sorgen die spektakulär inszenierten Bossfights gegen die «Chimeras» – zumindest theoretisch. Dabei handelt es sich um besonders starke Experimente, die aus dem Labor des Barons entflohen sind. Je mehr ich davon kille, desto mehr Biest-Fähigkeiten schalte ich frei.

Für meinen Geschmack haben die mächtigen Viecher etwas zu viel Lebensenergie und ich verursache etwas zu wenig Schaden. Die Bossfights verkommen so zu nicht enden wollenden Fleissaufgaben, die sich im Verlauf der Story ebenfalls (zu) oft wiederholen.

Checkpoints gibt es bei den Chimeras keine, weshalb ich jeweils ziemlich lange an einem Boss zu nagen habe.
Checkpoints gibt es bei den Chimeras keine, weshalb ich jeweils ziemlich lange an einem Boss zu nagen habe.
Quelle: Techland

An dieser Stelle noch der Hinweis, dass sich das gesamte Abenteuer auch im Koop-Modus spielen lässt, mit bis zu drei weiteren Kyle Cranes gleichzeitig. Der Spielfortschritt wird bei allen Teilnehmenden mitgezählt. Sehr cool. Ich bin für den Test jedoch ausschliesslich solo auf die Jagd nach dem Baron gegangen – so wie ich es auch sonst gemacht hätte.

Nervige Bugs

Technisch macht das Game keine gute Figur. Zuerst das Positive: Ich teste das Spiel auf der PS5 Pro im Performance-Modus. In diesem läuft das Game mit VRR-Unterstützung stets flüssig.

Und nun die schlechten Nachrichten: Beim Testen begegnen mir zahlreiche Bugs, die den Spielfluss stören. Nachfolgend eine Liste meiner Probleme, die mir während der rund 20 Stunden Spielzeit begegnet sind:

  • Der Foto-Modus kann manchmal nicht aktiviert werden – um das Problem zu lösen, starte ich das Game neu.
  • UI-Probleme: Ausgewählte Waffen sind nicht sichtbar, Questmarker verschwinden, nervige Einblendungen erscheinen, die immer wieder auf «nicht verwendete Skillpunkte» hinweisen, obwohl ich alle Punkte verwendet habe.
  • Schwarzer Screen: In der Open World werde ich manchmal von einem schwarzen Screen gestört, der für einige Momente die Action unterbricht.
  • An mehreren Stellen erkennt das Spiel meine Inputs nicht mehr – auch hier: Neustart.
  • Einige Quests muss ich neu laden. Gewisse Events werden nicht getriggert, weshalb ich feststecke. Wieder hilft nur der Neustart.
Blackout während des Gameplays. Sehr ungünstig.
Blackout während des Gameplays. Sehr ungünstig.

Was anfangs mit vereinzelten Bugs lediglich ein bisschen nervig ist, entwickelt sich mit zunehmendem Spielverlauf zu einem immer grösser werdenden Problem. Mit jedem neuen Bug «vertraue» ich dem Spiel weniger. Ich zocke das Game in der Angst, irgendwann «für immer» festzustecken – nicht zuletzt, weil ich keine manuellen Speicherstände erstellen kann.

Schade – die lästigen Bugs hinterlassen nicht nur einen faden Beigeschmack, sondern wirken sich somit auch nachhaltig negativ auf meine Spielerfahrung aus. In vielerlei Hinsicht sind sie sogar noch furchterregender als die grässlichen Zombies in Castor Woods.

«Dying Light: The Beast» ist ab sofort erhältlich für PS5, Xbox Series X/S, und PC. PS4 und Xbox One folgen später. Das Spiel wurde mir zu Testzwecken von Techland für die PS5 (Pro) zur Verfügung gestellt.

Fazit

Ein gelungenes Zombie-Abenteuer, das an technischen Schwächen leidet

Ich hätte dir «Dying Light: The Beast» sehr gerne empfohlen. Denn während meines rund 20-stündigen Ausflugs nach Castor Woods hatte ich viel Spass mit dem Titel. Das Parkour-System ist das beste und flüssigste seiner Art. Der Nahkampf ist wunderbar heftig und blutig. Die Spielwelt ist voller Aktivitäten und besonders die Nebenmissionen sind spannend verpackt.

Leider stellt sich trotz exzellentem Gameplay-Fundament mit zunehmender Spielzeit ein Sättigungsgefühl ein. Die Missionen reizen die Spielmechaniken mit vielen Wiederholungen und langatmigen Spielsequenzen stark aus. Das grössere Problem sind jedoch die nervigen Bugs, die mich vor allem im späteren Spielverlauf stören. Sie sind der Grund, weshalb ich dir rate, erstmal eine Runde Bugfixes und Patches abzuwarten, bevor du dich mit Kyle fucking Crane ins blutige Zombie-Abenteuer stürzt.

Pro

  • brutaler und befriedigender Nahkampf
  • dichte Spielwelt
  • gelungene Nebenmissionen

Contra

  • langatmige Missionsstruktur
  • nervige Bugs, die nerven

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Meine Liebe zu Videospielen wurde im zarten Alter von fünf Jahren mit dem ersten Gameboy geweckt und ist im Laufe der Jahre sprunghaft gewachsen.


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