Jan Johannsen
Produkttest

Zwei Linsen, ein Sensor: Huawei Pura 80 Ultra im Test

Jan Johannsen
29.10.2025

Huawei wagt Neues: Beim Pura 80 Ultra teilen sich zwei Telekameras einen Bildsensor. Wie sich das auf die Fotos auswirkt, erfährst du hier.

Das Huawei Pura 80 Ultra verfügt über zwei Telekameras, mit Brennweiten, die 3,7- und 10-mal größer sind als die der Hauptkamera. Platzsparend nutzen beide denselben Sensor. Selbst die Hauptkamera mit ihrem 1-Zoll-Sensor rückt dadurch in den Hintergrund.

Wenn das Smartphone vier Objektive ersetzt

Mit der «Switchable Dual Telephoto Kamera» bietet das Huawei Pura 80 Ultra im Vergleich zu seiner Hauptkamera zwei Tele-Brennweiten, die gut nutzbar sind und so mehr Optionen beim Fotografieren bieten. In ruhiger Umgebung höre ich, wie sich die Linsen über dem 1/1,28 Zoll großen Sensor verschieben. Der Autofokus korrigiert kurz, wobei der Wechsel so schnell erfolgt, wie bei anderen Smartphones zwischen zwei Kameras und ist in der Praxis kein Nachteil.

Huawei spricht vom größten Sensor, der je in der Telekamera eines Smartphones verbaut wurde. Seine Fläche nutzen die beiden Kameras unterschiedlich aus. Für die Kamera mit 3,7-facher Vergrößerung gibt Huawei eine Auflösung von 50 Megapixeln an. Nutze ich die 10-fache Vergrößerung, stehen nur 12,5 Megapixel zur Verfügung.

Umgerechnet ins Kleinbildformat entsprechen die Brennweiten von 83 und 212 Millimetern, die Hauptkamera liegt bei 23 Millimetern. Vor allem bei geringer Helligkeit ist eine größere Blende wichtig, um mehr Licht aufnehmen zu können. Die kleinere Telekamera verfügt über f/2,4 und die größere über f/3,6.

Mit den Teleobjektiven kommt man wahlweise nah an Motive heran oder erreicht Blickwinkel, die mit einer Standardbrennweite nicht möglich sind.

Bei Dunkelheit bietet das 3,7x-Tele einen Nachtmodus mit längerer Belichtungszeit. Diese Option fehlt beim 10x-Tele, wo selbst mit der Automatik ein ruhiges Händchen gefragt ist.

1-Zoll-Sensor und Ultraweitwinkelkamera mit Nachtmodus

Im Ergebnis liefert das Huawei Pura 80 Ultra mit seiner Hauptkamera eine sehr hohe Detailgenauigkeit und eine natürlich wirkende Farbwiedergabe.

Starke Kontraste gleicht die Software bei den Aufnahmen der Hauptkamera problemlos aus.

Bei Dunkelheit sehe nur geringe farbliche Änderungen durch den Nachtmodus, aber keine Verbesserungen.

Die Ultraweitwinkelkamera mit fester f/2,2-Blende und einer Auflösung von 40 Megapixeln erfasst die ganze Kirche, ohne dass ich einen Schritt zurücktreten muss. Auch hier überzeugen mich Detailgenauigkeit und Farbwiedergabe. Die Verzerrung zu den Ecken hin nehme ich beim weiten Winkel der Kamera in Kauf.

Bei Dunkelheit zeigt der Nachtmodus mit seiner längeren Belichtungszeit bei der Ultraweitwinkelkamera die positivsten Auswirkungen auf die Aufnahme.

Die Frontkamera liefert mit 13 Megapixeln und f/2,0-Blende detailreiche Selfies mit natürlichen Farben. Starke Helligkeitsunterschiede gleicht die Software gekonnt aus.

Gute Verarbeitung, ausreichende Leistung und ein guter Akku

Das 6,8 Zoll große OLED-Display des Pura 80 Ultra hat eine hohe Auflösung von 2848 × 1276 Pixeln, was eine Pixeldichte von 460 ppi ergibt. Die Bildwiederholrate passt sich variabel von 1 bis 120 Hertz an und die Spitzenhelligkeit reicht bis 3000 Nits. Dies allerdings nur bei HDR-Inhalten. Die typische Helligkeit gibt der Hersteller nicht an. Sie reicht aber für die Nutzung bei Sonnenschein aus.

Das Gehäuse des Pura 80 Ultra ist nach IP68/69 für 30 Minuten in zwei Metern Tiefe wasserdicht und hält hohe Temperaturen sowie Strahlwasser aus. Das Display wird von der zweiten Generation des «Crystal Armor Kunlun Glass» geschützt. Das scheint verschiedenen Berichten zufolge dem aktuellen Gorilla Glass Armor sehr ähnlich zu sein, wobei es bei Stürzen etwas robuster und bei Kratzern etwas schlechter zu sein scheint.

Als Prozessor verbaut Huawei den Kirin 9020 aus hauseigener Entwicklung. Dieser kommt auch im aktuellen Falt-Smartphone Mate X6 zum Einsatz. Ihm stehen 16 Gigabyte Arbeitsspeicher zur Seite. Damit ist das Smartphone sehr gut aufgestellt und einwandfrei nutzbar. Ich merke im Alltag keine Verzögerungen oder langen Wartezeiten.

Die Benchmark-Tests sehen dagegen weniger rosig aus. Gegenüber dem Kirin 9010 des Pura 70 Ultra stagniert die CPU-Leistung. Immerhin hat die Grafikleistung um etwa ein Drittel zugenommen. Der Vergleich mit dem Snapdragon 8 Elite, der Top-Smartphones steckt, die günstiger als das Pura 80 Ultra sind, erreicht dagegen in etwa die doppelte CPU-Leistung und mehr als die vierfache Grafikleistung.

Der Akku des Pura 80 Ultra fällt mit einer Kapazität von 5170 mAh durchschnittlich aus. Über Huaweis Schnellladetechnologie «SuperCharge» nimmt er bis zu 100 Watt entgegen. In der drahtlosen Variante «Wireless SuperCharge» sind es 80 Watt. In beiden Fällen benötigst du ein passendes Ladegerät, was nicht zum Lieferumfang gehört.

Der Akkutest von PCMark Work ermittelt bei 50 Prozent Displayhelligkeit eine Laufzeit von 18:40 Stunden. Das ist ordentlich.

Der Weg zu allen Android-Apps ist einfach geworden

Huawei hat weiterhin keinen Zugriff auf Google-Dienste. Damit fehlt der Play Store. Zwar hat Huawei seine eigene «AppGallery» in den letzten Jahren ausgebaut und verschiedene Quellen für Apps eingebunden. Besonders komfortabel ist das in der Nutzung aber nicht und es fehlen immer noch – mitunter wichtige – Apps.

Inzwischen gibt es aber den «Aurora Store» in der AppGallery. Eine Suche, ein Klick auf Installation und die zwei benötigen weiteren Apps für die Micro-G-Services werden direkt mitinstalliert. Anschließend melde ich mich mit meinem Google-Account im Aurora Store an und habe über ihn Zugriff auf alle – wirklich alle – Apps im Play Store. Nebeneffekt: Hier finden sich auch aktuellere Versionen, als ich über die AppGallery installiere.

Damit ist die eingeschränkte Auswahl an Apps für Huawei-Smartphones für mich behoben. Jetzt sprechen höchstens noch andere Dinge gegen die Nutzung von EMUI 15. Zum Beispiel basiert das Betriebssystem trotz aller zwischenzeitlichen Anpassungen immer noch auf der Open-Source-Variante von Android 12. Damit besteht ein großer Abstand zum inzwischen verfügbaren Android 16. Vertrauens erweckend ist das nicht.

Fazit

Hoher Preis für ein Smartphone mit sehr guter Kamera

Das Huawei Pura 80 Ultra überzeugt mit seinen sehr guten Kameras. Vor allem die zusätzliche Brennweite mit guter Bildqualität eröffnet einem unterwegs zusätzliche Optionen für Motive. Da hoffe ich sehr, dass der Hersteller seinen Erfolgskurs in China fortsetzt und weiterhin die Konkurrenz mit Innovationen wie der Wechsel-Telekamera herausfordert.

Denn in Europa ist das Pura 80 Ultra nur ein Gerät für Liebhaber. Die unverbindliche Preisempfehlung fällt mit 1499 Euro – in Franken liegt mir keine Angabe vor – sehr hoch aus. Angesichts eines schwachen Chipsatzes ohne 5G und der alten Android-Basis schon unverschämt. Das gleichen auch der – inzwischen – leicht erreichbare Zugang zu allen Android-Apps, das schicke Display und der gute Akku nicht aus. Das alles bekommt man auch bei anderen Top-Geräten, die ein Drittel weniger kosten.

Pro

  • eine zusätzliche Telekamera
  • gute Telekamera bei Dunkelheit
  • Umweg zu allen Android-Apps inzwischen sehr kurz
  • gute Akkulaufzeit

Contra

  • Leistung im Vergleich zu anderen Top-Smartphones schlecht
  • sehr hoher Preis
  • veraltete Android-Basis
  • kein 5G
Titelbild: Jan Johannsen

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Als Grundschüler saß ich noch mit vielen Mitschülern bei einem Freund im Wohnzimmer, um auf der Super NES zu spielen. Inzwischen bekomme ich die neueste Technik direkt in die Hände und teste sie für euch. In den letzten Jahren bei Curved, Computer Bild und Netzwelt, nun bei Digitec und Galaxus. 


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