Hintergrund

Was kostet arbeiten am Gaming-PC?

Je nachdem, an was für einem Computer du arbeitest, verbrauchst du mehr oder weniger Energie. Die Unterschiede sind gross. Panik ist trotzdem nicht angebracht, wenn du E-Mails am Gaming-PC schreibst.

Methodik und Geräte: Von Mac Mini bis Gaming-PC

Computer ist nicht gleich Computer. Ein High-End-Gaming-PC braucht mehr Strom als ein Laptop ohne dedizierte Grafikkarte. Apples Arm-Chips sind effizienter als x86-Prozessoren von Intel und AMD. Ich lasse deshalb sechs verschiedene Geräte gegeneinander antreten – ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Wenn du auf die Namen klickst, kommst du zu den genauen Konfigurationen:

Für einen möglichst fairen Vergleich klappe ich die Laptops zu. Der interne Bildschirm braucht also keine Energie. Mit einem Smartplug von Voltcraft messe ich bei allen Computern, wie viele Wattstunden sie brauchen für:

  • Eine Stunde YouTube-Wiedergabe in 4K
  • 30 Minuten Stresstest in Cinebench R23
  • Zehn Benchmarks in «Shadow of the Tomb Raider», 1440p mit hohen Details

Durch den kumulierten Verbrauch über einen längeren Zeitraum erhoffe ich mir zuverlässigere Werte, als wenn ich den Stromfluss punktuell messe. Alle Ergebnisse extrapoliere ich auf verbrauchte Wattstunden pro Stunde. Was kommt dabei raus?

Messergebnisse: Massive Unterschiede

Wenig überraschend brauchen die Computer mit mehr Leistung auch mehr Strom – aber nicht nur, wenn ich diese Leistung tatsächlich abrufe, sondern auch im Leerlauf. In meinem YouTube-Test verbraucht der starke Gaming-PC mehr als doppelt soviel Energie pro Stunde wie die Budget-Variante oder der Intel-NUC. Noch eklatanter ist der Unterschied zu mobilen Geräten und dem Mac Mini. Sie brauchen alle nur einen Bruchteil des Stroms.

Rufe ich die maximale Prozessorleistung in Cinebench ab, sieht das Bild ähnlich aus. Im Gegensatz zur immer gleichen Last des YouTube-Tests verändert sich hier aber auch der Gegenwert der investierten Energie: Starke Computer rechnen in der gleichen Zeit mehr als die schwachen. Das lässt sich am Score ablesen. Ich vergleiche deshalb den Energieverbrauch mit der erreichten Punktzahl. Dabei stelle ich drei Dinge fest.

Der mobile Prozessor des Lenovo-Laptops kommt pro Wattstunde auf einen fast doppelt so hohen Cinebench-Score wie die Desktop-CPU. Apples Arm-Chips spielen nochmal in einer anderen Liga.

Was heisst das in der Praxis?

Als Rechenlast nehme ich einen bunten Mix an. Meist schreibe ich Texte oder E-Mails. Manchmal bearbeite ich Bilder in Lightroom. Auch Videocalls brauchen etwas Leistung. Da ich das nicht vergleichbar über alle Geräte hinweg messen kann, mache ich eine hypothetische Mischrechnung aus meinen Referenzverbräuchen: 80 Prozent Stromverbrauch auf YouTube-Level und 20 Prozent auf Cinebench-Level.

Das High-End-Gerät verbraucht in meinem Office-Szenario rund 20 Mal soviel Strom wie der sparsame Mac Mini.

Richtig viel Energie brauche ich, wenn ich am High-End-PC stundenlang zocke und die Leistung der Komponenten voll ausschöpfe. Spiele ich im Schnitt 30 Stunden pro Woche, brauche ich dafür satte 846 kWh pro Jahr. Mit dem günstigeren Desktop mit Ryzen 5 und RTX 3060 sind es 362 kWh – allerdings sinkt die Anzahl Bilder pro Sekunde proportional zum Stromverbrauch.

Was bedeutet das für mein Portemonnaie?

Auch wenn die Unterschiede relativ gesehen gross sind: Nur weil du am Gaming-PC arbeitest, wirst du nicht verarmen, selbst wenn die Strompreise in den kommenden Jahren weiter steigen. Die realen Mehrkosten gegenüber effizienteren Geräten sind in absoluten Zahlen nämlich eher klein.

Ich wohne in Winterthur, wo der Strompreis bei 28,25 Rappen (Rp.) pro Kilowattstunde (kWh) liegt. Exklusive Mehrwertsteuer. Je nach Kanton oder Land variiert dieser Preis stark. Eine Übersicht über die Tarife findest du auf dieser Website des Bundes. Ich rechne die jährlichen Kosten der Geräte mit dem Schweizer Median von 27,2 Rp./kWh aus.

Ökologisch gesehen dürfte sich ein effizienter Computer nur rechnen, wenn ich ihn anstatt einer leistungsfähigen Maschine kaufe – und nicht zusätzlich. Denn in elektronischen Geräten steckt einiges an grauer Energie. Das ist die Energie, die für Produktion, Transport und Lagerung nötig ist.

Game ich pro Woche 30 Stunden an meinem High-End-Testgerät, kostet mich das jährlich 229 Franken.

Will ich grafisch anspruchsvolle Games in guter Qualität spielen, bleibt mir wie oben erwähnt sowieso nichts anderes als ein Gaming-PC übrig. Mehr Bilder pro Sekunde kosten mehr Energie und damit auch mehr Geld. Vergleiche unter den verschiedenen Geräten sind deshalb nicht sinnvoll. Trotzdem interessant sind aber die absoluten Zahlen: 30 Stunden Gaming pro Woche an einem High-End-PC würden mich jährlich 229 Franken kosten.

«Ja und was ist mit…?»

Wahrscheinlich sind dein persönliches Gerät und deine Nutzung anders als meine Beispiele. Diese sollen nur als Referenzpunkte dienen, zwischen denen du deine eigene Situation einordnen kannst. Und natürlich ist der Computer nicht das Einzige, was in einem Homeoffice Energie braucht, auch andere Geräte hängen an der Steckdose.

Fazit: Grosse Unterschiede, kleine Beträge

Was nach viel klingt, hat allerdings nur kleine Auswirkungen aufs Bankkonto. Die 244 Kilowattstunden kosten mit dem aktuellen Schweizer Median-Strompreis gerade mal 66 Franken. Selbst wenn du an einem starken Gaming-PC arbeitest, wirst du deswegen also nicht verarmen – oder dir gar extra fürs Stromsparen ein effizienteres Gerät kaufen. Das rentiert weder finanziell noch ökologisch. Falls die Tarife dereinst stark ansteigen, könnte diese Rechnung anders aussehen.

Titelbild: Samuel Buchmann

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Mein Fingerabdruck verändert sich regelmässig so stark, dass mein MacBook ihn nicht mehr erkennt. Der Grund: Wenn ich nicht gerade vor einem Bildschirm oder hinter einer Kamera hänge, dann an meinen Fingerspitzen in einer Felswand.


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