Hintergrund

The End: 3 Regeln für ein perfektes Filmende

Luca Fontana
4.2.2019

«Star Wars Episode III» ist am Schluss besser als «Lord of the Rings». Fakt. Zeit, einen Blick auf die letzten Minuten eines Films zu werfen – dem Ende.

«Ich kenne die Zukunft nicht. Aber ich werde den Menschen das zeigen, was ihr nicht wollt, dass sie es sehen – eine Welt ohne euch.»

Neo legt den Hörer auf. Er blickt zum Himmel. Dann fliegt er in Superman-Manier aus dem Bild. Überblende auf Schwarz. Aus den Boxen dröhnt «Rage Against the Machine». Der Abspann rollt. Ein Millionenpublikum will Teil Zwei sehen – jetzt.

Das perfekte Filmende ist kein Produkt des Zufalls; es lässt sich konstruieren. Und zwar so, dass das Publikum nach mehr lechzt.

Auf den kommenden Absätzen wird es Spoiler geben zu:

  • «Lord of the Rings: The Return of the King»
  • «Harry Potter and the Deathly Hallows – Part 2»
  • «The Usual Suspects»
  • «Inception»
  • «The Silence of the Lambs»
  • «Star Wars: Revenge of the Sith»

Regel 1: Nicht unnötig in die Länge gezogene Enden

Ein zu langes Ende fordert die Geduld heraus. Was aufkommt, ist Ending Fatigue. Der fehlende Spannungsbogen macht es beinahe unmöglich, das Interesse lange nach Auflösung des Hauptplots aufrecht zu halten.

«Lord of the Rings: The Return of the King» ist ein Film mit Ending Fatigue. Um Mittelerde zu retten, muss Frodo (Elijah Wood) den Ring der Macht zerstören, in dem er ihn in die Lava des Mount Doom wirft. Das passiert im Director's Cut nach etwa drei Stunden und 34 Minuten. Dann folgen 15 Minuten, in der die wichtigsten Nebenhandlungen aufgelöst werden:

  • Aragorn (Viggo Mortensen) wird König
  • Die Hobbits kehren nach Hause zurück, wo alles beim Alten geblieben ist

Regel 2: Das Ende mit dem Knall

Ein unerwartetes Ende ist kein Muss, aber eine effektive Technik, um das Publikum über das Verlassen des Kinosaals hinaus mit dem Film zu beschäftigen. Das kann auf zwei Arten geschehen:

  1. Mit einer Überraschung
  2. Mit einer offenen Frage

Laut Henry Boseley – er betreibt einen Filmblog auf YouTube, The Closer Look – hat «The Usual Suspects» einer der intelligentesten Momente des Hollywood-Kinos.

Roger «Verbal» Kint: «Der grösste Trick, den der Teufel je abgezogen hat, ist, die Welt glauben zu lassen, dass es ihn gar nicht gibt. Und einfach so... ist er weg.»

Regel 3: Das Ende aller Dinge

Filme tragen mehr als eine Handlung. Meistens. Das Problem besteht darin, sie zum richtigen Zeitpunkt zu beenden. Dabei ist die emotionale Wirkung aufs Publikum grösser, wenn mehrere Handlungsstränge gleichzeitig enden.

Zurück zu «Lord of the Rings: The Return of the King». Dort beendet Regisseur und Drehbuchautor Peter Jackson sämtliche Handlungsstränge nacheinander.

Das alles geschieht in einer knappen halben Stunde. Die unnötigen Zeitlupen strecken zusätzlich.

Das geht besser. Zum Beispiel im von George Lucas geschriebenen «Star Wars: The Revenge of the Sith». Auch ein Abschluss einer Trilogie. Im Wesentlichen gibt es dort drei Plots:

  1. Anakin Skywalker (Hayden Christensen) wird Darth Vader
  2. Die Republik wird zum bösen Imperium
  3. Die Liebesgeschichte zwischen Anakin und Padme (Natalie Portman) endet tragisch

Das Ende: Anakins Tod ist zugleich die Geburt Darth Vaders. Zeitgleich stirbt Padme, die kurz vorher die Zwillinge Luke und Leia zur Welt gebracht hat. Dann der Beginn des Baus der ultimativen Waffe des Bösens – des Todessterns. Er ist Symbolbild für Untergang der Republik und Aufstieg des Imperiums.

Das alles geschieht innert vier Minuten und 55 Sekunden.

Dem Publikum wird klar: Wir sind am Ende der Geschichte. Die emotionale Wirkung jeder einzelnen Plotauflösung ist gross, weil Lucas sie gleichzeitig beendet – nicht nacheinander und auf eine halbe Stunde gestreckt.

Im roten Licht des doppelten Sonnenuntergangs Tatooines blicken die Zieheltern von Luke Skywalker einer besseren Zukunft entgegen; einer neuen Hoffnung.

Dann folgt der Abspann. Keine Ending Fatigue.

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Ich schreibe über Technik, als wäre sie Kino, und über Filme, als wären sie Realität. Zwischen Bits und Blockbustern suche ich die Geschichten, die Emotionen wecken, nicht nur Klicks. Und ja – manchmal höre ich Filmmusik lauter, als mir guttut.


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Interessantes aus der Welt der Produkte, Blicke hinter die Kulissen von Herstellern und Portraits von interessanten Menschen.

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