
Hintergrund
Dein Lieblings-Game könnte für immer verschwinden
von Rainer Etzweiler
Wer keine Originalhardware zu Hause hat, kann auf alternative Möglichkeiten zugreifen, um alte Videospiele zu zocken. Das Angebot ist überschaubar.
Viele Gamer haben ein Herz für Retro-Spiele. Das wissen auch Entwicklerstudios. Deswegen legen sie zahlreiche alte Titel als Remaster oder Remakes neu auf.
Die steigende Beliebtheit zeigt aber auch die grosse Schwäche von Retro-Games: Sie sind (noch) nicht für die Ewigkeit gemacht. Hardware ist begrenzt und altert, Lizenzprobleme verhindern Wieder-Veröffentlichungen und Server werden abgeschaltet. Gegen Letzteres wehren sich die Unterzeichnenden der Petitionen «Stop Killing Games» und fordern den Erhalt von Videospielen.
Redaktionskollege Rainer beschreibt die Problematik verschwindender Spiele im folgenden Artikel genauer:
Darum stellt sich die Frage: Wie spiele ich heutzutage Retro-Games, wenn die passende Originalhardware nicht zur Hand liegt?
Neben der Multiplayer-Funktionalität bieten die Abos von Playstation, Xbox und Nintendo auch eine Auswahl von neuen und alten Spielen.
Der Game Pass ist das Abo-Modell von Xbox. Damit erhältst du Zugriff auf einen sich stetig aktualisierenden Katalog von Videospielen. Unter den hunderten von Spielen finden sich auch Klassiker wie das Jump’n’Run «Banjo Kazooie». Das ist eigentlich ein N64-Spiel, wurde im Jahr 2008 aber für die Xbox 360 neu aufgelegt.
Es ist praktisch, dass das Angebot an ein bereits bestehendes Produkt angegliedert ist. Damit bekommen Personen, die ohnehin vom Game Pass Gebrauch machen, ein zusätzliches Goodie.
Xbox hat in Kollaboration mit Antstream dieses Jahr eine Reihe von Retro-Spielen in sein Game-Pass-Angebot aufgenommen, die vom Publisher Activision stammen. Unter den 72 Titeln befinden sich zahlreiche Klassiker wie die Delfin-Simulation «Dolphin», das Taktikgame «Commando» und das Horror-Textadventure «Zork».
Die Spiele basieren vorwiegend auf den Versionen für Atari 2600 und DOS. Einige Ausnahmen sind die Mech-Kampfsimulation «Mechwarrior» für das SNES und der Nachfolger «Mechwarrior 2: 31st Century Combat» für PS1. Die Spiele wurden der modernen Gaming-Ära angepasst und haben Achievements und eine Speicherfunktion verpasst bekommen.
Um Zugriff auf die Retro-Classics-Spielebibliothek zu haben, benötigst du zwingend ein Game-Pass-Abo. Die Spiele lassen sich nicht separat im Store kaufen. Bei den Retro Classics handelt es sich um einen Cloud-Streamingdienst. Das heisst, dass du eine stabile Internetverbindung benötigst.
Kategorie: Abo-Modell
Preis: Zwischen CHF 9.- und CHF 19.99 pro Monat
Im Jahr 2022 hat Sony sein Playstation-Plus-Abonnement ordentlich umgekrempelt. Das Resultat sind drei unterschiedliche Abo-Stufen (Essential, Extra, Premium), über die bis heute kaum jemand einen Überblick hat. Für Retro-Fans ist insbesondere das teuerste der drei Abo-Modelle interessant – Premium.
Über Playstation Plus Premium erhältst du Zugriff auf den sogenannten Klassikerkatalog. Darin enthalten sind Spiele für PS1, PS2 und PSP. Über Cloud-Streaming sind auch PS3-Spiele inbegriffen.
Gepaart mit dem Multiplayer-Abo, regelmässig neuen Spielen, exklusiven Rabatten und Cloud-Speicher wird dir für den monatlichen Preis von CHF 18.90 Einiges geboten.
Leider ist der Klassikerkatalog zwingend an das teuerste der drei Playstation-Plus-Abos geknüpft. Selbst wenn du kein Interesse an den anderen Funktionen hast, musst du trotzdem das teuerste Abo kaufen. Es gibt jedoch auch eine gute Nachricht: Im Gegensatz zum Retro-Classics-Angebot aus dem Game Pass findest du viele Spiele aus dem PS-Premium-Katalog im PS-Store zum Kauf.
Kategorie: Abo-Modell
Preis: CHF 18.90 pro Monat oder CHF 169.90 pro Jahr
Als letzter der drei Konsolen-Hersteller ist auch Nintendo auf den Abo-Zug gesprungen. Mit der Nintendo Switch hat das Unternehmen die kostenpflichtige Nintendo-Switch-Online-Mitgliedschaft eingeführt, die neben Online-Multiplayer auch die Retro-Bibliotheken freischaltet.
Über die Basis-Mitgliedschaft kannst du ausgewählte Spiele für NES, SNES und Game Boy zocken. Über das teurere Erweiterungspaket kommen Spielebibliotheken für N64, GBA und Mega Drive hinzu. Auf der Switch 2 ist sind zudem erste GameCube-Spiele enthalten, doch insbesondere diese Bibliothek hat noch Wachstumsbedarf.
Der Vorteil der Nintendo-Bibliotheken liegt vor allem im Markennamen. Schliesslich prägen Klassiker wie «Super Mario Bros.» und «The Legend of Zelda» seit rund 40 Jahren die Videospiellandschaft. Leider wurden die Spielebibliotheken in den vergangenen Jahren nicht nur mit guten First-Party-Spielen, sondern auch mit Shovelware gefüllt – also mittelmässigen, unbekannten Spielen, die nichts mit Mario, Link und Co. zu tun haben.
Das ist vor allem fragwürdig, weil noch längst nicht alle Klassiker in den Katalogen vorhanden sind – obwohl Nintendo diese bereits früher etwa im Wii Shop als Softwaretitel verkauft hat.
Die Nintendo-Switch-Online-Mitgliedschaft ist (besonders im Familien-Modell mit anderen Personen) im Vergleich zu den anderen Konsolen-Abos deutlich günstiger.
Kategorie: Abo-Modell
Preis: Zwischen CHF 19.90 und CHF 34.90 pro Jahr
Antstream Arcade ist eine Streaming-Plattform im Abo-Modell, die unabhängig von den Konsolenherstellern und deren Online-Funktionen existiert – auch wenn es ein separates Abo für Playstation- und Xbox-Konsolen gibt.
Antstream hat aktuell das breiteste Angebot an Retro-Spielen. Es befinden sich mehr als 1 300 Titel für die unterschiedlichsten Konsolen und Handhelds im Katalog. So sieht die vollständige Liste der vertretenen Geräte im August 2025 aus:
Das Angebot auf Sony- und Nintendo-Geräten ist überschaubar, weil die Hersteller dafür ihre eigenen Abo-Modelle haben. Im Gegensatz zur Konkurrenz kannst du anstelle eines monatlichen oder jährlichen Betrags das Angebot auf Lebenszeit kaufen – was auch immer das in Zeiten von Cloud- und Streaming-Diensten bedeutet.
Kategorie: Abo-Modell
Preis: 3.90 US-Dollar pro Monat, 39.99 US-Dollar pro Jahr und 99.99 US-Dollar auf Lebenszeit
Wenn du kein Abo abschliessen willst, um ein paar alte Spiele zu zocken, kannst du sie auch direkt kaufen. Über die Suchfunktion in den unterschiedlichen Online-Shops wie den Microsoft-Store, den Playstation-Store, den Nintendo eShop, Steam und Co. kannst du nach deinem Wunschspiel suchen – und wenn du Glück hast, wirst du sogar fündig. Die Chancen stehen insbesondere für unbekannte Spiele jedoch schlecht.
Über Retro-Collections gelangst du einfach an mehrere Retro-Spiele auf einmal. Die Sammlungen gibt es oftmals digital, aber je nach Produkt auch physisch zu kaufen. Ein Beispiel ist die «Sega Mega Drive Classic Collection», die Grund zur Freude für Sega-Fans bietet.
Die Sache hat jedoch zwei Haken: Die besagten Fans werden die Spiele auf die eine oder andere Art ohnehin besitzen. Vor allem Sega veröffentlicht dieselben Highlights immer wieder auf die unterschiedlichsten Arten und Weisen. Zum Erhalt von Videospielen ist das durchaus sinnvoll – leider geht so auch die Übersichtlichkeit flöten.
Die Spiele anderer Sammlungen wie die «The Disney Afternoon Collection» oder die «Mega Man Legacy Collection» wurden weniger oft veröffentlicht. Das heisst nicht, dass sich deren Spiele verstecken müssen. Im Gegenteil: Titel wie «Chip 'n Dale Rescue Rangers» und allgemein «Mega Man» bieten Einblicke in die Vergangenheit von Jump’n’Runs als diese noch richtige Knacknüsse waren.
Die Vorteile von solchen Sammlungen sind oftmals die Modernisierung der Spiele, die etwa Speichern in jedem Moment erlaubt, und Bonusmaterial. Vor allem Retro-Fans freuen sich über Artbooks, Soundtrack-Sammlungen und Hintergrundinformationen zu den alten Titeln.
Kategorie: Spiele-Sammlungen
Preis: Spiele(-Sammlungs)-Kosten
GOG, ehemals Good Old Games, ist eine digitale Distributionsplattform für Videospiele mit einem besonderen Auftrag: Das Unternehmen will Spiele für die Ewigkeit erhalten. Das heisst, dass DRM- und Online-Zwang wegfallen. Nach dem Kauf deines Wunschproduktes sollst du unbegrenzt Zugriff darauf haben – in Zeiten, in denen dir Unternehmen Games meist nur noch lizenzieren, statt zu verkaufen, leider keine Selbstverständlichkeit.
Auch GOG hat einen eigenen Retro-Katalog mit beinahe 700 Spielen, in dem du stöbern kannst. Ausserdem haben die Personen hinter der Website die sogenannte Dreamlist lanciert. Dort kannst du mit einem GOG-Account für die Spiele abstimmen, die du als Nächstes auf der Plattform sehen würdest. Je mehr Stimmen ein Game hat, desto wahrscheinlicher wird es in den Spielkatalog aufgenommen.
Kategorie: Vertriebsplattform
Preis: Spiele-Kosten
Falls du Originalspiele hast, sie aber nicht auf den alten Konsolen spielen möchtest, gibt es auch dafür eine Lösung.
Physische Spielmodule kannst du mithilfe von USB-Lesegeräten einfach und legal digitalisieren. Über den Adapter liest du das Spiel ein und erstellst eine ROM, also eine Art Datei, die nicht mehr geändert werden kann.
Dafür existieren Geräte wie die Retrode2 für SNES- und Mega-Drive-Kassetten oder der GB Operator für Game-Boy-Kassetten. Die Retrode2 lässt sich mithilfe von Adaptern erweitern, um sie mit mehr Kassetten kompatibel zu machen.
Liest du die Spiele über ein solches Gerät ein, kannst du dir selbst aussuchen, wie du sie zockst. So greifen Retro-Fans unter anderem auf den einfach zugänglichen Heimcomputer zurück oder nutzen mobile Gaming-Geräte wie das Steam Deck. Beliebt sind auch selbstgebastelte Geräte wie Raspberry-Pi-Minicomputer.
Die Sammler- und Sammlerinnen-Community ist gross und bei Fragen hilfsbereit. Im Internet findest du zahlreiche Tutorials dafür, wie du deine Spielesammlung legal digitalisierst.
Kategorie: Hardware-Zubehör
Preis: Produkt- und Spielekosten
Willst du von den originalen Spielen Gebrauch machen, hast aber keine Lust auf die Einschränkungen der alten Konsolen, dann gibt es moderne Geräte wie die von Analogue. Der Analogue Pocket ist beispielsweise eine Alternative zum Game Boy, die die Spiele knackscharf auf einem beleuchteten Bildschirm abbildet. Auch das mühsame Auswechseln von Batterien fällt dank des eingebauten Akkus weg. Vor rund einem Jahr ist mit dem Analogue 3D auch eine N64-Alternative erschienen.
Kritikpunkte der Analogue-Geräte sind die geringe Verfügbarkeit und möglicherweise der Kostenpunkt – selbst wenn dieser durch die hohe Qualität der Geräte gerechtfertigt ist. Die Qualität dürfte auch der Grund dafür sein, dass die modernen Konsolen-Alternativen oftmals ausverkauft sind.
Es gibt zahlreiche weitere solcher Geräte, die auch durchaus günstiger ausfallen.
Kategorie: Hardware
Preis: Produktkosten
Die Mini-Konsolen, die um das Jahr 2020 im Trend lagen, sind ebenfalls eine Möglichkeit, um an eine kleine Retro-Spielesammlung zu kommen. Konsolen-Hersteller wie Nintendo haben hierfür Geräte wie das SNES Mini entwickelt, auf denen eine feste Anzahl von Spielen vorinstalliert ist.
Neben Nintendo sind Sega und Sony mit eigenen Mini-Konsolen auf den Trend-Zug aufgesprungen.
Der Nachteil gegenüber Geräten, die du selbst mit ROMs bespielst, liegt im begrenzten Inhalt. Wenn wir beim SNES-Mini-Beispiel bleiben, befinden sich darauf 21 vorinstallierte Spiele. Die Sammlung kann sich mit Titeln wie «Super Mario World» und der erstmaligen Veröffentlichung von «Star Fox 2» schmücken. Hast du aber einmal alle Spiele durchgezockt und willst Nachschub, musst du dich woanders umschauen. Nintendo hat die Chance verstreichen lassen, separat erwerbliche Spiele für die Mini-Konsole zu veröffentlichen.
Dafür sind die Mini-Konsolen äusserst unkompliziert. Du steckst das Gerät ein und schon kannst du losspielen, ohne das Spiel auf dem Dachboden zu suchen oder es von einem Download-Client eines Abo-Modells herunterzuladen. Wie in den guten alten Zeiten im Kinderzimmer.
Kategorie: Hardware
Preis: Produktkosten
Meinen ersten Text über Videospiele habe ich mit acht Jahren geschrieben. Seitdem konnte ich nicht mehr damit aufhören. Die Zeit dazwischen verbringe ich mit meiner Liebe für 2D-Husbandos, Monster, meinen Krawallkatzen und Sport.