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Warum Scherben einer verborgenen Regel gehorchen
von Spektrum der Wissenschaft

Mit dem James-Webb Weltraumteleskop gelingt eine weitere bedeutende Entdeckung: eine Supernova aus der Epoche der Reionisation, rund 730 Millionen Jahre nach dem Urknall. Und sie verhält sich völlig anders, als man es für so frühe Sternexplosionen erwartet hätte.
Beobachtungen mit dem James Webb Space Telescope (JWST) ermöglichten eine weitere beeindruckende Leistung: die Entdeckung der bislang am weitesten entfernten Supernova. Sie explodierte, als das Universum gerade einmal 730 Millionen Jahre alt war und sich noch tief in der Phase der Reionisation befand, berichtet ein Team um Andrew Levan von der Radboud University in Nimwegen und der University of Warwick in England im Journal «Astronomy and Astrophysics Letters». Damit wird der vom JWST bislang gehaltene eigene Rekord noch einmal deutlich überboten: Die bisherige Spitzenreiterin unter den mit Webb entdeckten Supernovae ereignete sich, als das Universum 1,8 Milliarden Jahre alt war.
Ganz ohne Hilfe gelang die Entdeckung allerdings nicht: Die ersten Hinweise lieferte am 14. März 2025 die französisch-chinesische Mission SVOM (englisch: Space-based multi-band astronomical Variable Objects Monitor). Sie meldete einen langen, etwa zehnsekündigen Gammastrahlenausbruch aus einer weit entfernten Quelle. Rund anderthalb Stunden später konnte mit dem Neil Gehrels Swift Observatory das in der Folge GRB 250314A getaufte Ereignis lokalisiert werden; Nachbeobachtungen mit dem Very Large Telescope der ESO in Chile, kaum 17 Stunden nach dem ersten Signal, ergaben schliesslich ein Alter von etwa 730 Millionen Jahren nach dem Urknall. Das entspricht einer kosmologischen Rotverschiebung von z = 7,3.
Auf einen langen Gammablitz folgt oft eine Supernova – die Explosion eines massereichen Sterns. Deren Licht ist normalerweise nur wenige Wochen sichtbar, bevor es langsam verblasst. Doch durch die Ausdehnung des Kosmos erwartete das Team, dass sich die auf GRB 250314A folgende Supernova über mehrere Monate hinweg aufhellt. So wurde das JWST am 1. Juli 2025, etwa dreieinhalb Monate nach dem ersten Nachweis des Gammablitzes, auf dessen Ursprungsort gerichtet – in der Annahme, dass die Supernova zu diesem Zeitpunkt am hellsten sei.
Die Ergebnisse waren erstaunlich: Webb enthüllte, wie erwartet, die bislang am weitesten entfernte Supernova; sie erwies sich jedoch zur Überraschung der Astronomen als fast identisch zu heutigen Vertretern ihrer Art. Ihre Helligkeit gleicht derjenigen des Ereignisses SN 1998bw in der Galaxie ESO 184-G82. Diese war die erste Supernova, die mit einem Gammablitz in Verbindung gebracht wurde, und folgte vermutlich auf den Kollaps eines sehr massereichen Sterns. Die Ähnlichkeit mit der nun entdeckten Supernova ist bemerkenswert: Denn man erwartete, dass frühe Sterne aufgrund ihres Mangels an schweren Elementen und ihrer grösseren Masse Supernovae mit deutlich anderen Eigenschaften erzeugen würden.

Die Beobachtungen deuten jedoch darauf hin, dass sich GRB- und Supernova-Eigenschaften über einen Grossteil der kosmischen Geschichte nur in einem relativ engen Rahmen ändern. Eine deutlich hellere oder blauere Supernova als SN 1998bw, wie sie von frühen Sternen erwartet wurde, konnte das Team ausschliessen. Der Stern, der den heftigen Gammablitz GRB 250314A und die nun von Webb entdeckte Supernova erzeugte, war demnach nicht wesentlich massereicher und ähnelt möglicherweise den GRB-Vorläufern im lokalen Universum, vermutet das Team.
Mittels JWST gelang zudem die Identifikation der äusserst schwachen Wirtsgalaxie von GRB 250314A. Sie erscheint im Infraroten als verschwommener, rötlicher Fleck und gleicht anderen Galaxien dieser frühen Phase des Universums. Dass auch sie zur beobachteten Helligkeit der Supernova beitrug, konnte das Team dabei nicht ganz ausschliessen.
Um den «spektralen Fingerabdruck» solch weit entfernter Galaxien besser zu verstehen, plant die Gruppe um Levan daher bereits weitere Untersuchungen, insbesondere vom unscheinbaren Nachglühen früher Gammastrahlenausbrüche. Von diesen sind nur sehr wenige aus den Anfängen des Universums bekannt. Die Zusage für die begehrte Beobachtungszeit mit dem JWST hat das Team bereits in der Tasche.
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