Produkttest

Nachgemessen: Sennheiser Momentum 4 vs. Momentum 3

David Lee
29.9.2022

Mein erster Eindruck war, dass der Sennheiser Momentum 4 nicht wesentlich anders klingt als sein Vorgänger. Doch die Messungen zeigen: Ich lag falsch.

Keinesfalls will ich diesen Messungen blind vertrauen. Ich gleiche sie ab mit meinem eigenen Höreindruck und dem einer weiteren Person sowie Messungen von anderen Testern. Meine Messungen sind also nur ein Puzzleteilchen bei der Einordnung des Sounds.

Der Höreindruck

Livia schreibt in ihrem Test, dass der Momentum 4 «nicht massgeblich anders» klingt als das Vorgängermodell. – Der Neue habe etwas mehr Bass, die Mitten seien im Gegensatz zu vielen anderen Kopfhörern deutlich präsent.

Mir geht es beim Probehören ähnlich. Die Mitten klingen für mich sehr durchsetzungsstark und kräftig. Die Bässe sind auch stark, ohne dass es zu wummern anfängt. Diese Beschreibung gilt für beide Modelle. Ich könnte nicht einmal eindeutig sagen, welcher Kopfhörer mehr Bass hat – mal scheint mir dieser, mal jener etwas kräftiger. Sogar der noch ältere Sennheiser Momentum 2 klingt für mich nicht wesentlich anders.

Die Messungen

Der Vergleich der beiden Modelle zeigt, dass der Bassbereich beim Momentum 4 tatsächlich lauter ist. Bei etwa 100 Hz laufen die Kurven zusammen. Der Mittenbereich rund um 1 kHz ist gegenüber dem Momentum 3 ebenfalls deutlich lauter.

Die Messungen der tiefsten Frequenzen können stark voneinander abweichen, je nachdem, wie die Ohrmuscheln aufliegen und das Ohr mehr oder weniger abdichten. Mehr dazu in diesem Beitrag. Die obigen Kurven sind Durchschnittswerte aus je fünf Durchgängen. Die einzelnen Messkurven sehen so aus:

Während die Abweichungen beim Momentum 4 nur den Tiefbassbereich bis 50 Hz betreffen, gehen sie beim Momentum 3 bis etwa 250 Hz. Ein Grund dafür könnten die Ohrmuscheln sein, die beim Momentum 4 wesentlich weicher und glatter sind. Besonders auf einer glatten Fläche wie dem weichen Silikonaufsatz des Messgeräts oder einer glatten Körperhaut dürften diese Ohrmuscheln besser abdichten.

Der Kontroll-Check

Diese Anhebung der Mitten ist doch sehr auffällig – das müsste doch zu hören sein. Noch einmal setze ich den Momentum 4 auf. Mit dem Equalizer drehe ich die betreffenden Frequenzen hoch und runter, um ein Gespür zu erhalten, wie dieser Unterschied klingt. Dann nehme ich den Momentum 3 – und höre es sofort. Die Musik klingt dumpfer und wärmer. Die Sache ist sehr eindeutig. Wie konnte ich das beim ersten Mal nicht hören?

Für mich zeigt diese Erfahrung, wie sehr es darauf ankommt, worauf ich meine Aufmerksamkeit richte: Nur wenn ich im Voraus weiss, auf welchen Frequenzbereich ich mich achten muss, höre ich den Unterschied. Ein unvoreingenommenes Probehören ist zu Beginn sicher gut, reicht aber alleine nicht.

Fazit: Mehr Bass, mehr Mitten

Der Bassbereich des Momentum 4 ist kräftiger und vor allem konsistenter, die Unterschiede je nach Aufliegen der Ohrmuscheln sind weniger gross. Auch der Mittebereich ist präsenter. Der Momentum 3 legt den Akzent eher auf die oberen Bässe und tiefen Mitten. Das muss nicht schlechter sein, bei Rockmusik gefällt mir dieses Profil sehr gut.

Obwohl der Unterschied zwischen den beiden Kopfhörern deutlich zu hören ist, habe ich ihn erst bewusst wahrgenommen, nachdem ich das Frequenzspektrum angesehen habe. Das zeigt einmal mehr, wie sehr es bei Audio auf die Psychologie ankommt – und worauf du dich beim Hören konzentrierst.

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Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere. 


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