
Hintergrund
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von Domagoj Belancic
Zur Vorbereitung auf «Metal Gear Solid Delta: Snake Eater» zocke ich zum ersten Mal den ersten Teil der «Metal Gear Solid»-Reihe. Die Story ist auch heute noch stark, das Gameplay hat hingegen dringend ein Upgrade nötig.
Am 28. August 2025 erscheint «Metal Gear Solid Delta: Snake Eater». Dabei handelt es sich um die Neuauflage des dritten Hauptteils. Chronologisch betrachtet spielt «Snake Eater» vor allen anderen Teilen. Das wird auch der Grund dafür sein, weshalb Konami den dritten Teil als erstes neu auflegt.
Ich werfe die vorgeschlagene, neue Reihenfolge über den Haufen, indem ich trotzdem mit dem ersten Teil einsteige. Im Nachhinein bin ich damit zufrieden, denn die Geschichte von «Metal Gear Solid» überzeugt auch heute – anders als die veraltete Technik und das sperrige Gameplay.
Auch wenn Teil 1 in der Chronologie nicht vorne steht, werde ich von Anfang an gut mitgenommen – wie bei einem ersten Teil zu erwarten. Ich schlüpfe in die Rolle des legendären Söldners Solid Snake und muss einer Reihe von Terroristen das Handwerk legen. Die Gruppe namens «Foxhound» verbarrikadiert sich auf der fiktiven Insel Shadow Moses in einer Anlage zur Entsorgung von nuklearen Waffen.
Die Foxhound-Gruppe ist auch 20 Jahre nach der ursprünglichen Veröffentlichung des Spiels eine gute Wahl für die Schurken. Die einzelnen Mitglieder prägen sich mir aufgrund ihrer starken Persönlichkeiten und den kreativen Bosskämpfen ein. Psycho Mantis beeindruckt mich als Neueinsteigerin leider wenig, weil ich von anderen weiss, wie er zu besiegen ist. Dafür begeistert mich der mysteriöse Cyborg Ninja, der einem Anime entsprungen sein könnte. Ich muss seine Bewegungen genau beobachten, um im richtigen Moment zuzuschlagen. Meine Schusswaffen sind in dieser Auseinandersetzung nutzlos, weil sie Ninjas Rüstung nichts anhaben können.
Die Geschichte wird filmisch inszeniert und über regelmässige Zwischensequenzen erzählt. Sie nehmen beinahe die Hälfte der Spielzeit ein. Auf Youtube finde ich Zusammenschnitte, die vier bis fünf Stunden dauern. Für ein Spiel, für das ich laut howlongtobeat.com rund zwölf Stunden benötige, ist das eine Menge. Langweilig ist mir dabei nie, denn aus Spielen wie «Death Stranding» bin ich mir den Erzählstil von Film-Fan Hideo Kojima gewohnt und lehne mich gemütlich zurück.
Trotz der langatmigen Erzählweise trifft die Geschichte von «Metal Gear Solid» einen Nerv und ist heute aktueller denn je. Die Bedrohung nuklearer Waffen sorgt auch in der realen Welt für Konflikte, wie die Angriffe der USA auf iranische Atomanlagen vor wenigen Monaten bewiesen haben.
Weiter beschäftigt sich das erste «Metal Gear Solid» im Kern mit dem Thema «Nature vs. Nurture/ Veranlagung vs. Erziehung». Verschiedene wissenschaftliche Gebiete stellen sich seit jeher die Frage, wie viel Einfluss die eigenen Gene beziehungsweise das Umfeld auf die Entwicklung eines Individuums haben. Während sich die Charaktere durchaus in ihrem Geschwafel verlieren, gibt es immer wieder schöne und starke Momente. So wird Snake mehrmals nahegelegt, dass er sein Leben selbst bestimmen solle, anstatt sich seinen Genen zu ergeben. Auch das ist im Rahmen der Selbstfindung ein aktuelles Thema.
Wenn mal keine aufwändige Zwischensequenz die Handlung vorantreibt, dann einer der vielen Anrufe über den sogenannten «Codec». Darüber telefoniere ich mit unterschiedlichen Personen, die Snake bei seinem Vorhaben unterstützen.
Zu meinen Helfern zählt der Colonel, der auf der Seite der US-amerikanischen Regierung steht und für meinen Auftrag zuständig ist. Wenn ich Fragen habe, kann ich über das Betätigen der «Start»- und «A»-Tasten des Gamecube-Controllers den Codec aufrufen und nach Tipps fragen – sogar mitten in Bosskämpfen.
Das reisst mich aus dem Spielgeschehen, wenn ich mitten in einem epischen Sniper-Duell erst einmal drei Minuten telefoniere. Gleichzeitig bin ich der Funktion auch unglaublich dankbar, weil ich dadurch Tipps erhalte, wie ich etwaiges Sniper-Duell am besten meistern kann. Denn Hilfe habe ich bei «Metal Gear Solid: The Twin Snakes» immer wieder nötig.
Andere Gameplay-Spielereien vertiefen mein Erlebnis. Zum Beispiel speichere ich, indem ich über den Codec die Datenanalystin Mei Ling anrufe. Sie durchbricht auch immer wieder mal die vierte Wand. Hier spüre ich eindeutig den besonderen Stil Hideo Kojimas. So auch in der berühmten Folterszene durch Otacon. Anstatt sie in einer von vielen Zwischensequenzen anzuschauen, muss ich über wiederholtes Drücken der «A»-Taste den Stromschlägen widerstehen. Gelingt mir das, schalte ich ein besseres Ende frei. Zugegeben: Besonders spassig oder kreativ ist das Hämmern auf die «A»-Taste in diesem Moment nicht. Es bietet aber Abwechslung vom übrigen Gameplay und ist kurz genug, um nicht negativ ins Gewicht zu fallen.
Beim allgemeinen Gameplay merke ich schnell, woher der Titelzusatz «Tactical Espionage Action» stammt. Am besten komme ich durch Shadow Moses, indem ich die stationierten Wachen umgehe. Dafür schleiche ich, betrete Lüftungsschächte und mache Gebrauch von dem Zubehör, das ich vor Ort finde. Damit schalte ich Kameras und Geschütztürme aus, während ich das Bewachungspersonal mit schallgedämpften Waffen in den Schlaf schicke. Das könnte durchaus Spass machen, die Technik treibt meine Geduld jedoch öfter an meine Grenzen.
Der Zahn der Zeit hat sowohl an der Grafik des PS1-Spiels «Metal Gear Solid» als auch des Gamecube-Remakes «The Twin Snakes» genagt. Das macht mir aber nichts aus, weil ich immer wieder ältere Spiele einlege.
Was ich heutzutage jedoch nicht schönreden kann, sind die Steuerung und das Gameplay. Snake steuert sich nicht so genau, wie ich es mir von einem Stealth-Game wünsche. Viel zu häufig renne ich in zufällig herumstehende Kisten oder direkt in die Wand. Das wäre für sich gesehen nicht schlimm, jedoch drückt sich Snake, der Profi-Schleicher, jedes Mal direkt an die Kiste oder Wand.
Ein Raum, in dem mir immer wieder derselbe Fehler unterläuft, kommt früh im Spiel – in einem Tank Hangar. Wenn ich ihn betrete, steht mir direkt eine Wache gegenüber – die zum Glück in die entgegengesetzte Richtung schaut. In der Zeit, in der ich in die Kiste vor mir laufe, Snakes Anlehn-Animation anschaue, zurücklaufe und dabei die Wand streife, an die sich Snake schon wieder drückt, dreht sich die Wache um und entdeckt mich. Sie schlägt Alarm und mich erwartet ein längerer Schusswechsel, der mich Ressourcen und noch mehr Zeit kostet. Alternativ erledigen die Wachen Snake und – nachdem ich den eindrücklichen Game-Over-Screen sehe – beginne ich meinen Schleich-Versuch im Tank Hangar von Neuem.
Das ist nur eine von mehreren Stellen, die meine Geduld strapazieren. Dafür bieten die Remakes mit der Modernisierung hoffentlich die perfekte Lösung. Sollte das Gameplay an moderne Schleich-Spiele wie «The Last of Us» oder auch die beiden «A Plague Tale»-Ableger angepasst werden, hat sich mein stärkster Kritikpunkt bereits erledigt.
Als ich «Metal Gear Solid: The Twin Snakes» einlege, ist mir noch nicht klar, dass ich ausgerechnet mit einer der kontroversesten Umsetzungen der Reihe anfange. Während der erste Teil allgemein gut aufgenommen wird, scheiden sich die Geister beim Gamecube-Remake.
Ein Grund dafür ist abermals das Gameplay. Während es sich für mich 20 Jahre später veraltet anfühlt, bringt «The Twin Snakes» einige Neuerungen gegenüber dem Original mit. Snake kann sich zum Beispiel von Kanten herabhängen lassen und so Abkürzungen nehmen. Ein First-Person-Modus zum Zielen mit der Waffe ist ebenfalls neu. Während die Elemente für mehr Abwechslung sorgen, vereinfachen sie auch zahlreiche Spielabschnitte. Allein schon durch das Herabhangeln können ganze Abschnitte übersprungen werden. Das neue Zielen ermöglicht das systematische Ausschalten von Gegnern, ohne in den direkten Kampf zu gehen. Kurz gesagt: Im Remake kann ich mir «Metal Gear Solid» einfacher gestalten als im Original.
Nicht nur das Gameplay wird kritisiert. Weil der Gamecube eine bessere Leistung als die PS1 hat, werden Gesichter detaillierter dargestellt. Einige kritisieren, dass das den zeitlosen Stil des Originals untergräbt. Auch die aufpolierten Zwischensequenzen ernten entsprechend Kritik. Zu abgefahren sei das Ganze, wenn Snake in feinster «Matrix»-Manier Pistolenkugeln in Zeitlupe ausweicht oder den Kurs einer fliegenden Rakete mit seinen Beinen umlenkt. Das Original sei da weitaus mehr geerdet.
Weil ich bisher lediglich die skurrilen «Death Stranding»-Spiele von Hideo Kojima gezockt habe, sind die übertriebenen Zwischensequenzen nichts Ungewöhnliches für mich. Auch die Grafik stört mich nicht, weil ich kein Original zum Vergleichen in Erinnerung habe.
Weil das Remake dem Original gegenüber einiges verändert und von Silicon Knights statt von Kojima Productions entwickelt wurde, hinterfragen Fans seit jeher den Einbezug des Reihen-Schöpfers Hideo Kojima. Dabei sollen genau die übertriebenen Zwischensequenzen von Kojima verlangt worden sein, obwohl der Remake-Regisseur Ryūhei Kitamura diejenigen des Originals beibehalten wollte.
Mein Einstieg ins «Metal Gear Solid»-Franchise ist also gut gelungen. Mir gefällt das Spiel mit seiner mitreissenden und aktuellen Geschichte sehr gut. Obwohl «Metal Gear Solid: The Twin Snakes» von Supersoldaten mit übermenschlichen Fähigkeiten handelt, sind die Charaktere nahbar. Und das ist genau das, womit mich Hideo Kojima in «Death Stranding» begeistert. Ich freue mich auf das Remake des dritten Teils. Hoffentlich bleibt es nicht die letzte Neuauflage – denn ein Gameplay-Upgrade haben wohl alle nötig.
Bevor ich zum nächsten Spiel der Reihe greife, warte ich erst einmal ab, ob noch weitere Remakes geplant sind. Die ganze Warterei beim Schleichen hat mich zum Glück zu einem Profi in dem Gebiet gemacht.
Titelbild: Konami
Meinen ersten Text über Videospiele habe ich mit acht Jahren geschrieben. Seitdem konnte ich nicht mehr damit aufhören. Die Zeit dazwischen verbringe ich mit meiner Liebe für 2D-Husbandos, Monster, meinen Krawallkatzen und Sport.