Kritik

«Indiana Jones 5»: Verhunzt ist anders – aber grossartig auch

Luca Fontana
28.6.2023

Das letzte grosse Hurra der ikonischen Filmfigur? Während Harrison Ford als Indiana Jones immer noch unschlagbar gut ist, leidet der Rest des Films – und bricht am Ende komplett zusammen.

Eines vorweg: In diesem Review gibt’s keine Spoiler. Du liest nur Infos, die aus den bereits veröffentlichten Trailern bekannt sind.


Abschlüsse sind schwierig. Sind sie immer. Schliesslich hinterlassen sie den letzten bleibenden Eindruck. Den Nachgeschmack auf der Zunge. Besonders bei Filmreihen. Soll man da auf Nummer sicher gehen und die gleiche altbekannte Formel der Vorgänger wiederholen? Oder doch den ultimativen Flop riskieren, aber dafür etwas Neues wagen?

Mangold leistet sich aber bloss ein Mittelding, weil sein Film die meiste Zeit nie so recht weiss, ob er sich hinter dem Schatten seiner Vorgänger verstecken oder aus ihnen heraustreten will. Bis er’s am Schluss dann doch tut – und floppt.

Darum geht’s in «Indiana Jones and the Dial of Destiny»

Nicht die Vergangenheit treibt die Menschheit im Jahr 1969 um. Sondern die Zukunft. Die vielen neuen Möglichkeiten. Der Mensch hat gerade erst den Mond betreten. Die Astronauten, die dort waren, werden wie Kriegshelden gefeiert. Was kommt da wohl als Nächstes? Der Mars? Das Sonnensystem? Das ganze Universum?

Ein bahnbrechender Beginn – wortwörtlich

Aber dann … dann ist das Beste auch schon vorbei.

Rumeiern in der Mittelmässigkeit

Die Sache mit den Nebencharakteren

Zum Glück gibt’s noch einen, der die Riege der Nebencharaktere aufwertet: Mads Mikkelsen. Er spielt Dr. Völler, einen Nazi, der das Rad des Schicksals will, um eine Weltordnung zu erschaffen, in der Deutschland den Zweiten Weltkrieg gewonnen hat. Mikkelsen spielt dabei so gut wie eh und je. Als ob man sich in den Casting-Abteilungen Hollywoods gesagt hätte:

«Wir brauchen einen Bösewicht, der eigentlich nichts anderes tut, als stoisch seine Texte aufzusagen, und der dabei trotzdem jede einzelne Sekunde in jeder einzelnen seiner Szenen beherrscht. Unmöglich, so einen zu finden, oder?» – «Wie wär’s mit Mads Mikkelsen?» – «Oh, stimmt, gebucht.»

Mikkelsen ist auch in «Indiana Jones and the Dial of Destiny» der perfekte Antagonist, an dem die Niederlage Nazi-Deutschlands auch 25 Jahre nach Ende des Kriegs noch nagt. «Nicht ihr habt den Krieg gewonnen», sagt er einmal zu einem Amerikaner, «sondern Hitler hat ihn verloren.» Ich könnte dem Mann beim Bösesein ewig zuschauen.

Der verfluchte letzte Akt

Dass «Indy 5» die meiste Zeit in seiner Mittelmässigkeit rumdümpelt, ist aber nicht das grösste Problem, das ich mit dem Film habe. Es ist der letzte Akt. Keine Sorge, ich werde nichts spoilern. Aber sei mir nicht böse, wenn meine Erklärungen an dieser Stelle genau deswegen etwas gar vage bleiben.

Erinnerst du dich noch ans Ende von «Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull»? Mit den Aliens aus einer anderen Dimension? Nun, wenn jenes Ende schon damals, 2008, das Publikum spaltete, dann wird dieses Ende erst recht für Polemik sorgen. Ich bin jedenfalls gespannt, wie die Reaktion des Publikums ausfallen wird. Mir hat’s gar nicht gefallen.

Fazit: «Indiana, let it go…»

In «The Last Crusade» wäre Indiana Jones beinahe Dr. Elsa Schneiders Besessenheit nach dem Heiligen Gral und unsterblichem Ruhm gefolgt – und damit in den Tod. Es war sein Vater, Sean Connerys Henry Jones, der ihn ermahnte, «es sein zu lassen».

Das war 1989. Heute, fast 35 Jahre später, wünschte ich, man wäre bei Henry Jones’ Rat geblieben. 2008 wirkte «Kingdom of the Crystal Skull» wenigstens noch wie der Anhang eines guten Romans, den man lesen kann, aber bei dem man absolut nichts verpasst, wenn man’s nicht tut. «Dial of Destiny» hingegen kommt daher wie eine von Chat GPT verfasste Zusammenfassung der ursprünglichen Trilogie, bei der man noch etwas Fanfiction an den Schluss gehängt hat.

Klingt böse? Vielleicht. Aber wirklich gut – herausragend sogar – ist Mangolds Indy-Abenteuer nur in seinem Prolog. Dann nämlich, wenn Indy, einst der unbesiegbare Held meiner Kindheit, kein in Selbstmitleid siechender alter Mann ist. Vielleicht bin ich es ja, der noch nicht bereit für Indiana Jones’ letzten Ruf des Schicksals ist. Wer weiss, ob ich eines Tages nicht ganz anders über den Film urteilen werde?

Bis dahin – in meinem Kopf-Kanon zumindest – bleibt das Letzte, was ich vom Archäologieprofessor mit Fedora-Hut und Peitsche in Erinnerung behalten will, sein heroischer Ritt in den Sonnenuntergang. Der Film hiess damals schon aus gutem Grund «Indiana Jones und der letzte Kreuzzug».


«Indiana Jones and the Dial of Destiny» läuft ab dem 29. Juni 2023 im Kino. Laufzeit: 154 Minuten. Freigegeben ab 12 Jahren.

Titelfoto: Disney / Lucasfilm

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Ich schreibe über Technik, als wäre sie Kino, und über Filme, als wären sie Realität. Zwischen Bits und Blockbustern suche ich die Geschichten, die Emotionen wecken, nicht nur Klicks. Und ja – manchmal höre ich Filmmusik lauter, als mir guttut.


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