
HTC U11 – Das Laute mit der Kamera... und den Touch-Rändern
Der Nachfolger des HTC 10 ist da. Nach einem Test ist klar: Ja, das HTC U11 schafft es dem Vorgänger das Wasser zu reichen. Mehr noch: Das Phone schafft es tatsächlich neue Features, die noch nie dagewesen sind, in deine Hosentasche zu bringen. Wie? Indem der Hersteller über den Bildschirmrand hinausgedacht hat.
Das HTC U11. Reden wir über das Smartphone, das mal wirklich innovativ ist. «Innovativ» ist zwar so ein inflationär gebrauchter Marketingsprech-Begriff, der für alles und jeden immer mal wieder gebraucht wird, aber im Falle des HTC U11 trifft er sogar zu. Denn obwohl die Form des Phones nach wie vor «Rechteck mit abgerundeten Ecken» ist, so hat HTC über den Bildschirmrand hinausgedacht.
Die Ränder des HTC U11 sind berührungsempfindlich. Das heisst, durch blosse Berührung kann eine Funktion ausgelöst werden. Im vergangenen Jahr hatte ich an einem Meeting mal einen Prototypen der Technologie in der Hand und obwohl vielversprechend, konnte das Gerät damals nur die Intensität und den Ort des Drucks feststellen. Und ich konnte wirklich fest zupacken, was mir doch recht Spass gemacht hat. Seither habe ich mit Spannung auf das HTC U11 gewartet.
Die enttäuschenden Ränder
Edge Sense heisst das neueste Feature, das theoretisch total gut klingt aber in der Praxis nicht wirklich überzeugt. Weil das Problem ist nicht, dass das Feature schlecht ist, oder unnötig. Nein, HTC ist einfach nicht weit genug gegangen. Noch nicht.
Die Theorie geht so: Die Ränder des Phones sind berührungsempfindlich. Das heisst, dass allerlei Funktionen so gesteuert werden könnten. Theoretisch. In der Praxis sieht es so aus, dass HTC nur grade mutig genug war, Kamerafunktionen auf die Ränder zu legen.
Die Ränder sind zwar berührungsempfindlich aber noch nutzlosWenn du auf dem Homescreen die Ränder drückst, dann startet die Kamera. Wenn du dann nochmal drückst, dann wird ein Foto gemacht. Das wars.
Edge Sense hat aber eine Reihe interessanter Features und ich finde nur grade mit der Kamera sind die total verschenkt.
- Die Berührungsempfindlichkeit wird auf dich, den Benutzer, beim initialen Setup angepasst
- Das HTC U11 erkennt, wo du drückst
- Es erkennt, wie fest du drückst
- Es erkennt, mit wie vielen Fingern du drückst
Die Möglichkeiten sind unendlich. Angenommen, «Druck auf die Seite und rauf und runter fahren» steuert die Lautstärke oder den Zoom. Den Lautstärkeregler an der Seite könnten wir uns schenken. Das selbe mit «Fester Druck auf die Seite schaltet Bildschirm aus». Weg mit dem Power Button. Das Resultat: Keine Knöpfe mehr am ganzen Phone. Klingt doch nett, oder?
Ein gesqueeztes Foto von Kameramann Linus KonetschnigAber das Ganze ist nicht ein kompletter Schlag ins Wasser. Die Hardware des HTC U11 ist so ausgelegt, dass diese Funktionen in künftigen Software Updates nachgerüstet werden können. Ich hätte sie einfach gerne zum Launch gesehen, weil so beeindruckt das Feature im Moment nicht wirklich.
Der wunderschöne Lärm
Die weit weniger laute Neuerung des HTC U11 ist die Sache mit dem Kopfhörer. HTC ist einer der wenigen Hersteller, die mit Apple mitziehen und den 3.5mm-Klinkenstecker abgeschafft hat. In den Kommentarspalten zu Artikeln, in denen das Thema wird, weht dem USB-C-Anschluss als Ersatz für den Headphone Jack ein harter Wind entgegen.
Ohne den essentiellen Headphone Jack, kein essentieller Kauf. – Spl4tt im Artikel zum Essential PH-1
Als Apple den Headphone Jack abgeschafft hat, hat uns der Hersteller aus Cupertino keinen wirklichen Ersatz vorgelegt. Natürlich sind da die AirPods, denn Apple mag es, ihre Produkte zu verkaufen. Wer aber nicht unbedingt weisse Hörerchen, ungeachtet der Klangqualität will, der hatte nur der Griff zum Dongle. Blöd.
Was fehlt? Der 3.5mm-KlinkenanschlussHTC liefert die Alternative gleich mit. Und den Grund, warum der Kopfhörer-Jack in der Mottenkiste eigentlich recht gut aufgehoben ist. Denn die Technologie des USB-C erlaubt den bidirektionalen Datenaustausch. Das heisst, dass Daten nicht nur vom Phone zum Hörer fliessen können, sondern auch vom Hörer zum Phone. Klingt jetzt nicht so dermassen spannend, aber HTC macht vor, wie das in Zukunft aussehen kann.
Die Bässe sind wunderbar tief. Die Höhen klar und dank Noise Cancelling muss ich die Musik im Tram nicht mehr auf gefühlte 400 Dezibel raufschrauben, damit ich das schreiende Kind, das mittlerweile offensichtlich zur Standardausrüstung eines jeden Trams gehört, nicht höre. Sollte das Schreikind nicht da sein, ist es der obligate Lauttelefonierer.
Das Noise Cancelling kann nicht mit dem von Over-Ear-Headphones mithalten. Es ist absolut ausreichend. Generell bin ich der Überzeugung, dass die Technologie in den grauen Headphones HTCs noch lange nicht ausgereift ist. Ich kann es kaum erwarten, bis Kopfhörerhersteller wie Marshall oder Bose oder Sennheiser auf den Zug aufspringen. Denn ich vermute, dass da noch viel rauszuholen ist.
Der Unterschied ist massiv. Echt. Ich hätte das nicht erwartet. Die mitgelieferten Kopfhörer lassen viele hochwertigere Konkurrenzhörer Staub fressen. Der Sound ist echt so viel besser.
Wenn dir dann der USB-C-Jack gar nicht zusagt, liefert HTC ein Dongle gleich mit.
Die Kamera mit der Bestnote
Damit ist die Innovation vorbei, auch wenn die HTC-Marketingmaschinerie wahrscheinlich noch zig weitere innovative Punkte hat. Vielleicht sogar «Synergien» im «Workflow». Einer der angepriesenen Innovationen ist die Kamera, die laut Hersteller besser als alles bisher dagewesene ist. Innovation ist das nicht, aber Upgrade. Ein massives Upgrade, denn die Kamera schiesst wirklich tolle Bilder.
Der Zürcher Hauptbahnhof als SchnappschussDas bin nicht nur ich, der das so empfindet, denn auch die Experten von DxOmark geben der Kamera des HTC U11 fast die volle Punktzahl. Abstriche fährt die Kamera lediglich für feine Details bei der Videoaufnahme.
Starkes und dominantes Gegenlicht? Die Kamera macht easy mitDas HTC U11 hat die beste Handykamera, die wir bis dato getestet haben. – David Cardinal, Redaktor DxOMark
Das HTC U11 ist ein Phone, das definitiv einen Blick oder zwei wert ist. Denn Geräte, die wirklich mit was Neuem daher kommen und das dann auch noch gut machen, sind selten. Das U11 ist nicht nur ein starkes Phone, sondern zeigt auch, dass die Plattform Android noch nicht an der Leistungsgrenze oder der Grenze zur Langeweile angekommen ist. Es kann noch getüftelt, erfunden und probiert werden, auch wenn vielen Herstellern dazu noch der Mut fehlt.
Ich gönne HTC den Erfolg mit dem U11, denn er ist verdient.
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Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.
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