
Gehäuse mit schrägem Top: Das Vector RS im Review

Der schwedische Gehäuse-Hersteller Fractal Design ist bekannt für Schlichtes. Das Vector RS tanzt mit seinem gläsernen «Schrägdach» zumindest etwas aus der Reihe und überrascht beim Airflow.
Beim Vector RS sticht als erstes das gläserne Top ins Auge. Das sieht cool aus und gewährt einen ungewohnten Blick auf die Komponenten. Ich habe jedoch Bedenken: Hat das Gehäuse genug Airflow? Die einzige Möglichkeit, heisse Luft abzutransportieren, ist hinten am Gehäuse und das nur mit einem Lüfter.

Hinweis: Im Artikel liest du, dass das mein erstes systematisiertes Gehäuse-Review ist. Seit dem 20.02.2020 ist aber das Review zum Define 7 online. Das Review des Vector RS habe ich bereits vor dem Define 7 gemacht – als Prototyp für die systematisierten Tests. Deshalb sind gewisse Aussagen zur Kühlleistung mit Vorsicht zu geniessen. Dennoch möchte ich dir nichts vorenthalten.
Lieferumfang und Modularität
Ein Blick in den Lieferumfang zeigt, dass ich mit meinen Bedenken richtig liegen könnte. Fractal legt ein alternatives Top-Panel bei, das für besseren Airflow sorgen soll. Eine Halterung für Radiatoren oben und ein Staubfilter liegen ebenfalls bei. Hinzu kommen diverse Schrauben, Kabelbinder und ein RGB-Controller. Den benötigst du, falls du die RGB-Leiste des Gehäuses betreiben möchtest und kein Mainboard von ASrock, Asus, MSI oder Gigabyte hast. Bei meinem Test-Gehäuse ist die RGB-Leiste leider defekt. Weder über den entsprechenden Anschluss auf dem Mainboard noch den RGB-Controller blinkt die Leiste. Das Gehäuse ist deswegen zurzeit bei uns nicht lieferbar, da die Leiste überarbeitet wird.
Beim Formfaktor stehen ATX, mATX, Mini ITX und E-ATX zur Verfügung. Wobei E-ATX-Mainboards maximal 285 Millimeter breit sein dürfen. Für Laufwerke bietet das Vector RS im Standardlayout acht Schächte, wovon zwei ausschliesslich für 2.5-Zoll-Laufwerke gebraucht werden können und sechs auch für 3.5-Zoll-Laufwerke. Die zwei Halterungen für die 2.5-Zoll-Laufwerke befinden sich im hinteren Teil unten rechts. Die Laufwerke werden auf Halterungen geschraubt und diese wiederum vertikal ins Gehäuse. Bei den übrigen Halterungen funktioniert das ähnlich, die Laufwerke werden aber horizontal im Schacht montiert. Dieser befindet sich hinten links.

Alternativ kann der linke Laufwerkschacht entfernt und das Gehäuse im offenen Layout betrieben werden. Dazu muss das komplette Dach demontiert werden. Das Sichtschutzpanel des Laufwerkschachts wird dann zurückversetzt. Auf dessen Rückseite lassen sich vertikal noch zwei 3.5-Zoll-Laufwerke montieren. Da wir gerade bei alternativen Platzierungsmöglichkeiten sind: Die zwei 2.5-Zoll-Laufwerkhalterungen lassen sich auch vorne auf der Netzteilabdeckung montieren.

Im Standardlayout mit den sechs Laufwerkschächten, können maximal acht 140-Millimeter- oder neun 120-Millimeter-Lüfter angebracht werden. Im offenen Layout sind’s neun 140-Millimeter- und neun 120-Millimeter-Lüfter. Bei den Radiatoren ist es oben maximal ein 420-Millimeter- (im offenen Layout) oder ein 360-Millimeter-Lüfter (im Standardlayout). Vorne sind bei beiden Layouts Radiatoren bis 360 und unten bis 280 Millimeter möglich.
Das 552×233×498 Millimeter grosse Gehäuse wiegt netto rund 12.5 Kilogramm.
Wie baut es sich im Gehäuse?
Im Grunde genommen könnte ich hier meine Erfahrungen zum Meshify S2 posten. Der Innenaufbau des Gehäuses ist mehr oder weniger identisch. Falls du dich für Wasserkühlungen interessierst, liest du im folgenden Beitrag mehr darüber.
Da ich die Komponenten unserer Testbench – also alles luftgekühlt – im Gehäuse verbaue, ist der Bauprozess ein anderer als beim Meshify S2. Es ist einiges einfacher und die Komponenten sind nach knapp einer halben Stunde im Gehäuse. Fractal hat bezüglich Kabelmanagement auf der Vorderseite des Gehäuses an fast alles gedacht. Für Frontanschluss-, Mainboard- und Grafikkarten-Kabel sind die Gehäusedurchführungen perfekt positioniert und bieten ausreichend Platz. Bis auf die Öffnung links auf der Netzteilabdeckung, ist jede durch einen Gummi sichtgeschützt.
Auf der Gehäuserückseite finde ich die Lösung von Fractal weniger geschickt. Der Hersteller liefert einen Lüfter-Controller mit. Praktisch, aber je nach Lüftertyp und eingesetzter Anzahl, ist er nicht zu gebrauchen. Entfernst du ihn, findest du darunter zwei Abstandshalter. Die sind mit der Gehäuserückseite verschweisst. Das nimmt dir Platz für Kabel und die Möglichkeit, andere Geräte dort zu befestigen.

Sonst finde ich den Platz für die Kabel, vor allem in der Tiefe, etwas knapp bemessen. Mir fehlen auch effektive Kabel-Führungen. Es sind zwar zwei Klettbänder vorhanden, aber nur in der Mitte der Gehäuserückseite – und genau hier fehlt der Platz in der Tiefe. Links und rechts muss ich Kabelbinder verwenden und unten liegen die Kabel irgendwie zwischen Rückwand und Gehäuserückseite. Das Gehäuse dürfte gerne einen bis zwei Zentimeter breiter sein, damit genug Platz fürs Kabelmanagement bleibt.
Testmethodik
Das wichtigste an einem Gehäuse ist der Airflow. Das heisst: Wie effizient wird frische, kühle Luft ins Gehäuse befördert und auch wieder raus? Um das zu testen, stresse ich die folgenden verbauten Komponenten im Gehäuse mit den Stresstests HeavyLoad (für die CPU) und FurMark (für die GPU):
Als CPU-Kühler verwende ich den AMD Wraith Prism.
Ich lasse die Stresstests 20 Minuten laufen. Dabei messe ich mit drei Thermometern an verschiedenen Stellen die Temperatur: Ein Thermometer misst die Umgebungstemperatur. Zur besseren Vergleichbarkeit mache ich die Tests jeweils bei uns im Studio im Keller. Dort liegt die Temperatur bei durchschnittlich 20° Celsius. Ein weiteres Thermometer stelle ich in die Mitte des Gehäuses vor die Grafikkarte. Das letzte Thermometer befestige ich mit Klebeband hinter dem Lüfter am Gehäuseende. Gehäuselüfter verwende ich drei: zwei vorne und einen hinten. Im BIOS stelle ich sie auf 100 Prozent Leistung.


Die Tests mache ich vier Mal. Je zwei Mal mit den mitgelieferten Dynamic X2 GP-14 Lüftern von Fractal Design und zwei Mal mit Noctua NF-A14 PWM. Die Noctua-Lüfter verwende ich, damit ich den Airflow bei künftigen Reviews von Gehäusen vergleichen kann. Den ersten Test führe ich mit Glas-Top-Panel und den zweiten mit Lüftungsschlitz-Top-Panel und Staubfilter durch.
Nach fünf, zehn und 20 Minuten notiere ich die Temperatur der Thermometer, CPU und GPU. Nach den Tests schalte ich das System jeweils ab und lasse es während einer Viertelstunde abkühlen.
Wie gut ist der Airflow?
So schlägt sich das Vector RS in diesen Tests:



Während des Tests habe ich festgestellt, dass es keinen Sinn macht, nach wenigen Sekunden die Temperatur zu nehmen, da der Wert nicht exakt genug ist. Künftig werde ich die Temperatur nach fünf Minuten Idle nehmen und dann die Tests erst starten. Damit ich noch mehr Werte habe, nehme ich die Temperatur dann alle fünf Minuten. Hier alle Werte noch in tabellarischer Form:
Temperaturen | Glas-Top-Panel mit Stock-Lüftern | Glas-Top-Panel mit Noctua-Lüftern | Lüftungsschlitz-Top-Panel mit Stock-Lüftern | Lüftungsschlitz-Top-Panel mit Noctua-Lüftern |
---|---|---|---|---|
Temperatur Umgebung
wenigen Sekunden nach Start / nach fünf Minuten / nach zehn Minuten / nach zwanzig Minuten | 20.9° Celsius / 21.0° Celsius / 21.1° Celsius / 21.4° Celsius | 21.1° Celsius / 21.2° Celsius / 21.3° Celsius / 21.6° Celsius | 21.3° Celsius / 21.4° Celsius / 21.5° Celsius / 21.8 | 20.6° Celsius / 20.7° Celsius / 20.8° Celsius / 21.1° Celsius |
Temperatur im Gehäuse
wenigen Sekunden nach Start / nach fünf Minuten / nach zehn Minuten / nach zwanzig Minuten | 26.5° Celsius / 40.4° Celsius / 47.4° Celsius / 50.3° Celsius | 26.5° Celsius / 38.5° Celsius / 43.8° Celsius / 45.7° Celsius | 27.4° Celsius / 43.7° Celsius / 49.3° Celsius / 51.5° Celsius | 26.7° Celsius / 42.5° Celsius / 48.8° Celsius / 50.6° Celsius |
Temperatur hinter Gehäuse
wenigen Sekunden nach Start / nach fünf Minuten / nach zehn Minuten / nach zwanzig Minuten | 25.6° Celsius / 31.8° Celsius / 36.2° Celsius / 38.7° Celsius | 25.1° Celsius / 28.2° Celsius / 29.9° Celsius / 30.5° Celsius | 26.9° Celsius / 32.8° Celsius / 36.4° Celsius / 38.3° Celsius | 23.9° Celsius / 29.4° Celsius / 32° Celsius / 33.3° Celsius |
Temperatur CPU
wenigen Sekunden nach Start / nach fünf Minuten / nach zehn Minuten / nach zwanzig Minuten | 79° Celsius / 87° Celsius / 90° Celsius / 91° Celsius | 71° Celsius / 84° Celsius / 85° Celsius / 85° Celsius | 79° Celsius / 87° Celsius / 89° Celsius / 91° Celsius | 69° Celsius / 82° Celsius / 83° Celsius / 84° Celsius |
Temperatur GPU
wenigen Sekunden nach Start / nach fünf Minuten / nach zehn Minuten / nach zwanzig Minuten | 70° Celsius / 77° Celsius / 79° Celsius / 80° Celsius | 63° Celsius / 78° Celsius / 79° Celsius / 79° Celsius | 71° Celsius / 78° Celsius / 79° Celsius / 80° Celsius | 60° Celsius / 78° Celsius / 80° Celsius / 81° Celsius |
Temperatur RAM
wenigen Sekunden nach Start / nach fünf Minuten / nach zehn Minuten / nach zwanzig Minuten | 72° Celsius / 84° Celsius / 86° Celsius / 88° Celsius | 64° Celsius / 84° Celsius / 86° Celsius / 86° Celsius | 72° Celsius / 86° Celsius / 88° Celsius / 88° Celsius | 60° Celsius / 84° Celsius / 86° Celsius / 88° Celsius |
Temperatur VRAM
wenigen Sekunden nach Start / | 56° Celsius / 73° Celsius / 76° Celsius / 77° Celsius | 47° Celsius / 73° Celsius / 75° Celsius / 75° Celsius | 57° Celsius / 74° Celsius / 76° Celsius / 77° Celsius | 44° Celsius / 73° Celsius / 76° Celsius / 77° Celsius |
Das sind viele Zahlen. Zur besseren Vergleichbarkeit in künftigen Gehäusereviews stelle ich die Temperaturen nach zwanzig Minuten im Gehäuse in der Standard-Konfiguration und mit optimiertem Airflow dar. Damit meine ich in diesem Fall das Glas-Top-Panel (Standard) und das Lüftungsschlitz-Top-Panel (optimierter Airflow). So lassen sich die getesteten Gehäuse kurz und knapp vergleichen. Jetzt sieht das Ganze noch etwas trostlos aus.

Was bedeuten die Ergebnisse? Meine Bedenken bezüglich Glas-Top-Panel haben sich nicht bewahrheitet. Mit Glas-Top sind die Werte gar besser als mit Lüftungsschlitz-Top. Das liegt wohl daran, dass beim Glas-Top mehr positiver Druck erzeugt und die heisse Luft dadurch effizienter abgeführt wird als mit Lüftungsschlitz-Top. Dafür spricht auch die Temperatur hinter dem Gehäuse: Sie liegt beim Glas-Top tiefer als beim Lüftungsschlitz-Top. Damit das Lüftungsschlitz-Top seinen Zweck erfüllt, müssten Lüfter daran montiert werden.
Auf die Komponenten hat die Konfiguration keinen grossen Einfluss. Maximal 2° Celsius betragen die Unterschiede. Bei den VRAM- und RAM-Temperaturen sind die Ergebnisse mit Glas-Top und Noctua-Lüfter am besten. Die Differenz beträgt 2° Celsius. Dasselbe gilt für die GPU: Die Temperaturdifferenz beträgt mit den Noctua-Lüftern zwei Grad, bei den Stock-Lüftern habe ich keinen Unterschied gemessen. Bei der CPU beträgt die Temperaturdifferenz zwischen den beiden Layouts mit Noctua-Lüftern nur 1° Celsius. Bei den Stock-Lüftern habe ich keinen Unterschied gemessen.

Was nebst den Temperaturunterschieden im Gehäuse ins Auge sticht: Die CPU-Temperatur liegt mit den Noctua-Lüftern bei beiden Konfigurationen tiefer als mit den Stock-Lüftern. Unterschiede von 6° Celsius beim Glas-Top und 7° Celsius beim Lüftungsschlitz-Top sind enorm. Das liegt wohl am höheren statischen Druck der Noctua-Lüfter.
Überraschend guter Airflow mit Glas-Top
Das Vector RS bietet alle Features, die ein modernes PC-Gehäuse bieten muss, inklusive RGB-Leiste – wenn sie denn funktioniert. Im Inneren ist das Teil gleich aufgebaut wie das Define R6. Im Grunde genommen sind alle Midi Tower von Fractal im Innern mehr oder weniger identisch. Deshalb lobe und kritisiere ich auch immer dieselben Sachen – wie Kritik am wenigen Platz in der Tiefe auf der Rückseite, dafür Lob an der Modularität.

Beim Airflow wurde ich eines Besseren belehrt: Mit Glas-Top-Panel wird heisse Luft effizienter abgeführt als mit Lüfterschlitz-Panel. Wie gut der Airflow im Vergleich zu anderen Gehäusen tatsächlich ist, kann ich dir zurzeit mangels Vergleichsdaten nicht sagen.
Das war mein erstes systematisiertes Gehäuse-Review. Gerne kannst du in der Kommentarspalte konstruktive Kritik für künftige Reviews anbringen, so gewinnen alle.
Apropos gewinnen: Fractal Design stellt uns zwei Vector RS zur Verlosung zur Verfügung. Alles, was du dazu tun musst, ist weiter unten auf «Teilnehmen» klicken. Wer gewinnt, entscheidet der Zufallsgenerator. Du hast bis und mit 12. März 2020 Zeit teilzunehmen.
Fractal Design Vector RS
Willst du eines von zwei Vector RS Gehäusen gewinnen? Dann mach beim Wettbewerb mit!
Der Wettbewerb ist inzwischen beendet.


Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.