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Dieser Flugsimulator verdient nun aber wirklich das Prädikat Luxus

Wir waren schon von unserem eigenen Flugsimulator ziemlich angetan. Was eine Schweizer Firma auf die elektrischen Beine gestellt hat, schlägt unser Setup jedoch um Längen. Der bewegliche Profi-Simulator bietet nicht nur ein hautnahes Flugerlebnis er soll ausserdem VR-Leichtgewichte wie mich vor Übelkeit bewahren. Für Gamer ist er aber eigentlich nicht gedacht.

Bereits bei der ersten Begegnung wird klar: Das ist kein Spielzeug. Oder irgendwie schon, aber halt ein sehr kostspieliges. Die VR-Motion 200 ist einfach ausgedrückt, ein beweglicher Sitz mit Controller und Fusspedalen, mit dem sich Simulationen in Virtual Reality spielen lassen. Das Gerät simuliert dabei die Bewegungen der digitalen Flug- oder Fahrzeuge, so dass es sich anfühlt, als würdest du in einem echten Cockpit sitzen.

Die in Hittnau ZH ansässige Firma Brunner Elektronik AG hat für ihre Produkte eigens einen Showroom erstellt. Die futuristisch anmutende VR-Motion 200 wird flankiert von zwei klassischen Flugsimulatoren ohne VR und ohne Bewegungsfunktion. Die interessieren uns heute aber nicht. Wir sind gekommen, um den vielleicht realistischsten Flugsimulator made in Switzerland zu testen.

Ein ziemliches Ungestüm.

Das Treffen hat sich eher zufällig ergeben. Mario Ackermann, Sales und Marketing Manager des Familienunternehmens, amüsierte sich mit einem Kommentar über unser improvisiertes Flugsimulator-Setup, das mit Klebeband zusammengehalten wurde. Falls wir mal einen richtigen Simulator testen wollten, sollen wir zu ihm kommen. Er war nicht der einzige, der unseren 6000-Franken-Simulator noch nicht luxuriös genug fand. Das liessen wir natürlich nicht auf uns sitzen und so standen wir eines regnerischen September-Tages in Hittnau in Brunners Showroom und rieben uns die Hände vor Vorfreude.

Ein Gemeinschaftsprojekt

Die VR Motion-200 ist nicht alleine der Brunner AG zu verdanken. Die ersten Prototypen wurden im Wohnzimmer der Enthusiasten des namensgebenden Startups VRMotion gebaut und in enger Zusammenarbeit mit der HSR, der Hochschule für Technik Rapperswil und Brunner weiterentwickelt. «Es steckt extrem viel Hirnschmalz in diesem Projekt», sagt Mario. «Wir simulieren das Innenohr und erzeugen mit der Motion Plattform die Kräfte, welche der Körper erwartet.» Ein Grund, weshalb vielen in Virtual Reality schlecht wird, hat damit zu tun, dass im Hirn eine Dissonanz entsteht zwischen dem was wir sehen und dem was wir fühlen. Rast du beispielsweise in einem Rennspiel in eine Kurve, erwartet dein Körper, dass er von den Fliehkräften in den Sitz gedrückt wird. Passiert hingegen nichts, kann das Übelkeit hervorrufen. Genau das soll die VR-Motion 200 verhindern.

Scheint also genau mein Ding zu sein. Dabei ist das 60-80 000 Franken teure Gerät nicht wirklich für Konsumenten wie mich gedacht. «Wir zielen in erster Linie auf den Trainingsbereich ab. Unsere Lösung ist deutlich günstiger als Flugstunden zu nehmen oder einen konventionellen Simulator zu kaufen», meint Mario. Die Preise für Full-Flight-Flugsimulatoren liegen schnell mal im zweistelligen Millionen-Bereich. Der Vorteil von VR ist ausserdem, dass man problemlos vom Kampfjet zum Helikopter zum Landfahrzeug wechseln kann. «Die Möglichkeiten mit VR sind fast unbeschränkt und man muss nicht wie bei herkömmlichen Cockpits erst einen ganzen Uhrenladen verkabeln.» Damit meint Mario die diversen Anzeigen, die ein echtes Cockpit bevölkern und die ohne VR zusammen mit allen Knöpfen und Schaltern montiert werden müssen. Es gibt zwar auch Lösungen mit Displays, aber der Immersionsgrad ist mit VR klar am höchsten.

Genug erzählt, jetzt wird durchgestartet

Nachdem Videoproduzent Linus den Sitz bereits vorgewärmt hat und mit mehrmaligem «Hooooly Shit» schon ein recht klares Urteil gefällt hat, bin ich an der Reihe. Da sich der Sitz des VR-Motion durch die mechanischen Arme in erhöhter Position befindet, kommst du dir vor wie auf einem Thron. Sitz, Steuerknüppel und Fusspedal wirken massiv und fühlen sich wirklich authentisch an – soweit ich das als Laie beurteilen kann. Aber das Kerngeschäft von Brunner sind schliesslich auch professionelle Controller (CLS-E Yokes und Rudder) für tausende von Franken. Damit ich nicht aus dem Simulator falle, wenn er sich zur Seite neigt, werde ich mit Sicherheitsgurten festgeschnallt: Safety First!

HTC Vive aufsetzen und abtauchen, beziehungsweise durchstarten.

Wir spielen wie schon bei unserem eigenen Flugsimulator «Aerofly FS2». Wobei spielen der VR-Motion 200 eigentlich nicht gerecht wird. Schon das Abheben mit der F/A-18 ist unvergleichlich. Jede noch so kleine Bewegung am Steuerknüppel wird unmittelbar mit realistischem Feedback beantwortet. Wenn du den Stick voll nach hinten ziehst, drückt es dich richtig in den Sitz hinein. Zumindest glaube ich das. Von aussen hat mich der Sitz lediglich in eine Rückwärts-Position gebracht. Das Gefühl ist täuschend echt. Noch extremer ist es, wenn du eine Rolle fliegst. Gut bin ich angeschnallt, sonst hätte ich Angst, rauszufallen. Es ist erstaunlich, wie sehr du das Flugzeug spürst. Genau das, was unser Pilot im ersten Test am Simulator bemängelt hat, liefert die VR-Motion 200 in aller Eindrücklichkeit.

Wie verhält es sich mit der Übelkeit?

«Ich kann dir versprechen, dass dir nicht schlecht wird», hat mir Mario noch vor dem Start versichert. Ohne Motion werde es auch ihm sofort schlecht. Mit eingeschalteter Bewegung könne er hingegen problemlos längere Zeit im Cockpit verbringen. Mein Magen scheint in dieser Hinsicht allerdings ein echtes Prinzesschen zu sein. Schon nach den ersten waghalsigen Manövern vermisse ich den festen Boden unter meinen Füssen.Vielleicht sollte ich nicht ständig Loopings, Rollen und Sturzflüge machen und dabei wie ein kleines Kind mit offenem Mund aus dem virtuellen Fenster starren. Aber was will ich machen? Es ist halt echt beeindruckend. Als ich den ersten Landeanflug verpasse, meint Mario unbekümmert, ich soll doch einfach weiterfliegen, da kämen schon noch weitere Landebahnen. Ich schlage subtil vor, doch einfach einen Landeanflug vom Menü auszuwählen. Das geht nämlich schneller. Allzu viel Geduld bringe ich allerdings auch dabei nicht mehr auf. Während mich die VR-Motion 200 freudig hin und her schaukelt, versuche ich krampfhaft, eine längst aussichtslose Landung doch ums Verrecken noch hinzukriegen. Up, up, down, down, ich komme mir vor wie bei «Top Gun» auf dem NES. Als sich die Vernichtung einer Multi-Millionen-Franken-Flugmaschine immer deutlicher abzeichnet, schaltet Mario gnädigerweise das die Motion-Plattform aus, damit es mich bei der Bruchlandung nicht wie einen Milchshake durchschüttelt.

Als ich vom Simulator absteige, muss ich mir erst mal den Schweiss von der Stirn wischen. Das war ein intensives Erlebnis. Ich fühle mich, als stünde ich nach einer Schifffahrt im schlimmsten Unwetter wieder auf festem Boden. So richtig wohl ist mir nicht, aber die Kotztüten, die Brunner zu Werbezwecken gedruckt hat, brauche ich dann doch nicht. «Du hast dich sehr oft und sehr schnell umgeschaut, das bekommt vielen nicht gut in VR», meint Mario. Das könnte durchaus sein. Ich frage mich allerdings, ob das Unwohlsein vom VR herrührt oder weil sich die Simulation so echt angefühlt hat? Hätte ich in einer echten F/A-18 solche Manöver gemacht, hätte ich definitiv das Cockpit mit meinem Mageninneren dekoriert.

Die VR-Motion wird auch auf Messen zu sehen sein.

Intensiv, anstrengend und ein grosser Spass

Der Flug mit der VR-Motion 200 war ein eindrückliches Erlebnis, das ich jedem Empfehlen kann. Die Brunner Elektronik AG wird mit dem Simulator demnächst auf verschiedenen Messen präsent sein. An der Gamescom in Köln standen vor kurzem sechs ähnliche Geräte für Besucher bereit, die sich darin als Rennfahrer fühlen durften. «Diese Dinger sind schon nicht schlecht, aber die haben meistens nur drei bis vier DOF. Bei uns sind es sechs», sagt Mario bescheiden. DOF steht für Degree of Freedom und beschreibt die Bewegungsmöglichkeiten des Simulators. Interesse gäbe es auch seitens Spielhallen für die Motion-VR 200. In Ausstellungen wie im Verkehrshaus in Luzern würde das Gerät ebenfalls bestens hinpassen. Dort sei allerdings die Fixierung auf physische Knöpfe und Tasten noch sehr hoch. Am besten einfach mal die VR-Brille aufschnallen und schon hat man einen Jünger mehr. Wenn dir das Geld locker genug sitzt und du das ultimative Flugsimerlebnis suchst, dann räum schon mal ein Zimmer frei. Am besten gleich noch einen Statiker anheuern, damit dir nicht die Decke auf den Kopf fliegt. Das wär dann etwas zu viel Realismus. Alternativ besuchst du die VR-Motion 200 an der Züspa am Stand von Stokys oder am Stand der HSR an der diesjährigen Olma.

Zum Einstieg reicht euch mal das folgende

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Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken. 


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