An seiner Entwicklerkonferenz hat Apple neue Versionen seiner Betriebssysteme vorgestellt. Im Fokus steht ein Redesign unter dem Schlagwort «Liquid Glass».
Apple zeigt an der World Wide Developer Conference (WWDC) neue Software. Die nächsten Betriebssysteme für iPhone, Mac, iPad und Co. tragen alle die Versionsnummer 26. Dieses Schema soll übersichtlicher sein und bezieht sich aufs Jahr, in dem die Software den grössten Teil ihres Lebens verbringt.
Software-Chef Craig Federighi und Konsorten gaben sich bei der Präsentation am Montagabend alle Mühe, den Eindruck zu erwecken, dass Apple auch im KI-Bereich Fortschritte macht: Apple Intelligence wird an neuen Orten eingesetzt und um ein paar Features erweitert. Zudem erhalten Entwickler Zugriff auf Apples KI-Modell und können dieses in ihre Apps einbauen. Über den Elefanten im Raum wurde aber nicht gesprochen: Von der neuen Siri ist auch ein Jahr nach ihrer Ankündigung weiterhin nichts zu sehen.
Stattdessen konzentrierten sich die Kalifornier vor allem auf ein neues Design unter dem Schlagwort «Liquid Glass». Hättest du jedes Mal einen Shot getrunken, als in der Keynote der Begriff fiel, würdest du wahrscheinlich nicht mehr unter uns weilen. Hier eine Übersicht der angekündigten Neuerungen.
Systemübergreifendes Redesign
Die neue Designsprache umspannt sämtliche Geräte. Apple nennt sie «Liquid Glass» – also «flüssiges Glas». Icons und andere Elemente sind transparent und erinnern an eine Flüssigkeit, wenn du eine Animation auslöst. Sie reflektieren ihre Umgebung und sollen so besonders lebendig wirken. Hübsch! Kritische Stimmen sorgen sich allerdings, dass darunter die Leserlichkeit leiden könnte.
Die neue Optik braucht mutmasslich auch mehr Rechenleistung. Das dürfte aber kein Problem sein, da die Chips seit dem letzten grossen Redesign vor 12 Jahren (iOS 7) um ein Vielfaches stärker geworden sind. Neben dem neuen Look verpasst Apple den Betriebssystemen auch mehr Kontextmenüs und gleicht sie stärker aneinander an. Zudem steht ein neuer «All Clear»-Look zur Verfügung, der alle Icons farblos macht.
Perfekt für Fans von Einheitlichkeit: den farblosen All-Clear-Look gibt es auf allen Geräten. Quelle: Screenshot Apple Keynote
iOS 26
Die wichtigste Neuerung von iOS 26: Liquid Glass.
Ansonsten bekommt das iPhone zum Glück auch einige funktionale Upgrades:
Die Kamera-App hat ein vereinfachtes Layout. Sie ist neu in die zwei Hauptfunktionen «Foto» und «Video» unterteilt. Erst wenn du nach links oder rechts wischst, werden weitere Modi wie «Slow-Mo» sichtbar.
Fotos bekommt separate Reiter für die «Bibliothek» und «Sammlungen».
Safari nimmt nun den ganzen Bildschirm ein, die Adresszeile schwebt transparent im unteren Bereich und verkleinert sich, wenn du nach unten scrollst.
Die Telefon-App bekommt ein neues Layout. Statt zwischen verschiedenen Reitern wechseln zu müssen, siehst du nun oben deine Favoriten mit Bild. Darunter kombiniert Apple vergangene Anrufe und Voicemails zu einer einzigen Liste.
Call Screening beantwortet automatisch Anrufe von unbekannten Nummern und schaltet das iPhone in dieser Zeit stumm. Erst wenn der Anrufer seinen Namen bekanntgibt, beginnt das Telefon zu klingeln und zeigt diesen Namen an. Das soll nervige Spam-Anrufe reduzieren.
Hold Assist erkennt Warteschleifen-Musik und blendet sie aus. So kannst du dein iPhone normal weiterbenutzen, während im Hintergrund der Anruf weiter verbunden bleibt. Sobald die Assistentin erkennt, dass sich am anderen Ende der Leitung jemand meldet, erhältst du eine Mitteilung und kannst zurück zum Anruf wechseln.
Die neue Telefon-App (links), Hold Assist (Mitte) und Call Screening (rechts). Quelle: Apple
In Nachrichten gibt es jetzt Hintergrundbilder und Umfragen in Gruppenchats, ähnlich wie es zum Beispiel WhatsApp schon anbietet.
Das iPhone kann mittels Apple Intelligence live Gespräche übersetzen. Das funktioniert einerseits in Text-Chats, andererseits auch bei Video- und Sprachanrufen. Hier wird die Übersetzung entweder in Echtzeit per Untertitel angezeigt, oder per Computerstimme eingesprochen, sobald das Gegenüber pausiert. Letzteres funktioniert in beide Richtungen, auch wenn die Gesprächspartnerin kein iPhone benutzt.
Die Musik-App hat bald eine DJ-Funktion, die Tracks nahtlos aneinanderknüpft. Ausserdem soll ein neuer KI-Algorithmus deinen Musikgeschmack besser erkennen.
Apples Karten lernt deine Lieblingsrouten und schlägt sie als Option vor. Etwa, wenn du jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit einen kleinen Umweg zu deinem Bäcker fährst. Die «Besuchten Orte» sind Apples Äquivalent zu Googles Zeitachse. Sie zeigen dir, wo du in der Vergangenheit warst. Diese Informationen werden verschlüsselt auf dem Gerät gespeichert.
Visual Intelligence wird erweitert: Du kannst mit Screenshots direkt nach Informationen zu Bildern googlen oder ChatGPT fragen. Das klingt wie eine umgekehrte Bildsuche mit KI-Unterstützung. Die Funktion ähnelt «Circle To Search» auf Android-Geräten.
So sieht das neue iOS aus – All Clear (links), im Dark Mode (Mitte) und normal (rechts). Quelle: Apple
macOS Tahoe 26
Das Schlagzeilen-Feature des neuen macOS Tahoe? Du ahnst es. Liquid Glass.
Davon abgesehen gibt es nun auch für Apples Computer mehr Optionen, den Look anzupassen. So kannst du etwa Ordner einfärben oder alle Icons mit dem «All Clear»-Modus farblos machen. Genau wie beim iPhone. Die Liste der restlichen Neuerungen fällt übersichtlich aus:
Spotlight kann mehr als bisher. Die systemweite Suche soll die Resultate personalisieren und besser filtern, damit du Ordner, Apps und Nachrichten schneller findest. Du kannst auch direkt Aktionen veranlassen – etwa eine E-Mail aufsetzen oder eine Notiz erstellen.
Spotlight wird mit dem neuen macOS-Update mächtiger als bisher. Quelle: Screenshot Apple Keynote
Apples Makros (Shortcuts) kannst du künftig nach Plan zu einer bestimmten Zeit ausführen lassen. Oft benutzten Shortcuts kannst du Buchstabenkürzel («Quick Keys») zuweisen und sie dann über Spotlight direkt ausführen. Ausserdem lassen sich sowohl Apples KI-Funktionen als auch ChatGPT in die Makros integrieren.
Das Continuity-Feature wird um zwei Aspekte erweitert: Du siehst Live-Aktivitäten deines iPhones auf Wunsch jetzt auch auf deinem Mac. Und du kannst über die neue Telefon-App auch am Computer Anrufe tätgen.
iPadOS 26
Du weisst schon. Liquid Glass.
Das neue Design ausgeklammert, lässt sich iPadOS 26 etwa so zusammenfassen: Es sieht aus wie macOS und kann fast das Gleiche. Aber es ist trotzdem noch ein eigenes Betriebssystem, auf dem nur iPad-Apps laufen. Falls du die die Logik dahinter nicht verstehst, bist du nicht alleine. Hier die konkreten Neuerungen:
Frei formbare Fenster sorgen endlich für besseres Multitasking. Sie lassen sich rumschieben, minimieren, schliessen und magnetisch an eine Seite snappen. Genau wie bei macOS.
Das iPad hat jetzt ein App-Expose – die Übersicht über alle Apps, wenn du auf dem Touchpad mit vier Fingern nach oben wischst. Genau wie bei macOS.
Fenster wie auf einem Computer stürzen das iPad in eine Identitätskrise. Quelle: Screenshot Apple Keynote
Wenn du eine Maus verbindest, erhältst du – statt dem bisherigen unpräzisen Kreis – einen richtigen Mauszeiger. Genau wie bei macOS.
Es gibt nun eine richtige Menüleiste, wenn du die Maus an den oberen Rand führst. Genau wie bei macOS.
Das iPad kann neu Prozesse im Hintergrund weiterführen. Etwa einen Videoexport. Genau wie bei macOS.
Real Talk, Apple: Wir sind am Punkt angelangt, an dem ein iPad ein MacBook mit Touch-Funktion, aber eingeschränkter Software-Kompatibilität ist. Bringt einfach macOS aufs iPad, fügt Funktionalität für Gesten und Stifte hinzu und schafft diese künstliche Grenze ab. Achso, ihr wollt die User weiterhin in den App Store zwingen, damit ihr an jeder verkauften iPad-Software mitverdient? Verstehe.
watchOS 26, tvOS 26, visionOS 26, AirPods
Die Upgrades für Watch, Apple TV und Vision Pro fallen eher bescheiden aus. Ausser natürlich: Liquid! Glass!
Die digitalen Avatare (Personas) der Vision Pro sollen realistischer werden.
Die Vision Pro erhält Support für die Controller der PSVR2 und für den Logitech Muse Pen – mit letzterem kannst du im dreidimensionalen Raum zeichnen.
Die Vision Pro wird etwas weniger einsam: Mehrere Personen können künftig gemeinsam Filme auf virtuellen Leinwänden schauen oder in AR-Anwendungen interagieren. Alles, was du dazu brauchst, ist ein 3500 US-Dollar teures Headset – pro Person.
Die neuen Personas (links) sehen um Welten besser aus als die alten (rechts). Quelle: Screenshot Apple Keynote
Die Apple Watch erhält eine neue Geste: mit dem Wrist Flick kannst du zum Beispiel Mitteilungen wegschütteln.
Ein Workout Buddy auf der Apple Watch gibt dir über die Kopfhörer «motivierende» Pep Talks und lobt dich für deine Fortschritte. Einfach für den Fall, dass du schon immer auf der Suche nach Bestätigung eines Computers für deine sportliche Leistung warst.
Genau wie bei Netflix kannst du bei Apple TV+ verschiedene Userprofile anlegen. Künftig kannst du sie beim Aufwachen aus dem Standby automatisch anzeigen lassen, statt dass du jedes Mal ins Menü musst.
Die AirPods 4 und die AirPods Pro 2 werden zum Auslöser für die iPhone-Kamera, wenn du eine beliebige Kamera-App öffnest (auch von Drittanbietern) und den Stil der AirPods lange drückst.
Mein Fingerabdruck verändert sich regelmässig so stark, dass mein MacBook ihn nicht mehr erkennt. Der Grund: Wenn ich nicht gerade vor einem Bildschirm oder hinter einer Kamera hänge, dann an meinen Fingerspitzen in einer Felswand.