Hintergrund

Comics mit KI erstellen: So schnell werden Künstler nicht arbeitslos

Ich habe versucht, mit einem Chatbot und einem Bildgenerator ein eigenes Comic zu kreieren. Mir ist Erstaunliches gelungen, gescheitert bin ich aber trotzdem.

Da sind doch überhaupt keine Wissenschaftler? Und meine Antiheldin Scarlet Shadow sieht überhaupt nicht wie eine Kreuzung zwischen Mensch und Dämon aus. Schon nach einem Tag beende ich mein Projekt, ein Comic mit Hilfe Künstlicher Intelligenz (KI) zu erschaffen. Dabei war der Anfang so vielversprechend.

Ich brauche eine Figur

Zuerst brauche ich aber eine Geschichte. Und jede Geschichte braucht eine Hauptfigur. Die soll mir der Chatbot ChatGPT liefern. Weil die Doku «Mike Mignola: Drawing Monsters» meine Liebe zu «Hellboy» neu entfacht hat, nehme ich den roten Dämonen als Vorlage. Ich tippe also ein:

ich brauche eine Figur für ein Comic-Heft, sie soll eine Mischung aus Mensch und Monster sein und sich an Mike Mignolas Hellboy orientieren

Als Antwort erhalte ich Scarlet Shadow. Eine Mischung aus Mensch und Dämon, mit scharlachrotem Fell, langen spitzen Ohren und einer Rute. Sie wurde von einem bösen Zauberer beschworen, um ihm als Waffe zu dienen. Sie hatte jedoch einen eigenen Willen und beschloss, sich gegen den Zauberer zu wenden und sich dem Guten anzuschliessen. Sie wurde von einem Team von paranormalen Ermittlern gefunden und half ihnen bei der Bekämpfung von übernatürlichen Bedrohungen.

So weit, so Hellboy. Immerhin gibt es bei den Fähigkeiten mit übernatürlichen Sinnen und der Möglichkeit, die Gestalt zu ändern ein paar interessante Abweichungen. Als Ausgangspunkt reicht das. Kommen wir zur Geschichte. Ich versuche es mit der folgenden Eingabe:

Erzähl mir eine Geschichte mit Scarlet Shadow, die in einem Comic von 15 bis 20 Seiten erzählt werden kann. Sie soll in den 80er-Jahren spielen und übernatürliche sowie Science-Fiction-Elemente enthalten und in der Schweiz spielen

Durch weiteres Nachfragen liefert mir ChatGPT bei Bedarf Details zu den genauen Abläufen, wie Scarlet Shadow die Wissenschaftler befreien und die Aliens zusammen mit den Ewigen besiegen kann.

Bitte ein Bild

Die gesammelten Informationen sollten mehr als ausreichend sein, um damit die ersten Bilder kreieren zu lassen. Beim Bildgenerator Midjounrney kann ich sehr experimentierfreudig sein. Ich starte mit einer Stichwortartigen Beschreibung der von ChatGPT vorgeschlagenen Scarlet Shadow.

imagine/ woman with scarlet fur instead of skin, she is a mixture of human and demon, the woman has long, pointed ears and a long tail. She also has powerful claws and teeth as weapons

Beim Stil verlasse ich mich auf meine eigenen Vorlieben. Ich ergänze die Eingabe wie folgt: 80s retro sci-fi future art style, scarlet, graphic novel, --ar 3:2. Der letzte Teil ist ein Parameter für das Bildformat.

Bitte den gleichen Stil

Damit der Stil so gut wie möglich erhalten bleibt, kann bei Midjourney der Befehl «Seed» gefolgt von der Seednummer eines kreierten Bildes verwendet werden. Mein Ankerpunkt soll das Cover sein, was den folgenden Parameter ergibt: --seed 4187562391.

Für meine weiteren Bilder verwende ich also neben den jeweiligen Begriffen immer zusätzlich diese Zeile:

80s retro sci-fi future art style, scarlet, graphic novel, --ar 3:2 --seed 4187562391

Für das Panel mit den Wissenschaftlern benötige ich schon deutlich mehr Versuche, bis mir die Perspektive und das Aussehen der Personen passt.

Als nächstes weiche ich etwas von ChatGPTs Vorschlägen ab und will ein weiteres Bild der Wissenschaftler. Dieses Mal ein Close Up, wo ich eine Sprechblase erzeugen könnte. Nun müssen neben dem Zeichnungsstil auch Aussehen und Farben der Personen stimmen. Eine Sprechblase zu generieren funktioniert überhaupt nicht, aber die könnte ich auch nachträglich manuell einfügen. Nach etlichen Eingaben liefert mir der folgende Befehl ein passendes Bild:

swiss scientists, with futuristic equipment, hiking up the mountain, close up of two scientists, sky is dark, cold, eerie, Scary 80s retro sci-fi future art style, scarlet, graphic novel, --ar 3:2 --seed 4187562391

Zwischendurch wechselt der Stil auch mal auf 50er-Jahre Schwarz-Weiss-Postkarten-Fotografie mit einem roten UFO am Himmel. Ich geb’s auf.

Doch kein Meister von der Cloud gefallen

Mein Experiment hat mir schnell die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen von KI als Künstler-Werkzeug aufgezeigt. Mir sind wirklich schicke Bilder gelungen, von denen einige direkt in meine Hintergrundbild-Sammlung gewandert sind. Im Detail halten viele Kreationen aber nicht stand. Mal ist ein Ohr nicht vollständig, ein Licht scheint, wo kein Licht sein sollte und auch sonst sind regelmässig kleine Artefakte zu erkennen.

Das Hauptproblem bei der Bildgenerierung ist aber die fehlende Konsistenz. Es ist mir nicht gelungen, den Zeichnungsstil konsequent weiterzutragen. Schon gar nicht, wenn es darum geht, die gleich aussehende Person mehrfach zu verwenden und eine Szene auch noch nach Wunsch zu gestalten. Zu viele Eingaben scheinen den Bildgenerator Midjourney zu überfordern.

ChatGPT kann ich dagegen kaum einen Vorwurf machen. Zwar gewinnt die geschriebene Vorlage sicher keinen Eisner Award, aber sie liefert eine brauchbare Vorlage für eine kurzweilige Comic-Geschichte.

Künstliche Intelligenz in Verbindung mit Kunst und Plagiarismus wird uns noch lange beschäftigen. Als jemand, der selber zu den Content Creators gehört, finde ich die Technologie trotz gescheitertem Versuch weiterhin enorm spannend, aber auch weiterhin besorgniserregend.

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Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken. 


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Interessantes aus der Welt der Produkte, Blicke hinter die Kulissen von Herstellern und Portraits von interessanten Menschen.

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