Hintergrund

Chris Blaser, VFX Supervisor: «In der Schweiz gibt es nur wenige von uns»

Livia Gamper
10.1.2023
Bilder: Christian Walker

Chris Blaser ist VFX Supervisor, unter anderem beim Schweizer Film «Mad Heidi». Ich habe ihn getroffen und mit ihm darüber gesprochen, wie er zu diesem Job kam und wie die Hütte von Alpöhi in die Luft gesprengt wurde.

«Ich war in einer Crew als VFX Supervisor am Film», schreibt Chris Blaser in die Kommentarspalte meines «Mad Heidi» Reviews. Chris war beim Schweizer Film verantwortlich für explodierende Hütten, Fondue-Zombies und sonstige Splatter-Effekte.

VFX bedeutet visuelle Effekte, genauer: die digitalen Effekt eines Films, die in der Postbearbeitung hinzugefügt werden. In «Mad Heidi» kommen viele davon vor: Sei es bei Fondue-Boarding – Waterboarding, aber mit heissem Käse, oder wenn Geissenpeter auf dem Dorfplatz das Gesicht weggeschossen wird.

Ich treffe Chris in seiner Wohnung, wo er sein Büro zum Studio umfunktioniert hat. Er erzählt von seinem Weg zum VFX Supervisor, wie er zu «Mad Heidi» kam und wieso die Crew drei Wochen vor Filmstart einen neuen Geissenpeter suchen musste.

Selbst ist der Mann

Dass Chris von Filmen fasziniert ist, ist einfach zu erkennen, wenn man in seiner Wohnung ist: Sieben Regale voller DVDs zieren seine Wohnzimmerwand. «Seit ich zehn Jahre alt bin, habe ich diese Leidenschaft», erzählt er. Besonders die Star-Wars-Saga habe es ihm angetan. Und als er die Effekte aus der weit, weit entfernten Galaxis das erste Mal sah, war für ihn klar: Das will ich auch machen.

Am Computer des Vaters hat Chris die ersten Versuche gemacht, das mit den VFX blieb aber ein Traum. Chris absolviert zuerst eine Lehre als Fahrzeugschlosser. Nebenbei macht er Webdesign, Grafiken und Flyers für die Jugenddisco.

Mit 21 Jahren das eigene Unternehmen gegründet

Ein Studium im Filmbereich lag nicht drin. Es gab schlicht keinen Studiengang in Visual Effects, auf die Unterstützung der Eltern konnte Chris auch nicht zählen. Trotzdem blieb er an seinem Traum dran. Er verschlang Bücher, schaute Making-Ofs von Filmen und erarbeitete sein Wissen autodidaktisch.

Etwas später studierte Chris doch noch: Multimedia Producer am SAE Institut in Zürich. Und gleichzeitig hielt er sich mit vielen verschiedenen Jobs über Wasser: Bei kleinen Filmen und Videoproduktionen war er in fast allen Bereichen tätig. Über Kameraführung bis Regie war alles dabei – von dort holte er das Know-how, um heute am Filmset als VFX Supervisor zu arbeiten.

Die Eltern verstanden nicht, was er machte

«Bei «Mad Heidi» haben alle gemacht, was sie konnten»

Mehrere Geissenpeter sagen ab, Klagen gehen ein

Ein Laptop im Koffer und viel Verantwortung

Zum Schluss wechseln Chris und ich vom Wohnzimmer ins Büro. Es ist kalt hier. Die Lüftung läuft, damit der Computer mit der riesigen Grafikkarte nicht überhitzt. Der Laptop, mit dem er am Set von «Mad Heidi» gearbeitet hat, steht im Regal. Eigentlich ist es mehr ein Akkukoffer, in dem ein Laptop ist: Am Filmset musste der Laptop den ganzen Tag Höchstleistungen bringen, ohne Netzanschluss.

Noch aufwendiger waren die Szenen mit Zombies. Diese sollten im Film halbtot und voller Käse herumlaufen. Dazu machte Chris am Set mit speziellen Kamerafiltern 3D-Scans der Schauspieler. In der Nachbearbeitung wurden daraus die bewegten Zombies am Computer erstellt und mit Effekten der letzte Schliff verpasst.

Mit einem sechs Meter langen Stativ die Alphütte scannen

Ein anderes Beispiel ist Alpöhis Hütte, die im Film in die Luft fliegt. «Die Hütte existiert in echt, sie befindet sich im Berner Oberland. Um sie von oben nach unten scannen zu können, musste ich mit einem sechs Meter hohen Stativ vor Ort und alles einscannen», erklärt Chris. In nur einer halben Stunde hatte er die ganze Hütte im Kasten. Pardon, Laptop.

Die Hartnäckigkeit, mit der er seine Karriere verfolgt, hat sich für Chris gelohnt. Chris hat trotz der anfangs schwierigen Umstände seinen Traum verwirklicht und macht heute das, was er liebt. Und seine Eltern: «Heute sind sie natürlich stolz auf mich.»

Der Film «Mad Heidi» läuft derzeit noch in einigen Kinos oder kann unter madheidi.com für 15 Franken gestreamt werden

Titelfoto: Christian Walker

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Experimentieren und Neues entdecken gehört zu meinen Leidenschaften. Manchmal läuft dabei etwas nicht wie es soll und im schlimmsten Fall geht etwas kaputt. Ansonsten bin ich seriensüchtig und kann deshalb nicht mehr auf Netflix verzichten. Im Sommer findet man mich aber draussen an der Sonne – am See oder an einem Musikfestival. 


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