
Kritik
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von Simon Balissat
Elegant geschwungene Brücken haben mich immer schon fasziniert. In «Bridge Constructor Studio» werde ich selbst zur Architektin und versuche, Brücken zu bauen, die der Schwerkraft trotzen.
Eigentlich bin ich kein Fan von Casual Games. Nicht mal auf meinem Smartphone sind Geschicklichkeits- und Puzzlespiele installiert. Für «Bridge Constructor Studio» mache ich eine Ausnahme und versuche mich als Brückenarchitektin. Und stelle schnell fest: Es ist nicht so einfach, wie ich dachte – nämlich: «Baue Bögen und sei glücklich». Warum stürzen meine Brücken dann andauernd ein, verdammt?
Das Spielprinzip von «Bridge Constructor Studio» ist einfach: Aus Holz- und Stahlträgern sowie Stahlseilen konstruiere ich Brücken über Abgründe. Aussehen der Brücke: Egal. Logik im Sinne der Verkehrssicherheit? Auch egal. Meiner Kreativität sind kaum Grenzen gesetzt – nur die Haltepunkte an den Seiten oder auf verfügbaren Pfeilern sind vorgegeben. Daran befestige ich meine Konstruktionen und verbinde sie durch eine Kombination aus Bögen, Gitterkonstruktionen und Halteseilen.
Als Test schicke ich ein Fahrzeug auf meine Konstruktion. Kommt es unbeschadet auf der anderen Seite an, habe ich bestanden und neue Szenarien werden freigeschaltet. Rund 70 davon gibt es. Sie kommen mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden hinsichtlich Entfernung und vorhandenen Fixpunkten daher.
Vielleicht kennst du bereits andere Brückenbau-Simulationen? Dann bist du mir voraus. Ich habe erst beim Schreiben des Artikels gemerkt, wie viele andere ähnliche Games es gibt. Der erste Teil der «Bridge Constructor»-Reihe erschien 2011, andere Spiele wie «Bridge Builder» sind sogar deutlich älter.
Die «Bridge Constructor»-Spiele funktionieren alle nach dem gleichen Prinzip, haben aber leicht unterschiedliche Ausrichtungen hinsichtlich ihres Settings. So gibt es etwa einen Ableger mit mittelalterlichem Setting und einen, der im «The Walking Dead»-Universum spielt. «Bridge Constructor Studio» versetzt mich optisch in ein Studio, vielleicht das eines Architekten, wo ich in Dioramen an meinen Brücken herumbastle. Auf das Gameplay hat dieses Setting keinen Einfluss.
Im Unterschied zu früheren Teilen der Reihe habe ich aber kein festes Budget, an das ich mich halten muss. Als zusätzliche Herausforderung kann ich versuchen, ein vorgegebenes Preislimit nicht zu überschreiten. Gelingt das, gibt es die Auszeichnung «Goldene Schraube». Das Game lässt sich außerdem im VR-Modus spielen. Ausprobiert habe ich das aber nicht.
Übrigens: Obwohl «Bridge Constructor Studio» aktuell noch nicht für das Steam Deck verifiziert ist, funktioniert es trotzdem ohne Probleme auf dem Handheld. Ich finde die Maussteuerung am Computer intuitiver und präziser, aber dafür kann ich mich mit dem Steam Deck auch auf die Couch lümmeln.
Das Game wirft mich ohne große Theorie direkt ins Architektenstudio. Die Steuerung ist schnell gelernt. Zunächst kann ich nur mit Holzbalken bauen, später schalte ich auch Stahlträger und -seile sowie Betonpfeiler frei, die sich teuer in der Höhe variieren lassen. In kurzen Sätzen und mit Bildern lerne ich die grundlegenden Brückenbautechniken: Mit dreieckigen Verstrebungen ober- und unterhalb der Fahrbahn wird das Gebilde stabiler. Bögen sind eine gute Sache.
Denke ich, dass eine Brücke stabil genug ist, starte ich die Simulation. Dann setzt sich ein Fahrzeug in Bewegung und testet mein Bauwerk in der Praxis auf Stabilität. Problematische Balken färben sich orange und dann rot, wenn die Brücke kurz vor dem Einsturz steht.
Das gibt einen Hinweis, wo ich nachbessern muss – aber warum die Stelle nicht stabil genug ist, behält das Spiel für sich. Zudem brechen niemals die Streben, sondern immer nur die Verbindungspunkte dazwischen. Bei einem roten Balken weiß ich nicht, welche der beiden Verbindungen zu wenig Druck aushält.
Ist der Bogen zu steil oder zu flach? Sind die Winkel der verbundenen Balken zu spitz oder zu stumpf? Oft hilft nur, die Simulation mehrfach durchzuführen und den Zusammenbruch immer wieder zu beobachten – und dann teilweise zu raten, was ich besser machen könnte. Wann Stahl sinnvoller ist als Holz, wie man die beiden Materialien am besten kombiniert und ob das Eigengewicht eines Stahlträgers die Verbindungen belastet, bleibt mir verborgen.
Aus dem Hauptmenü heraus gibt es eine Übersicht zu «Best Practices», also Tipps für gute Strategien und mögliche Fehlerquellen. Die werden in den ersten Szenarios aber nicht erwähnt.
Ein Casual Game soll natürlich kein Statik-Studium ersetzen, aber ich würde gerne aus meinen Fehlern lernen. Wenn die Brücke nach mehreren Simulationsversuchen immer noch zusammenklappt, weiß ich oft nicht weiter. Klar – ich könnte ein monströses Gebilde aufbauen und das Budget um das 20-fache sprengen. Aber ich möchte es gerne richtig machen – und der richtige Weg, um im Budget zu bleiben, kann nicht angezeigt werden.
Vielleicht würde es schon reichen, einen Holzbogen aus Stahl zu bauen. Leider kann ich das nicht einfach ändern, sondern muss die entsprechenden Streben abreißen und neu bauen. Insgesamt fühlt sich der Test meiner Konstruktionen oft wie ein Glücksspiel an. Das finde ich schade. Wenn es mir dann aber durch einiges Herumprobieren doch noch gelingt, eine «Goldene Schraube» für ein Szenario zu verdienen, ist das ein schönes Erfolgsgefühl.
Wenn ich trotz zahlreicher Versuche nicht zur Ideallösung komme und aufgebe, würde ich gerne wissen, welche Lösung die Entwickler vor Augen hatten. Leider lässt sie sich nicht einblenden und so bleibt ein gewisses Frustgefühl, wenn ich das Szenario zähneknirschend schließe. Auch wenn die Entwicklerlösung nicht meine eigene ist, wüsste ich, ob ich immerhin nah dran war oder völlig falsch lag.
«Bridge Constructor Studio» ist am 17. Juli 2025 für PC, Xbox, PS4, PS5, Switch, Android, iOS, Mac, Linux und Meta für Quest-VR-Headsets erschienen. Das Spiel wurde mir zu Testzwecken von Headup Games für Steam zur Verfügung gestellt.
Pro
Contra
Fühlt sich vor dem Gaming-PC genauso zu Hause wie in der Hängematte im Garten. Mag unter anderem das römische Kaiserreich, Containerschiffe und Science-Fiction-Bücher. Spürt vor allem News aus dem IT-Bereich und Smart Things auf.